Die Knickerbocker Bande 29 - Der eiskalte Troll
Schneepflug gefahren, und der Sturm hatte die Fahrbahn noch nicht völlig zuwehen können. Sie kamen gut voran, da sie nicht im Schnee versanken. Der eisige Wind schaffte es aber trotz der vielen Kleidung, langsam zu ihrer Haut vorzudringen. Die Kälte kroch in ihre Muskeln und Knochen. „Gehen, gehen, gehen, immer bewegen. Immer bewegen!“ sagte sich Axel halblaut vor. Zuerst hatte er die Hände samt Handschuhen tief in die Jackentaschen gebohrt. Jetzt aber schlug er damit um sich, da die Bewegung ihn ein wenig wärmte.
Nach einer halben Stunde fiel Lieselottes Taschenlampe aus. Die Batterien schienen die Kälte nicht ausgehalten zu haben. Das Mädchen holte Poppis Lampe aus der Tasche, die aber auch bereits den Dienst verweigerte. Axels Taschenlampe brannte noch. „Dominik hat eine Speziallampe besorgt, die bei Hitze und Kälte funktioniert!“ rief Axel seiner Freundin zu. „Falls meine auch ausgeht, haben wir noch immer dieses Hitze-Kälte-Feste- Ding!“
Es folgte eine weitere halbe Stunde Fußmarsch. Von der Umgebung rund um sich konnten die beiden nichts erkennen. Sie blickten auch nicht nach links oder rechts, da die Dunkelheit sie sehr ängstigte. Lieselotte versuchte, alle Gedanken zu verdrängen, die mit unheimlichen Gestalten, Ganoven und sogar Mördern zu tun hatten, die in der Finsternis lauern konnten. Den beiden wurde jetzt klar, wie in diesem Land die vielen Sagen rund um die Trolle hatten entstehen können. In diesen ewigen Winternächten war das kein Wunder.
Es war soweit. Axels Taschenlampe erlosch, und er zog Dominiks Gerät hervor. Entsetzt bemerkte er, daß er vorhin, als er die Hände in die Jacke gestopft hatte, die Lampe eingeschaltet hatte, und die Batterien waren daher fast verbraucht. Lieselotte setzte zu einer wüsten Beschimpfung an. Dann ließ sie es aber bleiben. „Ohne Licht... was machen wir ohne Licht?“ fragte sie ihren Kumpel. „Hast du eine Ahnung?“
Natürlich wußte Axel keine Antwort. „Schneller gehen!“ Das war das einzige, was ihm einfiel.
Die Knickerbocker erhöhten das Tempo, doch sie hatten Angst, nun schneller müde zu werden. Schlappmachen war jetzt unmöglich.
Ein zuckender Lichtschimmer ließ Lieselotte von der Straße aufblicken. O nein, nur jetzt kein Gewitter! Das hatte ihnen gerade noch gefehlt Aber das Licht war kein Blitz gewesen. Es handelte sich vielmehr um eine lange, dünne Lichtfahne, die zuerst grün, dann gelb und schließlich für kurze Zeit strahlend weiß wurde. Diese Fahne wand sich wie eine Schlange und peitschte nach allen Seiten über den Himmel. Sie verteilte sich in mehrere dünne Schleier, die sich später wieder über den Köpfen der Knickerbocker bündelten und vereinigten. In diesen Momenten war die Leuchtkraft der Erscheinung am stärksten. „Das ist ein Polarlicht!“ staunte Lieselotte.
Dominik hatte ihr davon erzählt, aber gesehen hatte sie es noch nie.
Die Lichterscheinung kam gerade recht. Sie ermöglichte es den beiden Junior-Detektiven, trotzdem den Weg zu sehen. Schaurig war das Polarlicht aber auch. Es wirkte wie ein langgezogener Geist, der über den Himmel spukte. Aus diesem Grund hatten die Nordländer es früher für die Seelen der Verstorbenen gehalten, die rastlos durch die Nächte streiften. Die modernen Wissenschaftler hatten ganz andere Erklärungen für dieses Naturschauspiel.
„Weiter, weiter, immer weiter!“ dachte Lieselotte. Sie hatte bereits bemerkt, daß der Schein von Axels Taschenlampe schwächer wurde. Wie lange würden die Batterien noch halten? Zehn Minuten, eine Stunde, zwei Stunden? Lilo versuchte diese Gedanken aus ihrem Kopf zu verscheuchen. Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken.
Die Taschenlampe gab schneller auf, als das Mädchen befürchtet hatte. Nicht einmal fünf Minuten später erlosch sie. Rund um Axel und Lieselotte war nur noch stockfinstere Nacht. Die beiden Knickerbocker standen nebeneinander und lauschten dem Pfeifen des Windes. Die Schneekristalle stachen wie Nadeln in ihr Gesicht.
„Lilo... schau... ein Auto! Da kommt ein Auto!“ rief Axel plötzlich. Seine Freundin hörte ihn zuerst nicht, weil sie den Kopf dick vermummt hatte. „Lichter... da kommt ein Auto... es kommt uns entgegen... wir sind gerettet!“ jubelte der Junge. Er sprang mitten auf die Fahrbahn und begann wild mit den Armen zu winken. Lieselotte war endlich auch klargeworden, was das bedeutete, und kam Axel zu Hilfe. Die beiden fuchtelten und schrien, obwohl der Autofahrer sie ohnehin nicht
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