Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Patenschaft übernehmen und den Jungen an seinem Hof ausbilden. Bero schwelgte für ein paar Minuten in dem Gedanken, wie es wohl wäre, wenn sein Sohn königlicher Page, Knappe und später Ritter würde. Er gefiel sich in der Rolle des Rittervaters, und es war eine verlockende Vorstellung, eines Tages nichts als ein geachteter Lehnsherr zu sein, so wie sein Großvater es gewesen war.
Doch zu Beros Unbehagen gab es ein Problem, das seine Pläne möglicherweise zunichtemachte: Seine Frau war schon seit Wochen bettlägerig, und der hinzugezogene Leibarzt und die Hebamme waren voller Sorge um sie. Sie aß zu wenig, und als er vor einigen Tagen zuletzt nach ihr gesehen hatte, schien ihm, als wäre sie bleicher als das Linnen ihrer Bettwäsche gewesen. Weiters hatte sein Verwalter ihm mitgeteilt, dass die Einnahmen der ritterlichen Güter in den letzten beiden Jahren nicht ausgereicht hatten, die Ausgaben zubegleichen, zu groß war Beros Geldbedarf gewesen. Die vergangene Ernte war nur mäßig ausgefallen, und es war einzig dem gut gehenden Rosshandel zu verdanken, dass noch keine Darlehen aufgenommen werden mussten, jedoch forderte ein Geldverleiher aus Nürnberg beinahe tausend Gulden. Der Mann war im Besitz von Schuldscheinen, die sein Großvater vor vielen Jahren Zacharias ausgestellt hatte, und ließ ihn wissen, dass noch weitere Verbindlichkeiten in Höhe von etwa tausendfünfhundert Gulden bestanden, die im Falle der schleppenden Zahlung der ersten Summe ebenfalls fällig gestellt werden müssten. Der Vogt und der Stadtschreiber hatten bestätigt, dass die Dokumente rechtens waren.
Mehrere Tage hatte Bero überlegt, wie er sein Schicksal wenden könnte, und zuletzt einen Plan geschmiedet, der sich schnell und erfolgreich umsetzen ließ. Zunächst wollte er dem Rosshändler die Freiheit wieder verschaffen, doch sollte der Mann teuer dafür bezahlen. Bero hatte dies nicht früher bedacht: Der Mann hatte wieder Geld! Der Gedanke, den Rosshändler ausbluten zu lassen und sich sein Vermögen ein weiteres Mal anzueignen, durchströmte ihn heiß. Er würde rasch den Geldverleiher ruhigstellen und sich anschließend etwas Neues einfallen lassen, um Montardier vor Rudolf zu schaffen. Soweit er es in Erfahrung hatte bringen können, saß der Mann in Ägypten und ließ es sich am Hof des Sultans gut gehen. Aber immerhin hatte die Schneiderin diesen Brief geschrieben, der ihn hoffentlich erreichen würde – und so wie er den Kerl einschätzte, würde er alles stehen und liegen lassen, um der Geliebten beizustehen. Er selbst wollte am heutigen Tag nach Tirol aufbrechen, um seine Vorhaben umzusetzen.
Während seiner Reisevorbereitungen meldete eine Dienerin die Ankunft eines Boten mit einer wichtigen Nachricht. Er ließ den Mann in seine Halle treten und forderte ihn auf, zu sprechen. Die Nachricht war nicht lang, doch niederschmetternd.
Volkmar hatte den Rosshändler nicht mehr in seinem Gewahrsam, sondern ihn offenbar freigelassen. Ohne Rücksprache mit Bero! Dieser Esel, was war dem nur eingefallen? Gewiss, die von Bero versprochene Bezahlung für seinen Dienst war noch nicht in Schwaz eingetroffen, und der Mann war deshalb ungeduldig. Natürlich forderte der unverschämte Kerl das geschuldete Geld weiterhin, wie in dem Brief stand, den der Bote Bero aushändigte.
Bero musste rasch einen neuen Plan schmieden, bevor Gläubiger und König ihn in die Zange nahmen. Doch welche Möglichkeiten blieben ihm nun noch? Franziska nochmals unter Druck zu setzen war undenkbar. Nach Nürnberg konnte er derzeit auch keinesfalls zurück, der Gedanke allein wäre Selbstmord. Graf Meynhard würde ihn unverzüglich dem König ausliefern, zumindest würde er ihm das Leben zur Hölle machen, und Bero hätte nicht die Mittel, sich gegen den wohlhabenden und einflussreichen Adeligen zur Wehr zu setzen. Es half alles nichts. Er musste so schnell wie möglich Montardier festsetzen. Wenn er ihn nicht vor Pfingsten zu fassen bekäme, säße er restlos in der Klemme.
*
Volkmar war es eine Freude und Ehre gewesen, dem Grafen Meynhard, diesem tatkräftigen und kultivierten Mann, einen Gefallen zu erweisen. Einflussreiche Freunde konnteman in diesen bewegten Zeiten stets gebrauchen. Als die Bezahlung Restwangens für die Gefangenhaltung seines Delinquenten nicht eintraf, hatte er eines Tages Walter, seinen Edelknappen und engen Freund, zu dem Gefangenen geschickt, um sich dessen Geschichte anzuhören. Wer weiß, vielleicht hatte der Mann ja
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