Die Knickerbocker Bande 42 - 13 blaue Katzen
gemacht.“
„Woran ist sie eigentlich gestorben?“ flüsterte Poppi Lilo zu.
Die Antwort kam in diesem Augenblick von der traurigen alten Dame: „Das Rätsel um Allegrettas Tod ist bis heute nicht geklärt. Nach ihrem letzten Konzert, am 4. Juli vor einem Jahr, wurde sie von ihrem Chauffeur Albert in ihrem schneeweißen Rolls-Royce nach Hause gefahren“, berichtete die Frau. „Unterwegs tauchten auf der Straße zwei grelle, weiße Lichter auf. Albert beschreibt sie als riesige Katzenaugen. Er ist sicher, daß es keine Autoscheinwerfer waren. Dafür schwebten die Lichter zu hoch über dem Boden. Die Augen hielten ungefähr zehn Meter vor dem Wagen ein und schienen den Rolls zu beobachten. Als sie nicht auswichen, stieg der Fahrer aus. Er ging auf die Lichter zu und kann sich an einen grellen Blitz erinnern. Geblendet tastete er sich zum Auto zurück. Als er wieder sehen konnte, mußte er mit Schrecken feststellen, daß Allegretta vom Rücksitz verschwunden war. Ihre Hermelinstola und einen besonders teuren Ring in der Form eines kleinen Klaviers hatte sie zurückgelassen.
Die Polizei, die er sofort über das Autotelefon rief, konnte keinerlei Spuren entdecken. Allegretta schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Fest steht, daß sie nicht entführt wurde, da keine Lösegeldforderung erhoben wurde.
Noch in derselben Nacht senkte sich die Traurigkeit über dieses Haus. Alle Lichter erloschen in genau der Minute, in der uns die große Künstlerin für immer verließ. Dir Leichnam wurde bis heute nicht gefunden. Es besteht aber kein Zweifel, daß sie von uns gegangen ist.
In der Nacht nach der Tragödie erschien sie mir in diesem Haus. Sie tröstete mich und sagte immer wieder: ‚Trauert nicht um mich! Ich werde immer bei euch sein!’
Ich habe mit Allegrettas Geist gesprochen – einer Gestalt aus Luft und Licht, körperlos.
Ihren Anordnungen in ihrem Letzten Willen zufolge, habe ich das Haus dem Publikum geöffnet. An manchen Abenden kann es sein, daß Allegretta auch den Besuchern erscheint und auf ihrem Lieblingsklavier spielt – wunderschön, so voll Gefühl, wie sie es immer getan hat.“ Tränen rannen über das fahle Gesicht der alten Frau, die Allegrettas Haushälterin und Zofe gewesen sein mußte.
Sophia tupfte sich die Wangen mit einem Spitzentaschentuch ab und schritt würdevoll voran. Schweigend folgten die Amerikanerinnen und das französische Liebespaar.
„Aber wo soll Allegretta hinverschwunden sein?“ flüsterte Axel Lilo zu.
Das Haus platzte aus allen Nähten: Dutzende Plüschmöbel, Klaviere, auf denen schon Mozart gespielt hatte, und zahllose Schränke, in denen die wertvollen Roben der Künstlerin ausgestellt waren, ließen gerade einen Durchgang frei.
Lieselotte fiel auf, daß Sophia sehr vorsichtig war. Sie schloß jeden Raum, den sie verließen, mit einem eigenen Schlüssel ab und sperrte erst dann den nächsten auf.
Endlich betraten sie ein Zimmer, in dem auf allen Tischen, Regalen und Simsen Katzen standen – Katzen aus Porzellan, aus Jade, aus Holz, aus Metall, Katzen aus Stoff, Katzen aus Papier, große Katzen, kleine Katzen, getigerte, gestreifte, gefleckte und einfarbige Katzen.
„Entschuldigung, aber hat Allegretta vielleicht auch blaue Katzen in ihrer Sammlung?“ fragte Lieselotte. Sie tat das ganz beiläufig, als würden blaue Katzen zu jeder guten Sammlung gehören.
Die ehemalige Haushälterin drehte sich zu ihr um: die Verblüffung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Woher weißt du das?“ fragte sie, und ihre Stimme klang fast ein wenig schroff.
„Weiß ich was?“ Lilo zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
„Das mit den blauen Katzen? Außer mir und Albert weiß niemand davon.“
„Wovon bitte?“ Lieselotte gab nicht nach. Sophia ging auf einen weißen Schrank mit Goldverzierungen zu und öffnete die beiden Türchen. Den drei Junior-Detektiven verschlug es die Sprache.
13 blaue Katzen
In dem Schrank standen blaue Katzen, 13 blaue Katzen. Sie wirkten ungeheuer lebendig, und jede nahm eine andere Pose ein. Eine fauchte, eine machte einen Buckel, eine andere schlummerte eingerollt, und eine putzte sich.
Die Amerikanerinnen fanden die Katzenfiguren süß, das französische Liebespaar sah sie nicht, da es stürmisch knutschte.
„Haben die Katzen ein Geheimnis?“ fragte Lilo vorsichtig. Als sie spürte, wie Sophia zusammenzuckte, fügte sie hastig hinzu: „Naja, weil sie in einem Schrank aufbewahrt werden und Sie vorhin so erstaunt waren, daß
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