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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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gezimmerte Bühne nebst Tribüne für die Honoratioren. Doch Hauptziel der Neugierde war ein im Sonnenlicht flimmernder Schmelzofen neben dem Schafott. Lautstarke Mutmaßungen über dessen Sinn und Zweck kreisten über den Köpfen. Warum hatte man den schweren Ofen von Murano hierhergeschafft? Sollte etwa einer der Übeltäter darin verbrannt werden? Das wäre schade, denn dann sähe man ja gar nichts.
    Als eine Stimme verkündete, der erste Übeltäter werde ertränkt, schwenkten die Schaulustigen zurück und wogten zu den Anlegestegen. Die Garde des Dogen marschierte auf und hieb mit Stöcken eine Gasse in die Menge. Schallendes Gelächter erklang vom einen Ende und pflanzte sich fort. Oradini und Flabanico stolperten über den Platz. Sie waren nackt, und sogleich erkannte man den Grund des Spottgelächters: Sie waren mit Stricken an den Geschlechtsteilen zusammengebunden, zwei Narren begleiteten sie mit einem anzüglichen Tanz, der den Akt zwischen Männern imitierte. Auch die Hure Felicia, die von Henkersgesellen eingerahmt hinter ihnen lief, war nackt. Auf einer Art Bühne warteten der Doge und die Ratsmitglieder auf die Prozession aus Henkern, Narren und zu Richtenden. Auch Faliero lehnte in einem gepolsterten Sessel. Einerseits harrte er zufrieden auf den Augenblick, da diejenigen bestraft würden, die ihn betrogen hatten. Andererseits bereitete ihm eine andere Sache Sorge. Der Spion war entkommen. Faliero machte sich keinerlei Hoffnung, ihn je zu erwischen. Alberti war ein Meister der Tricks und Kniffe, wie man seine Verfolger in die Irre führte. Er würde sich nicht fangen lassen. Faliero hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Die Reihenfolge war falsch gewesen. Warum hatte er sich zuerst den dreien gewidmet, die nun hier aufmarschierten? Zuallererst hätte er sich um Alberti kümmern müssen. Einen Moment zu lange hatte er sich in seinen Rachegedanken gesonnt. Dieser Augenblick des Zögerns hatte Alberti gereicht. Wenn sich das nur nicht eines Tages rächte.
    Die Henkersknechte stellten die Verurteilten vor der Tribüne auf. Ein Regen aus Schmähworten, faulem Obst und Gemüse prasselte auf sie nieder. Erst als der Doge gebieterisch die Hand hob, trat so lange Stille ein, bis er das Urteil für Flabanico verlesen hatte: »Er soll so lange mit Stangen unter Wasser gedrückt werden, bis der Tod eintritt. Das Wasser wird seine Sünde der Sodomie reinigen.«
    Blutige Striemen und faule Obstreste ließen von der einstigen Schönheit des Jünglings nicht viel übrig. Als er sich nun auch noch vor Angst wimmernd entleerte, kannten Häme und Verachtung der Menge keine Grenzen mehr. Gejohle und Gelächter begleiteten seinen letzten Gang. Ein Henkersknecht hatte den Strick zwischen ihm und Oradini durchtrennt und reichte das eine Ende nun seinem Meister. Der nahm die Schnur, die um das Gemächt des Jünglings gebunden war, und zog den um Gnade Winselnden daran hinter sich her. Von einem der Anlegestege aus stieß er ihn in einen Kahn. Er und seine zwei Gesellen sprangen hinterher. Sie ruderten wenige Schläge hinaus, zogen dann die Riemen ein und warteten auf das Signal des Dogen. Als dieser das Zeichen gab, stießen sie Flabanico aus dem Boot. Verzweifelt zappelnd versuchte dieser, trotz auf den Rücken gebundener Hände, den Kopf über Wasser zu halten. Die Menge schrie und klatschte Beifall, als sie erkannte, dass der Henker den Verurteilten immer wieder für einen Moment hochkommen ließ. Man sah den kreisrunden Ausschnitt des Mundes, der verzweifelt nach Luft schnappte. Doch nun hielten die Henkersstangen den Jüngling viel länger unter Wasser, als ein Mensch die Luft anzuhalten vermochte. Für Flabanico war das Leiden zu Ende. Die Henkersknechte holten seinen Leichnam aus dem Wasser, zogen ihn ins Boot und ruderten zurück.

    Auch an der Richtstätte stand für den Dogen und sein Gefolge eine Tribüne. Der Schmelzofen und ein zusätzliches Feuer, in dem etwas Unförmiges kokelte, heizten die Luft auf. Oradini und die Hure Felicia standen gefesselt auf dem Schafott. Erwartungsvoll drängte sich die Menge so nahe heran, wie die Leibgarde Dandolos es zuließ. Dieses Mal verkündete der Doge die Tötungsarten – die ihm Faliero vorgeschlagen hatte – nicht vor der Hinrichtung. Allerdings war die Symbolik für Oradinis Sterben von einem anderen erdacht worden. Friedrich der Zweite hatte so einen Widersacher, der ihn vom Thron stoßen wollte, hinrichten lassen. Aber Faliero konnte sich darauf verlassen, dass

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