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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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dem Versuch, mir zu helfen, eine … Dummheit begehen. Begleiten Sie mich?«
    Montalvo nickte. »Aber ich glaube nicht, dass Sie in der Lage sind, unserem strammen Sheriff weh zu tun. Sie waren eben noch so schwach wie ein Kätzchen. Wird es noch schlimmer kommen?«
    Sie befeuchtete die Lippen. »Viel schlimmer.« Ihr Blick wanderte zu Eve. »Ich kann verstehen, wenn Sie hierbleiben wollen. Aber allein schon an den kleinen Jungen zu denken, wird Ihnen weh tun, außerdem glauben Sie doch sowieso, dass nichts dabei rauskommt.«
    Eve musterte sie eindringlich. Sie hatte recht, der Gedanke an das Leiden und den Tod eines Kindes war fast unerträglich. Aber sie sah, dass es auch für Megan unerträglich war. »Geben Sie’s auf. Sie bilden sich das alles nur ein.«
    Megan schüttelte den Kopf. »Ich muss ihn jetzt finden. Nicht, dass ich es Venable versprochen hätte. Wer auch immer ihn getötet hat, wollte nicht, dass er gefunden wird. Ich werde nicht zulassen, dass er bekommt, was er will.« Sie bedachte Eve mit einem angedeuteten Lächeln. »Sie müssten das eigentlich verstehen. Seit Jahren bemühen Sie sich, Kinder zu identifizieren.« Sie stand auf. »Aber ich muss es jetzt tun. Ich weiß nicht, ob ich später noch einmal den Mut dazu aufbringe.«
    »Und wohin gehen wir?«, fragte Montalvo.
    »Richtung Osten.« Sie schaute zum Wald hin. »Er war hier mit ihm, aber die Stimmen waren nur geflüstert, noch ohne ein Anzeichen von Angst. Er hat ihn tiefer in den Wald hineingeführt.«
    »Dieser Wald ist mit Sicherheit gründlich durchsucht worden. Könnte es nicht sein, dass er die Leiche getragen hat?«
    »Ja, aber ich glaube nicht, dass er das getan hat.«
    »Warum nicht?«, fragte Eve.
    »Dann wäre Schmerz da gewesen.« Megan schluckte. »Ich kann im Moment nicht darüber sprechen.« Sie ging auf den Sheriff zu.
    Eve beobachtete sie, wie sie mit dem Sheriff sprach. Megans Rücken war straff gespannt, ihre Schultern waren fest, aber sie wirkte immer noch sehr zerbrechlich.
    »Kommen Sie mit?«, fragte Montalvo Eve.
    Sie sollte hier bleiben. Das ganze Szenario war nicht so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Anfangs war sie genervt und absolut skeptisch gewesen, aber nun war sie irgendwie verwirrt und voller Mitleid. Natürlich würde Megan im Wald nichts finden. Aber falls sie glaubte, etwas gefunden zu haben, würde sie wieder genauso zusammenbrechen wie hier am Fluss?
    Und sollte das geschehen, das war Eve ganz plötzlich klar, würde sie dort sein und ihr beistehen wollen.
    Sie ging zu Megan und dem Sheriff, die miteinander sprachen. »Ich komme mit.«
     
    »Wir haben jetzt schon drei Kilometer zurückgelegt«, sagte der Sheriff. »Sind Sie sicher, dass die Richtung stimmt, Dr. Blair?«
    »Ich bin sicher.« Megan beschleunigte ihre Schritte. Sie kam näher. Selbst durch die Blockade konnte sie jetzt die Stimmen hören. »Es ist nicht mehr weit.«
    Mama, es tut weh.
    Nein!
    Sie spürte, wie ihr Tränen in den Augen brannten. Wenn es jetzt schon so schlimm war, wie würde es erst sein, wenn sie sich mehr öffnete?
    Sie ging zweihundert Meter weiter, dann hörte sie plötzlich Schreie in Todesangst.
    Bitte. Es tut so weh. Bitte.
    Scheißkerl. Hör auf, ihm das anzutun. Hör auf.
    Aber sie konnte nicht genau ausmachen, woher die Stimme kam. Sie wappnete sich und versuchte sich zu öffnen.
    Noch ein Schrei.
    Heiß. Es brennt. Bitte.
    Mama, er soll aufhören.
    Megan fiel auf die Knie. »Hier. Er brennt … die Säure.« Sie konnte nichts sehen. Sie schluchzte so heftig, dass sie keine Luft mehr bekam. »Helft ihm. Jemand muss ihm helfen.«
    Eve war neben ihr und versuchte, sie in die Arme zu nehmen.
    »Nein.« Sie wehrte Eve ab. »Nicht anfassen. Nicht jetzt.«
    Er soll aufhören!
    Ich kann nicht, Bobby Joe. Ich kann ihn nicht aufhalten.
    Sie wurde ohnmächtig und stürzte vornüber.
     
    »Wie geht es ihr?«, fragte Montalvo, als Eve in ihrem Hotelzimmer ans Telefon ging. »Ist sie immer noch bewusstlos?«
    »Es sind schon vier Stunden vergangen. Der Arzt meint zwar, es besteht kein Grund zur Sorge, aber mir gefällt das überhaupt nicht. Sind Sie noch beim Sheriff?«
    »Ja. Er hat die Spurensicherung angefordert, und wir graben. Wenn der Junge hier liegen sollte, muss Kistle sehr tief gegraben haben.«
    »Vielleicht irrt sie sich ja.«
    »Ja.« Er ließ einen Moment verstreichen. »Aber ich glaube es nicht.«
    Eve auch nicht. »Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas finden.«
    »Haben Sie schon mit Quinn

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