Die Knickerbocker Bande 37 - Die giftgelbe Geige
hatten.
Pferdeleben in Gefahr
Im Laufe der nächsten Stunde wurde Frau Nagy freundlicher. Das einsame Leben in der Pußta - ihr Mann hatte sie vor einigen Jahren verlassen - war nicht immer leicht zu ertragen und hatte sie hart gemacht.
Als die Mittagshitze ein wenig nachließ, lud sie die Knickerbocker und Attila ein, mit ihr zu einem nahen Teich schwimmen zu gehen. Axel, Lilo und Dominik stimmten dem Vorschlag begeistert zu. Poppi aber war zu müde. Sie wollte sich lieber hinlegen.
Als das Mädchen wieder aufwachte, fühlte es sich noch immer erschöpft und ein wenig schwindlig. Die Wände und die weiße Decke des Raumes schienen zu schwanken. Poppi war schlecht.
Draußen im Hof hielt ein Auto an. „Das müssen die Ausflügler sein!“ freute sie sich und richtete sich schwungvoll auf. Sofort legte sie sich wieder hin. Ihr war totenübel. Sie hatte das Gefühl, jemand saugte ihr die ganze Kraft aus dem Körper. Und die Hitze machte ihr zusätzlich zu schaffen.
Trotzdem wollte sie nicht so daliegen, wenn ihre Freunde auftauchten. Sie versuchte noch einmal aufzustehen, und diesmal ließ sie sich mehr Zeit.
Mit weichen Knien wankte sie zum Fenster. Sie sah einen alten, dunkelroten, kleinen Wagen mit mattem Lack, den sie nicht kannte. Er konnte nicht Frau Nagy gehören, denn die war mit einer Pferdekutsche weggefahren, worüber sich Poppis Kumpel besonders gefreut hatten.
O nein! Poppi duckte sich. Aus dem kleinen Nebenhaus, das der Csikos bewohnte, kamen zwei Männer. Einer war der Bursche, den sie schon kannte. Der andere war fast genauso gekleidet, hatte aber ein rotes Tuch vor das Gesicht gebunden. Er hielt eine Pistole in der Hand, die er dem Hirten an die Schläfe preßte. Aus einer umgehängten Tasche ragten zwei Gewehrläufe.
Das war er, das war der Typ mit der Nadel, der in der Nacht versucht hatte, sie umzubringen! Für Poppi bestand kein Zweifel. Sie hatte den Ring mit dem feuerroten glitzernden Stein wiedererkannt, den der Mann - was sehr ungewöhnlich war - am Zeigefinger trug.
Der Csikos wurde gezwungen, ein Pferd aus dem Stall zu holen und aufzusteigen. Sofort wollte sich der Gauner hinter ihn in den Sattel schwingen. Der Csikos aber versetzte ihm einen heftigen Tritt mit dem Stiefel, und der Mann verlor das Gleichgewicht.
Der Reiter trat dem Pferd in die Flanken, um zu flüchten. Er war zu langsam. Der Gauner zielte und schoß.
Ein lauter Knall peitschte durch die Luft.
Der Aufschrei des Csikos trieb Poppi die Tränen in die Augen. Der Wahnsinnige hatte ihn umgebracht. Das jüngste Mitglied der Knickerbocker-Bande war wieder unter dem Fenster verschwunden und kauerte zitternd auf dem Boden.
Die Hufe des Pferdes schlugen unruhig auf die harte Erde des Hofes. Das Tier wieherte und ... jemand stöhnte.
Poppi wagte einen schnellen Blick und atmete auf. Der Csikos war nicht tot, er war nur angeschossen. Der Pferdehirt saß noch im Sattel. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt er sich die Schulter.
Der Unbekannte riß ihm brutal den Arm weg und betrachtete die Wunde. Der Stoff des weiten Hemdes war zerfetzt, doch Blut war keines zu sehen. Wahrscheinlich hatte die Kugel den Csikos nur gestreift.
Der Verbrecher schwang sich aufs Pferd und zwang sein Opfer loszureiten. Eine große Staubwolke erhob sich, als sie den Hof verließen.
Poppi kämpfte mit sich. Was sollte sie jetzt tun? Der Killer war also tatsächlich auf den Hof gekommen. Er hatte es auf
den Csikos abgesehen. Oder ...
ODER??? Poppis Augen weiteten sich vor Entsetzen.
„Die Pferde . bestimmt will er die Pferde erschießen!“ Frau Nagy hatte doch betont, daß die Pferde der letzte Grund waren, warum sie noch in dem alten Gehöft lebte, und Lilo hatte den Verdacht geäußert, daß der Teufelsgeiger sie fertigmachen wollte.
Das durfte Poppi nicht zulassen! Sie stürmte in die heiße Nachmittagsluft hinaus. Aus dem Stall kamen Geräusche eines Pferdes.
Sie lief hinein, und der Geruch und die Fliegen verrieten, daß auch hier auf Sauberkeit kein besonderer Wert gelegt wurde.
Sie fand einen kräftigen Rappen, der freudig den Kopf in die Höhe warf, als er sie sah. Liebevoll tätschelte ihn Poppi am Kopf und streichelte über die weichen Nüstern.
„Glaubst du . können wir zwei? Ich meine . bist du ein Wilder, oder kapierst du, daß du mit mir vorsichtig umgehen mußt?“
Es war, als würde das Pferd sie verstehen. Wieder wieherte es und warf den Kopf hin und her.
„Gut, ich nehme das als ein Ja!“ entschied Poppi.
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