Die Knickerbocker Bande 30 - Im Reich des Geisterzaren
und verschmutzte Ladentür zugingen. „O nein, das darf doch nicht wahr sein!“ stöhnte Dominik. „HEUTE GESCHLOSSEN“ stand auf einem Zettel, den jemand aus einem Heft gerissen und von innen auf das Glas der Tür geklebt hatte.
Lilo hatte ein kleines Aluschild entdeckt, das über der Tür angebracht war: „Inhaber: Sergej Malakowskij“. Aber was nützte ihnen der Name, wenn der Mann nicht anwesend war?
Dominik schlenderte zum Hauseingang, der sich neben der Antiquitätenhandlung befand, und ließ seine Blicke eher zufällig über das Klingelbrett schweifen. „Malakowskij! Der Typ wohnt hier auch!“ jubelte er, als er den Namen des Russen neben einem Klingelknopf entdeckte. „Soll ich?“ wandte er sich an Lieselotte. Das Mädchen bejahte. Dominik läutete, und die drei warteten. Aber die Gegensprechanlage blieb stumm. Herr Malakowskij schien nicht zur Hause zu sein. Enttäuscht marschierten die Knickerbocker davon.
„Und was machen wir jetzt?“ wollte Poppi wissen. Allgemeine Ratlosigkeit. „Das war der einzige Anhaltspunkt, die einzige echte Spur. Wir... wir müssen jetzt zur Polizei gehen und alles zu erklären versuchen.“
Die Junior-Detektive gingen sehr langsam und wollten gerade um die Ecke biegen. Lilo schaute noch einmal über die Schulter zurück auf das Haus, in dem sich der Antiquitätenladen befand. Alle ihre Hoffnungen waren zerstört. Oder doch nicht? Lilo blieb stehen. Das Haustor wurde geöffnet, und ein Mann in einem langen grauen Mantel mit aufgestelltem Kragen eilte heraus. Er schleppte zwei Koffer und drei Taschen und schien sehr in Eile zu sein. Lilo stieß Poppi an. „Sieh dir den mal an... ist das nicht der Kerl vom Theater?“ fragte sie.
„Ja, das ist er!“ rief ihre Freundin.
Wie auf Kommando machten die drei kehrt und rannten auf den Mann zu. Dieser geriet in Panik, ließ die Koffer und Taschen fallen und wollte flüchten. Doch auf dem Gehsteig vor dem Haus war Glatteis. Er rutschte aus und krachte auf den Rücken. Der Russe rang nach Luft und schaffte es nicht einmal, sich aufzurichten. Die drei kamen ihm zu Hilfe, und Lilo klopfte ihm auf den Rücken. Ängstlich schaute der Mann von einem Knickerbocker zum anderen und murmelte immer wieder etwas auf russisch.
„Herr Malakowskij... Sie... Sie haben mir und meinem Freund zwei Karten für die Vorstellung des Geisterzaren geschenkt. Aber es ist etwas Schreckliches geschehen. Axel ist verschwunden. Spurlos! Dafür waren plötzlich Sie auf der Bühne. Wieso? Können Sie uns das erklären?“ Poppi sprudelte los wie ein Wasserfall.
Der behäbige dicke Russe kam ächzend wieder auf die Beine und drängte die drei auf das Haustor zu. Dabei blickte er ständig nach allen Seiten. Er schien Angst zu haben, daß sie beobachtet wurden. „Rein... rein!“ befahl er. Nachdem das Haustor zugefallen war, ließ er die Hand in die Manteltasche gleiten. Gleich darauf kam sie mit einer Pistole wieder zum Vorschein. Er richtete die Waffe auf die Juniordetektive und knurrte: „Hat er... er euch geschickt? Wieso habt ihr mich durch die Zeitung gesucht?“
Die drei hatten die Hände gehoben und starrten entsetzt auf die Waffe. „Weil... wir haben es Ihnen doch gerade erklärt. Unser Freund wurde in der Vorstellung in Sie verwandelt und ist seither weg. Warum? Bitte, erklären Sie uns das! Wir haben ihn später einmal kurz wiedergesehen. In einem Sarg!“ sagte Lieselotte eindringlich. „Reden Sie, sonst ist es für ihn vielleicht zu spät!“
Herr Malakowskij ließ die Waffe wieder verschwinden und scheuchte die beiden Mädchen und den Jungen in den zweiten Stock hinauf, wo sich seine Wohnung befand. Sie war düster und bedrückend. Überall standen wuchtige, dunkle Möbel, die ziemlich alt zu sein schienen. Auf dem Boden lagen Teppiche übereinander, und vor den Fenstern hingen dicke Vorhänge aus schwerem Samt.
„Setzen... setzen!“ befahl der Mann. „Hört zu... ich habe eine Einladung zu diesem Geisterzaren bekommen und eine Karte... kostenlos. Aber nur... weil meine Vater war im Bunde mit dem Geisterzaren. Das weiß ich bestimmt. Er hat sich versammelt mit anderen in einem alten Haus, und dort sie haben beschworen den Geist des letzten Zaren Nikolai. Niemand weiß genau, was mit ihm ist geschehen. Als in Rußland die Revolution war und der Zar gestürzt wurde, verschwand er mit seiner Familie. Viele behaupten, er wurde hingerichtet mit seiner Frau und seinen Kindern. Andere sagen, er ist verschwunden. Doch es gab einen
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