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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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ihnen
beiden
die Dienste Venedigs verkauft werden. Signore Oradini durfte auf keinen Fall auf irgendeine Weise mit der Verschwörung in Verbindung gebracht werden. Ein Spion des Dogen aber sehr wohl.«
    »Wer ist dieser Spion.«
    »Ein Mann, der bei den Juden im
teren del geto
wohnt, nach außen hin einen Weinhandel betreibt. Er nennt sich Gentile Alberti, doch sein wirklicher Name ist mir nicht bekannt.«
    Faliero tat so, als würde er gerade erst verstehen. In Wirklichkeit war ihm kaum je etwas schwerergefallen, als Alberti zu opfern – nicht einmal der Verlust seiner Hure Felicia. Der Spion hatte ihm in der Vergangenheit wertvolle Dienste geleistet. Genau zum geschilderten Zweck hatte
er
ihn benutzen wollen. Ursprünglich handelte es sich um
seine
Verschwörung gegen den Dogen. Doch seine Rachsucht war im entscheidenden Augenblick zu groß gewesen, hatte selbst seinen Hunger nach Venedigs wichtigstem Amt überdeckt. Niemand betrog ihn, Marino Faliero! Kein Oradini und schon gar nicht eine Hure. Er musste sie vernichten. Es gab kein Zurück mehr. Das Dogenamt musste warten.
    Äußerlich vollkommen ungerührt wandte er sich an Dandolo und die Ratsmitglieder: »Alberti hat für uns gearbeitet. In der Vergangenheit hat er Lumpengesindel wieder eingefangen, das Muranos Geheimnis verraten wollte. Wir werden einen anderen finden, der in Zukunft diese Arbeit tut. Es ist schade, dass wir ihn verlieren, aber wir dürfen solchen Verrat nicht ungestraft lassen.«
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Ratsmitgliedern, und auch Dandolo nickte.
    »Weißt du sonst noch etwas zu berichten?« Faliero fragte den Burschen, ohne ihn anzusehen. Auch den um den Tisch versammelten Ratsmitgliedern hatte er den Rücken zugewandt.
    »Das ist alles Signore.«
    »Nun gut.« Faliero drehte sich auf dem Absatz um und adressierte den
consiglio dei dieci
: »Der Große Rat hat die Aussage des Zeugen gehört. Gibt es noch Fragen an ihn oder an die Angeklagten?«
    Dass sich nun ein Ratsmitglied erhob, gehörte ebenso wie die Aussage des
avvocatos
Oradinis zur von Faliero sorgfältig geplanten Inszenierung der Verhandlung. Leonardo Ceccarelli, der stets gütig wirkende Senator mit beeindruckender Silbermähne, trat vor und formulierte mit wohltönender Stimme: »Ich bin erschüttert und habe bisher alles verstanden. Nur eine Frage bleibt.«
    »Sprecht«, forderte Faliero ihn auf.
    »Ihr habt erklärt, Oradini wollte sich durch den Verrat bereichern. Sowohl Engländer als auch Franzosen hätten ihm beträchtliche Summen bezahlt. Ist Geld wirklich der alleinige Grund für dieses abscheuliche Verbrechen? Oder hatten Oradini und seine Hure noch andere Absichten?«
    Faliero nickte verstehend und wandte sich Flabanico zu: »Erkläre du es dem ehrwürdigen Senator.«
    Flabanico verbeugte sich unterwürfig und erklärte: »Oradini hoffte, nach einer Verurteilung des Dogen selbst in dieses Amt gewählt zu werden. Möglicherweise wäre ihm diese Ehre wegen der Aufklärung des Komplotts sogar zuteilgeworden. Neben Reichtum hätte er also auch noch das höchste Amt Venedigs erlangt. In dem Falle hatte er der Hure versprochen, sie zur Dogaressa zu machen.«
    Im Saal brach Tumult aus, der sich erst allmählich wieder legte. Als endlich wieder Ruhe eingekehrt war, sprach wieder Faliero: »Gibt es noch weitere Fragen?«
    Einmütiges Kopfschütteln war die Antwort.
    »Dann bitte ich um das Urteil des Großen Rats. Sind die Angeklagten schuldig – oder nicht schuldig.«
    Für einen Moment steckten die Ratsmitglieder die Köpfe zusammen. Dann ging einer von ihnen zum Dogen und flüsterte diesem etwas ins Ohr. Dandolo lauschte, dann erhob er sich und verkündete: »Ich, Pietro Dandolo, Doge von Venedig, und der
consiglio dei dieci
haben unser Urteil gefällt. Alle drei Angeklagten sind des Hochverrats, der Verschwörung und der Sodomie schuldig. Signore Faliero möge die Strafen verkünden.«
    »Aber Signore Faliero hat mir versichert …«
    Diesmal traf der Stock des Büttels Flabanico ins Gesicht. Der verbarg es sofort wimmernd in den Händen.
    »Nun denn.« Faliero gab sich nicht einmal Mühe, seinen Triumph zu verbergen. Dann verkündete er die Strafen.

20
    Eine gnädige Strafe, ein heißer Thron, eine Hülle aus Glas
    W ie stets hatte die Hinrichtung eine stattliche Menschenmenge auf den Markusplatz gelockt, die nun zur Piazzetta drängte. Dort, hinter den beiden Säulen, die die Richtstätte kennzeichneten, stand eine eigens für den heutigen Tag

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