Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Nützliches zu erzählen. Die Tage waren bereits kurz und die Nächte lang, und so hatte der Bruder und Erbe des Grafen Meynhard genügend Zeit gehabt, sich mit dem Gefangenen zu beschäftigen. Hermann hatte dem jungen Mann fast seine gesamte Lebensgeschichte erzählt, und der Edelmann erschrak, als er von der berühmten Schneiderin hörte, die die Tochter von Hermanns Gemahlin war.
Umgehend berichtete er seinem Herrn von der engen Freundschaft seines Familienoberhaupts mit der Familie des Pferdehändlers und bat ihn, den Mann umgehend freizulassen. Außer Restwangen hatte noch niemand irgendwelchen Verdacht gegen den Rosshändler geäußert, und Walters Bruder sei als Graf und königlicher Berater allemal glaubwürdiger als der zwielichtige Böhme. Er selbst würde nicht zögern, sich für einen Freund seines Bruders zu verbürgen. Volkmar war der Bitte sofort nachgekommen und hatte einen ausführlichen Brief an Meynhard geschrieben, in dem er ihm den Sachverhalt auseinandersetzte und die Hoffnung äußerte, im Sinne des Grafen zu handeln, wenn er den guten Hermann umgehend freiließ und ihn durch den Kauf eines edlen Pferdes aus seinen Beständen schadlos hielt. Hermann war von einem Fuhrmann des Ritters nach Hause gebracht worden, und drei Tage nach seiner Freilassung konnte seine Frau ihn wieder in die Arme schließen.
Es war Ende Mai, als Beros Bote von seiner langen Reise wieder in Böhmen eintraf. Das Pfingstfest stand vor der Tür. Bero hätte dem Mann den Kopf von den Schultern reißen können, als er erfuhr, dass Montardier offensichtlich noch immer keinerlei Anstalten machte, Kairo zu verlassen.
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»Wir wissen, dass der Verlust Eurer Gemahlin Euch zutiefst schmerzt, teurer Freund, schließlich hat die Reichskönigin selbst diese Ehe gestiftet«, sprach Rudolf mit scheinheiliger Engelsmiene. Er hatte Bero niederknien lassen und schritt selbst gewichtig vor ihm auf und ab. »Ihr müsst den Schmerz verarbeiten und Euch ablenken. Werdet erst einmal wieder Herr Eurer Kräfte! Das Restwangen'sche Lehen mit all seiner Verantwortung würde Euch jetzt zu sehr zur Last fallen, will Uns erscheinen, obendrein müssen verdiente und einflussreiche Männer des Königreichs obendrein kurzfristig mit Land bedacht werden. Doch wie Ihr wisst, sind Wir stets gnädig und auf das Wohlergehen der Unseren bedacht. Eine vorschnelle Entscheidung über Eure weitere Zukunft liegt uns fern, aus diesem Grund sollt Ihr Gelegenheit zur Rehabilitation erhalten. Wir müssen Uns wieder auf einen Feldzug begeben und benötigen jeden Mann mit Kenntnis von Land und Leuten. Es werden einige schöne Adelssitze frei werden nach diesem Einsatz. Bewährt Euch in der Schlacht, und Wir werden ein wohlwollendes Auge bei der Vergabe auf Euch werfen.«
Bero kannte Rudolf zu lange, um nicht zu erkennen, dass der Monarch bei seinen letzten Worten gelogen hatte. Andererseits war die Androhung des Lehensverlusts ernst zunehmen. Vorerst hatte Rudolf betreffend Beros Familiensitz allerdings lediglich eine Absicht geäußert und noch nicht offiziell verfügt, dass Bero Restwangen tatsächlich aufgeben musste. Noch war keine Urkunde ausgefertigt worden, sonst hätte man sie ihm bereits ausgehändigt. Auch war das Gespräch ohne Zeugen verlaufen. Der König wollte ihn zappeln lassen. Der Feldzug, von dem er gesprochen hatte, sollte in Wahrheit ein Bruderkrieg werden. Rudolf hatte die reichen Silbervorkommen in der Gegend um die Stadt Kuttenberg beschlagnahmt, und eine ganze Reihe alter böhmischer Adelsfamilien fühlte sich um ihre Einkünfte betrogen. Außerdem war der Großteil der Böhmen überzeugt davon, dass Rudolf an der Ermordung Wenzels beteiligt gewesen war.
Bero wusste, was Rudolf plante, wenn er ihn in den bevorstehenden Krieg sandte. Er würde ihn den Himmelfahrtskommandos zuteilen und auf sein Fallen warten. Natürlich konnte er auch die Fronten wechseln und gegen den König kämpfen, doch er war in militärischen Dingen erfahren und hatte erkannt, dass der aufständische Adel den Krieg früher oder später verlieren würde. Rudolf konnte schließlich notfalls auf die Unterstützung Albrechts zählen. Bero sollte sich daher nach Rudolfs Willen auf jeden Fall als Verlierer erweisen, doch diesen Gefallen wollte er ihm nicht tun.
Beros Treffen mit Rudolf hatte in Südböhmen stattgefunden. Dass der König nicht an seinem Hof weilte und nicht von kriecherischen Beamten und Höflingen umgeben war, erleichterte Bero die Durchführung seines
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