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Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren

Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren

Titel: Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Brezina
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mit Menschen angestellt hatte. Aber war das jetzt nicht alles anders? In Rußland gab es eine neue Regierung, und die Leute waren endlich freier. Lieselotte spürte, daß die Steine des Puzzles nicht zusammenpaßten. Irgend jemand sagte nicht die Wahrheit. Aber wer? Sie wurden belogen und getäuscht, aber von wem? Die Antworten lagen wie unter undurchsichtigen Käseglocken vor ihnen. Aber ihre Arme reichten nicht weit genug, um diese Käseglocken zu heben. Jemand zog sie immer weiter von ihnen weg. Verdammt, sie mußten hinter das Geheimnis dieses Geisterzaren kommen! Und vor allem mußten sie Axel retten! Echte Knickerbocker lassen niemals locker! Aber diesmal gab es keine schlüssige Spur. Es war alles nur weißer Nebel, wie die Gespenster, die ihren Freund entführt hatten. Hoffentlich würden sie in Moskau auf eine Fährte stoßen. Und hoffentlich würde die Reise nicht zu einer Falle werden, aus der es kein Entkommen gab…

Knapp! Sehr knapp!
     
     
    Dunkelheit! Vollständige Dunkelheit! Links und rechts von ihm raschelte es sanft und leise bei jeder Bewegung, und mit seinem Rücken lag er auf etwas Warmem, Weichem. Aber weshalb war alles so schwarz? Und wo befand er sich? Was war geschehen? Axel befühlte sogar mit den Fingern seine Augen, um festzustellen, ob sie überhaupt geöffnet waren. Hatte er sie am Ende noch zu? Befand er sich in einem Traum?
    Nein, er war wach. Der Knickerbocker ruderte mit den Armen und bekam ein Stück höher zwei Holzkanten zu fassen. Er hielt sich fest und zog sich hoch. Axel nahm seine Uhr und drückte auf den Lichtknopf. Es war 11 Uhr 37 am Vormittag. Vormittag??? Das letzte, woran sich Axel erinnern konnte, war der Abend, als sie ins Theater gegangen waren. Er drückte abermals ein paar Knöpfe auf seiner Uhr, und eine Art Notiz erschien: 6. Februar, 19.30, Geisterzar. Jawohl, das hatte er eingegeben. Und eine Stunde davor, um 18.30, hatte der Alarm gepiepst und ihn an diesen Termin erinnert. Axel ließ den Knopf los und starrte auf die normale Anzeige. Wie war es möglich, daß bereits der 8. (!) Februar war? Fast zwei Tage waren also vergangen. Hatte er so lange geschlafen? Warum öffnete niemand die Vorhänge?
    Der Juniordetektiv spürte, daß seine Arme und Beine schwer wie Blei waren. Er hatte Mühe, sie zu heben und zu bewegen. Auch seine Augen wollten immer wieder zufallen, und in seinem Kopf krochen die Gedanken träge wie Regenwürmer auf einem trockenen Gehsteig. Im Zeitlupentempo gelang es Axel, die Taschenlampe aus seiner Hose zu ziehen und anzuknipsen. Die nächsten Sekunden waren für ihn die schrecklichsten. Er lag in einem Sarg! Und als er den Lichtstrahl im Kreis wandern ließ, bemerkte er die drei anderen Särge mit den bleichen Männern darin. War er... tot? War er gestorben und vielleicht wieder zum Leben erwacht? Befand er sich in einer Leichenhalle?
    Axel sprang aus dem Sarg, als hätten sich alle Stacheln eines Stachelschweins gleichzeitig in sein Hinterteil gebohrt. Er landete auf dem schmutzigen Boden und atmete schwer. Auch wenn das Mittel des Geisterzaren bei ihm offenbar nicht die erwartete Wirkung gezeigt hatte, bekam er kaum Luft und fürchtete, in dem Raum ersticken zu müssen. Sein ganzer Körper wurde mehrere Male von heftigem Schaudern geschüttelt, als er die toten Männer ansah. Er konnte seinen Blick nicht von ihnen wenden. Der Knickerbocker öffnete den Mund, um zu schreien, aber seine Kehle war wie zugeschnürt. Die Stimmbänder versagten. Auf allen Vieren kroch der Junge zu dem Sarg, der neben seinem stand. Er wollte das eigentlich nicht. Er wollte weg, aber er schaffte es nicht, sich der ungeheuren Anziehungskraft zu entziehen, die diese Holztruhen auf ihn ausübten. „Wieso... wieso?“ flüsterte er immer wieder, als er das blasse, wächserne Gesicht des Mannes sah. Gekleidet war der Tote in einen feinen dunklen Anzug mit Schlips und Stecktuch. Zwischen den Knöpfen seines Sakkos lugte ein dunkelrotes Eckchen aus Leder hervor. Mit zitternden spitzen Fingern griff der Juniordetektiv danach und zog an. Ein Ausweisetui kam zum Vorschein. Axel hielt es am äußersten Rand fest und schlug es auf. Darin befand sich ein Führerschein, der bestätigte, daß es sich bei diesem Mann um Aleksej Schostakowitsch aus Hamburg handelte. Axels Gehirnzellen arbeiteten gut genug, um zu stutzen. Das war doch ein sehr russischer Name. Wieso war der Mann Deutscher?
    Der Knickerbocker steckte den Ausweis wieder vorsichtig in die Anzugjacke des Mannes.

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