Die Knochenkammer
wir weiter. Komm da runter!«
»Ich kann nicht.«
»Was soll das heißen? Jetzt komm schon!«
»Schau auf den Boden, Mike.«
»Hier sieht’s wirklich schlimm aus. Muss irgendein Labor sein. Wie kannst du es überhaupt bei dem Gestank hier drinnen aushalten?«
»Ich habe diese Behälter zerbrochen. Es ist kein Labor. Es war nicht so, als ich hier reinkam.«
»Warum hast du das gemacht?«
»Ich habe es nicht gemacht. Ich wollte es nicht machen. Jemand hat mich hier eingeschlossen.«
»Wovon redest du? Die Tür war nicht abgeschlossen. Sie klemmte nur. Ich musste mich mit dem ganzen Gewicht dagegenlehnen, um sie aufzukriegen.«
»Hast du mich denn nicht schreien hören, als du es die ersten beiden Male probiert hast? Du hättest mir sagen können, dass du es bist.«
»Welche ersten beiden Male? Ich bin gerade erst gekommen, um dich zu suchen, weil du nicht an unserem verabredeten Treffpunkt bei der Treppe warst. Ich habe zehn Minuten gewartet und dann einfach alle Türen ausprobiert. Das hier war die Letzte.«
»Wenn ich es dir sage! Jemand hat mich hier eingeschlossen und ist dann zurückgekommen, um die Tür abzuschließen. Ich hörte, wie jemand mit dem Türknauf wackelte. Ich schwör’s dir. Ich bin nicht verrückt.«
Er kam auf mich zu, wobei er Glasscherben und Insektenpanzer zertrat. »Diese gruseligen Krabbeldinger haben dir zugesetzt, Coop. Du hast es dir nur eingebildet. Außer Zimm und mir ist niemand hier unten.«
»Zimm? Wir haben ihn doch im anderen Gebäude zurückgelassen.«
»Ja, aber er hat beschlossen, uns zu folgen. Er wollte wissen, ob er uns helfen könnte. Ich habe ihn zurückgeschickt.«
Jemand hatte an der Tür herumgemacht, als ich in dem Raum gewesen war. Warum war Zimm uns gefolgt? »Ich bilde es mir nicht ein. Ich rühr mich nicht von der Stelle, bis du mir sagst, dass du mir glaubst.«
Mike stand vor mir und streckte seine Arme aus, um mich an den Knien zu packen. »Ich habe mein Cape vergessen. Wir tun’s auf die Feuerwehrmannart und nicht á la Sir Walter Raleigh. Vergib mir!«
Er schulterte mich und trug mich, meine Schuhe in der Hand, über den glitschigen Boden hinaus auf den Gang. Dann ging er noch einmal zurück und warf einen Blick in den Stahlbehälter.
»Ägyptische Prinzessin. Zwölfte Dynastie. Dieses Mädchen kann einfach keinen ruhigen Platz zum Schlafen finden. Komm schon, ich muss dich sauber machen, bevor wir wieder nach oben gehen.«
Ich nahm Mikes Hand und ließ mich den Korridor hinunterführen. Neben der Treppe war eine Herrentoilette, und er brachte mich dorthin.
Er hielt ein Papiertaschentuch unter das kalte Wasser und wischte damit mein Gesicht und meine Hände ab. »Es ist eine schlechte Nacht, wenn ein mehrere tausend Jahre altes Weibsbild besser aussieht als du.«
Ich senkte den Kopf und schüttelte ihn. »Ich gewöhne mich langsam an die Tatsache. Hängt da was? Irgendwelche In-«
»Blitzsauber.« Er reichte mir seinen Kamm, und ich fuhr mir damit durch die Haare.
»Ich weiß, du denkst, dass ich übertreibe, aber ich sage dir die Wahrheit.«
»Später, Blondie. Oben warten Leute auf uns. Und ich muss jetzt die Spurensicherung anrufen und sie zur Mumie schicken. Und du«, sagte er und zog mich an den Haaren, »du gehst mir keine Nanosekunde mehr aus den Augen, verstanden?«
Ich nickte und ging vor ihm die düstere Treppe hinauf.
Zurück im dritten Stock, klopfte ich an die Tür und sagte Mercer, dass wir es seien. Er öffnete und teilte mir mit, dass Mamdouba mich sprechen wollte. Er war gekommen, um mich etwas zu fragen, und war verärgert gewesen, dass ich mich mit Mike unten im Kellergeschoss herumtrieb.
Mike kam mit und hielt mir die Tür auf. Der Direktor stand am Fenster; er hatte sich zu seiner ganzen Größe aufgerichtet und gab sich extrem förmlich.
»Insofern ich freundlich genug gewesen bin, in Präsidentin Raspens Abwesenheit als Gastgeber zu fungieren, und auf jede erdenkliche Art und Weise mit Ihnen kooperiert habe, halte ich es, gelinde gesagt, für äußerst unhöflich, dass Sie Ms. Clementine Qisukqut heute Abend in das Museum gebracht haben.«
Mamdouba war außer sich und drohte mir mit dem Finger. »Ich habe tiefsten Respekt vor polizeilichen Ermittlungen. Ihnen und Ihren Detectives zu vertrauen ist eine Sache. Aber eine ehemalige Mitarbeiterin hereinzuschmuggeln, der man auf Grund ihrer mangelnden Vertrauenswürdigkeit und ihrer Verleumdungen gekündigt hat - damit, Ms. Cooper, damit haben Sie jeglichen Anstand
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