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Die Knochenfrau

Die Knochenfrau

Titel: Die Knochenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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sollen. Hier im Dorf haben wir keine Unterstützung. Wir wünschen dir von Herzen alles Gute.
     
    Franz und Wilma Schneider.
     
    Es war traurig. Der Mann, der das geschrieben hatte, war seit einer Woche tot. Lukas hatte ihn gern gehabt. Franz Schneider war ein netter, unauffälliger Mensch, jemand, dem man vertrauen konnte. Wenn auf irgendjemanden das Wort „anständig” passte, dann auf ihn. Herr Schneider war der Typ Mensch, der einen Hunderter auf der Straße findet und ihn bei der Polizei abgibt, anstatt das Geld zu behalten.
    Während Lukas sich anschnallte und den Wagen startete, warf er einen Blick auf das Wohnzimmerfenster. Immer noch steckte dieser Kopf zwischen den Blumentöpfen, darüber die Spitzengardine. Lukas grinste übertrieben und winkte der Frau zu. Er hatte erwartet, sie würde sich zurückziehen. Aber ihr Kopf bewegte sich keinen Millimeter. Sie würde ausharren, bis er abgefahren war.
    Während Lukas aus Frau Schultheiß' Sichtfeld verschwand, da trat ein Mann hinter sie … ihr Mann, seit dreißig Jahren schon. Hätte er einen Hammer in der Hand gehabt, er hätte seine Gattin möglicherweise erschlagen. Aber so fragte er nur in genervtem Ton, ob er ihr vielleicht auf dem Dach einen Aussichtsposten errichten solle. Sie antwortete nicht und ging an ihrem Mann vorbei in die Küche. Wie sie diesen Kerl satt hatte.
     
    *
     
    Das Schloss hakte und Lukas hatte Angst, den Schlüssel abzubrechen. Er zog am Griff und versuchte es noch einmal. Jetzt ging es. Er öffnete die Tür und es roch nach Desinfektionsmittel und altem Holz. Lukas war erleichtert … kein Verwesungsgeruch.
    Alles sah aus wie damals. Dieselben Möbel, dieselbe Tapete, dieselben Andenkenteller an den Wänden. Es hatte sich überhaupt nichts verändert, seit Lukas das letzte Mal hier gewesen war. Nur alles ein wenig älter und verbrauchter.
    Lukas zog einen Packen Werbung aus dem Briefkasten, legte die bunten Prospekte auf eine niedrige Kommode und ging ins Wohnzimmer. Hier war es doch anders. Die alten Möbel waren zwar noch da, man hatte sie aber zur Seite gerückt, Platz gemacht für das Pflegebett, das den Raum beherrschte. Jetzt wirkte er noch kleiner.
    In diesem beigefarbenen Bett hatte Frau Schneider die letzten Jahre verbracht … was für ein Mist. Sie hatte also auch hier unten geschlafen. Das Bett sah frisch bezogen aus, die Decke war zurückgeschlagen.
    Lukas überlegte, wo man sie jetzt hinbringen würde? Zurück in ihr Haus? Dann müsste man – wer war eigentlich „man“? Wen hatte Frau Schneider noch, wer würde sich um sie kümmern? – eine Pflegekraft einstellen. Oder kam die alte Frau gleich in ein Heim? Lukas ertappte sich dabei, dass er Frau Schneider als unmündig betrachtete. Dabei war sie doch nur gelähmt. Sie konnte doch selbst mitteilen, wo sie sein wollte. Sie war doch bei Verstand.
    Erst jetzt fiel Lukas die zweite Neuerung auf. Als er zuletzt hier gewesen war, da hatten die Schneiders noch einen Röhrenfernseher mit dunklem Holzgehäuse. Vielleicht war es auch nur Plastik, das aussehen sollte wie Holz. Jetzt thronte ein schwarz glänzender Flachbildschirm auf der niedrigen Kommode. Er wirkte fehl am Platz, irgendwie verirrt. Er war viel zu groß für dieses kleine Zimmer.
    Plötzlich wurde Lukas bewusst, dass er gerade an der Stelle stand, wo wahrscheinlich Herr Schneider gestorben war. Er trat einen Schritt zurück und sah sich den Teppichboden an. Er erwartete, irgendeine Verfärbung zu sehen. Blut oder irgendeine eingesickerte Verwesungsflüssigkeit … etwas, das ein Toter eben so von sich gab. Aber da war nichts. Der Teppich sah alt aus, das ja. Aber er war nicht fleckiger als jeder andere Quadratmeter Boden hier im Haus. Wieso denn auch? Herr Schneider war nicht verblutet, er hatte einen Herzinfarkt. Und so lange lag der Leichnam ja auch nicht herum, dass ...
    Lukas drehte sich um und lief Richtung Flur. Er würde sich jetzt nicht mit Fragen der Leichenzersetzung befassen. Er bog in die kleine Küche und öffnete den Kühlschrank. Das Licht ging an und ihm kam Kälte entgegen, das Ding lief. Viel war nicht drin: Butter, Toast, Erdbeermarmelade, Fleischwurst, mehrere Becher Joghurt und eine Eiswand an der Rückseite des Kastens, deren Oberfläche aussah wie Blumenkohl. Der Großteil der Lebensmittel war wahrscheinlich noch in Ordnung. Lukas zog das Gemüsefach auf und darin lagen mehrere Beutel mit Flüssignahrung. Er kannte das Zeug noch aus seiner Zivildienstzeit. Davon also hatte sich Frau

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