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Die Knochenkammer

Titel: Die Knochenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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den hohen Wangenknochen und der schmalen, geraden Nase.
    »Ich wird’s mir ansehen. Und Sie und Chapman finden heraus, wer sie ist und wer sie tot haben wollte.«
    »Keine Anzeichen von Verletzungen?«
    »Nichts.«
    »Sie glauben nicht, dass sie eines natürlichen Todes gestorben ist, oder?« Mir kam plötzlich der Gedanke, dass wir es hier womöglich gar nicht mit einem Verbrechen zu tun hatten.
    Chapman schüttelte den Kopf. »Ein verfrühtes Begräbnis? Cleo legte sich in den Sarg, weil sie sich nicht wohl fühlte, und jemand klappte den Deckel zu? Unwahrscheinlich, Coop. Was meinen Sie, Doc?«
    Kestenbaum hielt normalerweise nichts von Vermutungen. Er würde die wissenschaftlichen Ergebnisse der Postmortem-Prozedur abwarten wollen. Deshalb war ich überrascht, als er antwortete.
    »Zitieren Sie mich nicht, bevor ich Sie später anrufe. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um Gift. Vermutlich Arsen.«
    Mike kaute noch immer an seinem Hot Dog, als wir kurz nach vierzehn Uhr die Treppen zum Eingang des Metropolitan Museum of Art an der Fifth Avenue, Ecke Eightysecond Street hinaufliefen.
    »Erschießen, Erstechen, Ersticken. Enthaupten, Entführen, Enthäuten. Zermalmen, Zerfleischen, Zerstückeln.« Er hatte für jede Stufe eine Todesart parat, während wir uns einen Weg durch sonnenbadende Studenten und Touristen bahnten. »Hey, Houdini, pass auf!« Ein Amateurzauberer, der einer Zuschauermenge seine Tricks vorführte, hatte unter seinem Mantel eine Taube hervorflattern lassen, die beinahe auf Mikes Kopf gelandet wäre. »Eine Schwalbe wäre okay, aber diese Dinger da kann ich nicht ausstehen.«
    Er übersprang einen Takt, um den Vogel zu verscheuchen. »Vergasen, Vergewaltigen, Verprügeln. Ich hatte schon alles Mögliche, aber einen Giftmord hatte ich, glaube ich, noch nie. Du?«
    »Nur den Kerl, der seiner Frau WC-Reiniger in den Martini gekippt hat.«
    »Ja, aber sie ist nicht daran gestorben.«
    »Fast. Es hat ihr die Eingeweide zerfressen.«
    »Das zählt nicht. Sie hat’s überlebt. Du lieber Himmel, ich hab vergessen, wie riesig das Museum ist.«
    »Eine Viertelmeile lang, mehr als neunzigtausend Quadratmeter Fläche.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s letzte Nacht im Programm gelesen, bevor der ganze Rummel losging.« Die vier Doppeltüren standen sperrangelweit offen, um die milde Maibrise hineinzulassen. Die Eingangshalle mit dem hohen Kuppeldach war ein spektakulärer Raum, elegant, luftig und lichtdurchflutet.
    »Mein Vater hat mich andauernd hierher mitgenommen.«
    »Meiner auch.« Nach dem Erfolg seiner medizinischen Erfindung hatte mein Vater begonnen, Kunst zu kaufen. Er hatte eine kleine, aber eindrucksvolle Sammlung europäischer Gemälde aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert.
    »Samstagvormittag?«
    »Sobald das Museum aufmachte.«
    »Meiner auch. Es war meine Belohnung nach fünf Tagen Schule - meine tägliche Qual - und bevor ich den ganzen Sonntag in der Kirche herumhängen musste. Denkst du, wir hätten uns gemocht, wenn wir uns mit sechs oder sieben Jahren hier getroffen hätten? Du hast wahrscheinlich Mary Janes aus Kunstleder, gestärkte Krinolinen und diese bescheuerten kleinen Stirnreifen getragen.«
    »Falsch. Ich war ein totaler Wildfang, bis auf meine Ballettschuhe.«
    »Wahrscheinlich hast du damals noch nicht alle so rumkommandiert wie jetzt, oder?«
    Wir dachten beide dasselbe. Obwohl wir total unterschiedlicher Herkunft waren, hatten wir in unserer Kindheit wahrscheinlich oft am selben Tag an dieser Stelle gestanden. Mike Chapman war ein halbes Jahr älter als ich. Sein Vater Brian war achtundvierzig Stunden nachdem er seine Waffe und seine Dienstmarke abgegeben hatte, an einem Herzinfarkt gestorben. Seine sechsundzwanzig Dienstjahre als Cop hatten ihm den Respekt und die Bewunderung seines Lieblingssohnes eingebracht, der im vorletzten Studienjahr an der Fordham University war, als Brian so plötzlich verstarb. Obwohl Mike im darauf folgenden Jahr seinen Collegeabschluss machte, schrieb er sich kurz darauf in der Polizeiakademie ein.
    Mike hatte einen kometenhaften Aufstieg innerhalb der Polizei. Er hatte die meisten Jahre seit seiner Beförderung zum Detective im Elitedezernat Manhattan North verbracht, in dem viele der besten Männer - und eine Hand voll Frauen - der New Yorker Polizei tätig waren. Seine Tage und Nächte widmete er der Aufklärung der Morde, die auf seiner Hälfte der Insel, nördlich der Ninetyfifth Street, passierten. Wir

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