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Die Knochenfrau

Die Knochenfrau

Titel: Die Knochenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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und von mir aus heiraten, Kinder zeugen und 'ne Doppelhaushälfte kaufen … werd ich alles machen. Aber bitte gib mir eine Antwort.”
    Fünf Sekunden Schweigen, das Kindergeschrei ging abrupt in Husten über.
    „Kann ich dich in fünf Minuten zurückrufen?”
    „Ja, kannst du. Aber ruf bitte wirklich zurück. Ich warte.”
    Daniel legte auf und Lukas drückte seine Zigarette in den übervollen Aschenbecher. Er lehnte sich im Sitz zurück und sah den vorbeifahrenden Autos hinterher. Schneller als erwartet klingelte sein Telefon.
    „Okay Lukas, ich erzähl dir jetzt alles, was ich noch weiß. Aber in Zukunft lässt du mich in Ruhe mit der ganzen alten Scheiße.”
    „Versprochen”, sagte Lukas. „Ich werde dich nie mehr darauf ansprechen.”
    Einige Sekunden herrschte Schweigen. Lukas hörte kein Kindergeschrei mehr, wahrscheinlich hatte sich sein Bruder in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, das lag im Dachgeschoss.
    „Du hast ja damals auch diesen Ameisenbären gesehen”, begann Daniel. Er machte eine Pause, holte tief Luft, schluckte Speichel und sprach weiter. „Diesen großen, aufrecht gehenden Ameisenbären. Ich habe den mehrfach gesehen, er ist immer an der gleichen Stelle aus dem Wald gekommen. Und als du nicht da warst, da bin ich ihm nach … aber das weißt du ja. Ich bin diesem großen Ameisenbären in den Wald gefolgt bis zu einer Lichtung und-”
    „Wie sah die Lichtung aus?”, unterbrach ihn Lukas.
    „Mir kam die damals recht groß vor … aber wahrscheinlich ist sie eher klein … und mit Gras bewachsen. Ich bin also auf dieser Lichtung und vor mir steht der Ameisenbär … vielleicht drei Meter weg, das kann ich nicht mehr genau sagen. Und auf einmal ist dieses Tier verschwunden, wie in Luft aufgelöst. Ich bin dann ein paar Schritte in die Richtung gegangen, also dorthin, wo der Ameisenbär war. Ich wollte wahrscheinlich schauen, wo er hin ist. Und in dem Moment höre ich etwas hinter mir und drehe mich um. Und … ja also … hinter mir ist plötzlich so ein Ding … also nicht der Ameisenbär sondern etwas, das wie ...”
    Daniel machte eine Pause und Lukas befürchtete, er würde abbrechen. Aber er sprach weiter, die Worte kamen leise und gepresst.
    „Also das war wie eine nackte Frau mit Haaren und grauer Haut … aber das Gesicht nicht wie von einem Menschen sondern irgendwie … knotig und mit spitzen Zähnen. Ich hab das nur kurz gesehen und ähm … jedenfalls...”
    „Wie groß war dieses Ding, kannst du das noch sagen?”
    „Nicht mehr so genau … also ähm … das war schon größer als ich damals … aber sehr dünn und … ähm, also wahrscheinlich nicht sehr groß im Vergleich zu einem Erwachsenen. Aber genau kann ich das nicht sagen, das ist schon über zwanzig Jahre her und es ging damals alles sehr schnell.”
    „Und was ist dann passiert?”
    „Okay …” Lukas hörte seinen jüngeren Bruder schwer ein und aus atmen. Halt durch , dachte er. Bitte halt durch, Daniel.
    „Also ich sehe das Ding und es macht einen Satz auf mich zu und ich stolpere gleichzeitig einen Schritt nach hinten … und dadurch erwischt es mich nicht richtig. Also es kriegt mich nur mit dem einen Arm an der Schulter und rutscht ab. Und dann bin ich weggerannt und hab es irgendwie zum Haus zurück geschafft.”
    „Und ist dir dieses Ding irgendwie hinterher gekommen?”
    „Also in dem Moment als ich weggerannt bin, da hab ich natürlich gedacht, dass es hinter mir ist. Aber im Grunde weiß ich es nicht. Ich hab mich nicht umgeschaut. Was vielleicht noch wichtig ist: Meine Jacke war an der Schulter zerrissen, also dort, wo mich das Ding gepackt hatte. Das war wie Krallenspuren.”
    „Gibt es die Jacke noch irgendwo?”
    „Die hatte so weit ich weiß die Polizei mitgenommen. Ich hab keine Ahnung, ob die noch irgendwo ist. Da müsstest du mal Mama fragen.”
    „Danke Daniel, bitte denk noch mal nach, ob dir noch irgendwas einfällt.”
    „Das ging alles sehr schnell … also wie gesagt: Das Ding sah aus wie eine sehr dünne, nackte Frau mit grauer Haut. Es hatte auch Haare auf dem Kopf, ich weiß nicht mehr, wie lang die waren … aber schon länger, deshalb sah das eben auch wie eine Frau aus. Und das Gesicht wiederum nicht richtig menschlich … also mit spitzen Zähnen wie bei einem Tier … in gewisser Weise aber auch menschlich … puh!”
    „Hast du die Augen gesehen?”
    „Ja, das waren helle Augen, fast weiß … wie bei ganz alten Leuten, die nicht mehr richtig sehen können. Also

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