Die Knickerbocker Bande 35 - Die Geisterreiter
versteinert blieben sie stehen.
Am Friedhof
Zwischen den Gräbern ging der Geisterreiter. Das schaurige Licht, das sein Mantel und sein Umhang, die Hose und die Stiefel verströmten, gab der Erscheinung etwas Unwirkliches, Jenseitiges.
Der Geist des Malers schien keine Eile zu haben. Mit bedächtigen Schritten steuerte er in die Richtung, in der sein Grab lag.
Wortlos packten die Knickerbocker einander an den Händen und tappten näher an das Gittertor heran. Es war noch nicht abgeschlossen und stand einen Spaltbreit offen. Ein langgezogener Quietschton ertönte, als Lieselotte sich dagegenzustemmen begann. Erschrocken zogen die Junior-Detektive die Köpfe ein.
Außer ihnen schien das Quietschen aber niemand gehört zu haben. Es blieb totenstill. Das Superhirn fragte nicht einmal, sondern schlüpfte durch das Tor auf den Friedhof und zog Axel, Poppi und Dominik hinter sich her. Die Herzen der vier Freunde rasten, und in ihren Ohren rauschte das Blut.
Die Junior-Detektive wußten, daß sie sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen durften. So nahe waren sie dem Geist des Malers noch nie gewesen. Es war die Chance, das Rätsel zu lösen.
Das Mädchen preßte sich gegen die kalte Steinmauer der Kirche und schlich an ihr entlang zum Grab Mr. Saxons.
Lieselotte blieb stehen und hielt den Atem an. Sie waren weit genug gegangen und konnten nun das Grab mit dem Holzkreuz sehen. Der fast durchscheinende Geist stand davor und hatte die Hände gefaltet. Nach ungefähr einer Minute griff er unter den Umhang und holte etwas hervor. Ein Licht flammte auf. Es mußte sich um ein Streichholz handeln. Deutlich konnten die Knickerbocker-Freunde im Schein der Flamme sein Gesicht erkennen.
Poppi spürte, wie sie ein siedendheißer Blitz durchfuhr. Kein Zweifel! Es war dasselbe Gesicht... das Gesicht, das am Vormittag aus dem Haus des Malers geschaut hatte.
Auch die anderen waren erschrocken. Alle hatten die dreieckige Gesichtsform mit dem spitzen Kinn und der kleinen flachen Nase wiedererkannt.
Mr. Saxon entzündete eine Grabkerze und drückte sie in die weiche Erde. Danach verharrte er noch einige Augenblicke regungslos, drehte sich dann um und schritt auf die hintere Mauer des Friedhofs zu.
Die Bande wagte sich ein Stück weiter vor, um ihm nachsehen zu können. Plötzlich aber knirschte es unweit von ihnen, und der Totengräber kam aus einer Grube gekrochen.
Der Geisterreiter drehte sich um, bemerkte, daß er nicht allein war, und begann zu laufen. Er stürmte auf die Friedhofsmauer zu und schien über sie hinwegzuschweben. Axel nahm allen Mut zusammen und verfolgte ihn. Er zog im Laufen seine Taschenlampe hervor. Jetzt war alles egal! Jetzt konnte er sie verwenden. Er knipste sie an und erkannte gerade noch rechtzeitig, daß er bereits bei der Mauer angelangt war. Nur noch ein paar Schritte, und er wäre mit dem Kopf dagegen gerannt.
Der Junior-Detektiv sah einen niederen Grabstein, entschuldigte sich im Stillen bei dem Toten und erreichte mit zwei gekonnten Sprüngen die Friedhofsmauer. Er blickte in die Dunkelheit hinaus und erspähte sofort die leuchtende Gestalt, die über die düstere Ebene hastete.
War das möglich? Axel ließ sich auf die Mauer sinken. Der Geist von Mr. Saxon schien sich Stück für Stück aufzulösen. Zuerst verschwand der Hut, dann der Mantel, und dann die Stiefel.
„Was ist los... Was siehst du?“ riß ihn Lilos Stimme aus seiner Starre.
„Er hat... hat sich... aufgelöst“, stammelte Axel.
Schimpfend und fluchend tauchte hinter der Bande der Totengräber auf und bedrohte die vier Freunde mit seiner Schaufel.
„Haben Sie ihn gesehen... den Geist von Mr. Saxon?“ rief das Superhirn dem tobenden Mann zu.
Der Totengräber geriet daraufhin noch mehr in Wut und begann mit der Schaufel um sich zu schlagen. Dachte er, daß ihm die Knickerbocker einen Streich spielen wollten?
„Weg... kommt!“ zischte Lilo ihren Kumpeln zu. Die vier machten kehrt und verließen den Friedhof, so schnell sie nur konnten. Für heute war ihnen die Lust vergangen, dem Haus des Malers noch einen Besuch abzustatten. Sie kehrten auf dem kürzesten Weg ins Internat zurück und ließen sich dort keuchend auf die Betten fallen.
„Was war da los?“ fragte Axel. Keiner konnte sich die Vorkommnisse erklären. Das Grauen, das die vier Junior-Detektive beschlich, wurde immer größer.
Sie beratschlagten noch eine Weile, kamen jedoch zu keinem Schluß.
„Es ist kurz vor sieben!“ verkündete Dominik nach
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