Die Knickerbocker Bande 37 - Die giftgelbe Geige
sprang aus dem Sattel. Der schwarze Hut des Reiters wurde mit einem Lederband unter dem Kinn festgehalten, und als der Mann es löste und sich von der Kopfbedeckung befreite, quoll eine dichte Menge schwarzer Haare darunter hervor.
„Das ist ja eine Frau!“ sagte Dominik staunend.
„Echt, ich habe das für einen Außerirdischen gehalten, der zu viel Haarwasser verwendet hat!“ ätzte Axel.
Die Frau gab einige eher unfreundlich klingende Worte von sich und machte mit den Händen Bewegungen, die den Besuchern zu verstehen gaben, daß sie unerwünscht waren.
Attila redete auf ungarisch auf die Frau ein, die schließlich aufhorchte. Sie blieb stehen und schenkte Attila nun doch ihre Aufmerksamkeit. Nach einigen Minuten bat sie die Knickerbocker-Freunde und den Kameramann ins Haus.
„Was hat sie gesagt?“ wollten die vier Juniordetektive von Attila wissen.
„Ich kann mir noch keinen Reim darauf machen. Sie dürfte ziemlich fertig sein und hat nur von . Katastrophen gesprochen“
Das Bauernhaus schien aus einer einzigen Flucht zahlreicher Zimmer zu bestehen. Im Hauptraum bot Frau Nagy ihren Besuchern an, sich an einen mächtigen, dunklen Holztisch zu setzen.
„Hier stinkt’s!“ flüsterte Poppi und rümpfte die Nase.
„Kein Wunder!“ meinte Dominik und deutete auf mehrere Schüsseln, in denen sich vertrocknete und halb verschimmelte Speisereste befanden. Schwärme von Fliegen surrten durch den Raum und ließen sich auf dem herumstehenden Geschirr nieder.
Frau Nagy holte einen Krug und knallte mehrere Keramikbecher auf den Tisch. Ihre Bewegungen waren entschlossen und hart. Bestimmt hatte sie es nicht sehr gerne, wenn ihr jemand widersprach.
Die Knickerbocker hatten großen Durst und beäugten gierig die gelbliche Flüssigkeit, die die Frau in die Becher leerte. Als sie trinken wollten, setzten sie schnell wieder ab. Frau Nagy hatte ihnen Wein eingeschenkt und machte keine Anstalten, etwas anderes zu holen. Axel, Poppi, Dominik und Lieselotte trauten sich im Augenblick nicht, um Wasser zu bitten.
Die Bäuerin, die sich wie ein Mann benahm, redete mit Händen und Füssen. Sie war sehr aufgebracht.
Erst nach einer viertel Stunde kam ihr der Gedanke, daß die Knickerbocker für Wein noch etwas zu jung waren, und sie gab zu verstehen, daß sie etwas anderes holen wollte.
„Die arme Frau!“ sagte Attila, als sie den Raum verlassen hatte. „Das Gut ist das größte in der Umgebung. Sie hat das Land von ihren Eltern geerbt und ist die letzte in der Familie. Sie ist vom Unglück verfolgt, nichts gelingt ihr. Sie besitzt zwar Quadratkilometer von Äckern, aber nicht viel Geld. Deshalb ist die Anschaffung von neuen Maschinen für sie eine schwierige Sache. Alle Traktoren und Mähdrescher, die sie gekauft hat, sind bald kaputt gegangen. Außerdem scheint ihr jemand falschen Kunstdünger verkauft zu haben. Sie hat die Felder damit gedüngt, und dann ist nichts mehr darauf gewachsen. Sie hat Schafe gezüchtet, die an einer seltenen Schafpest gestorben sind. Sie ist nahe daran aufzugeben. Das letzte, was sie noch hält, sind ihre Pferde. Sie besitzt an die hundert, die weit draußen in der Pußta weiden. Ein einziger Csikos betreut sie.“
„Was ist ein Csikos?“ erkundigte sich Axel.
„Ein ungarischer Pferdehirt“, erklärte ihm der Kameramann.
Vor dem Haus traf ein Reiter ein. Poppi blickte durch ein kleines Fenster und sah einen sehr gutaussehenden jungen Mann von einem edlen schwarzen Pferd springen. Der Bursche hatte einen stolzen Gang, kurzes, dunkelblondes Haar, das der Wind zurückgeweht hatte, und einen buschigen Schnauzbart.
Er trug ein sehr, sehr weites, wallendes blaues Hemd aus festem Leinen, eine pludernde Hose aus demselben Material und schwarze Stiefel.
„Da ist der Csikos!“ sagte Attila, der neben Poppi ans Fenster getreten war.
Der Mann und Frau Nagy unterhielten sich kurz.
„Er sagt, mit den Pferden ist alles in Ordnung. Er hat einen Unterstand repariert und legt sich jetzt kurz hin. In dieser Gegend beginnt der Tag schon um drei in der Früh, wenn es noch nicht so glühend heiß ist wie jetzt.“
Wieder knetete Lieselotte ihre Nasenspitze. Es gab eine Verbindung zwischen dem Teufelsgeiger und dieser Frau, da war sie sich ziemlich sicher.
Es mußte aber auch eine Verbindung zwischen dem Teufelsgeiger und Susannas Mutter geben.
Beide Frauen waren von einer langen Reihe von Unglücksfällen heimgesucht worden, die sie an den Rand des Ruins gebracht
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