Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
unterstellen. Prächtig, nicht wahr? Montardier und sein würdiger und weiser Vater, seit Jahren des Sultans bester und treuester Berater, hätten ihn von diesem klugen und weitblickenden Schritt überzeugt. Danach ergötzt der Sultan sich noch in den üblichen Schmeicheleien, und wir gehen davon aus,dass seinem abendländischen Ritter umgehend höchste Ehren zuteilwerden und sich an eine Reichsacht niemand mehr erinnern würde.«
»Und ihr geht mit diesem Vorhaben zum König?«
»Selbstverständlich! Beim Heiligen Vater waren wir bereits, auch wenn es nicht ganz einfach war, ihn zu treffen. Papst Clemens V. ist ja Franzose und pendelt ständig zwischen den wichtigsten französischen Städten. In Toulouse haben wir ihn schließlich angetroffen. Praktischerweise war er in Gesellschaft von Mitgliedern der königlichen Familie, da er eng mit König Philipp befreundet ist. Was glaubst du, wie interessiert der Papst an einer friedlichen und sogar kostenlosen Eroberung Palästinas war.«
Franziska nickte anerkennend. »Und all das war gewiss deine Idee?«
»Oh, das ist zu viel der Ehre. Henri hatte die Idee mit der Rehabilitierung Louis' durch Papst und Könige, mein Vetter und ich haben uns den Rest ausgedacht. Der unbedingte Wunsch, zu dir zu reisen, stammt allerdings von Louis selbst. Und dann gab es noch einen anderen Grund, hierherzukommen.« Chalil und Marie lächelten einander an. »Meine Frau traut den ägyptischen Hebammen nicht und wollte daher …« Franziska hörte ihm schon nicht mehr weiter zu, sondern ließ einen Freudenschrei ertönen und hielt die Freundin an den Schultern um Armeslänge von sich und betrachtete sie. Maries ohnehin weiche Züge waren noch sanfter geworden, und als sie den Umhang aufknöpfte und zur Seite schob, konnte man die leichte Wölbung ihres Bauches bereits erkennen. »Wir wissen es erst, seit wir wieder in Italien gelandet sind«, sagte sie strahlend. »Wir dachten, wir könnten hier …«
»Natürlich bleibst du hier! Noch heute muss die Hebamme dich sehen, du weißt schon, die Ordensfrau, die auch Katharina in die Welt geholt hat. Ich lasse gleich nach ihr schicken. Seine Reisen muss unser Prinz jetzt wohl erst einmal allein unternehmen. Du fährst mir nicht mehr von hier weg!« Sie umarmte die Freundin und wollte sie gar nicht mehr loslassen.
»Jetzt beruhigt euch wieder, heute kommt das Kind ja noch nicht«, versuchte Chalil sie zu unterbrechen, doch die beiden Frauen nahmen keine Notiz mehr von ihm und zogen Arm in Arm von dannen zu Franziskas Wohnung. Lächelnd blieb Chalil mit der kleinen Katharina zurück, die ihn erwartungsvoll anblickte.
»Oh, da ist ja noch jemand!«, tat der Prinz überrascht, kniete vor dem Mädchen nieder und lächelte es an. »So, mein edles Fräulein, jetzt bring mich zu deinem Bruder Trudbert, und dann wollen wir mal sehen, ob du das hier schon allein auspacken kannst.« Wie aus dem Nichts hatte er das kleine Päckchen in seine linke Hand gezaubert und hielt es absichtlich so hoch, dass die vor Freude glucksende Katharina es auch mit Springen nicht erreichen konnte.
*
Im September sandte Chalil Nachricht nach Ägypten, dass die Reichsacht aufgehoben war und Louis jederzeit wieder nach Deutschland kommen konnte. Albrecht sah nach dem Tod seines Sohnes seine Macht in Europa schwinden und hoffte auf den diplomatischen Schachzug, durch seine und seiner Männer Verdienste die christliche Oberhoheit im Heiligen Land wieder herstellen zu können. Chalil hatte demKönig in einem vertraulichen Gespräch mitgeteilt, dass der Sultan Söldner brauche, und Albrecht ließ einen Elitetrupp aus Templern, Johannitern und Deutschordensrittern zusammenstellen, der sich unverzüglich auf den Weg nach Ägypten machte.
Der neue böhmische König, Heinrich von Kärnten, hatte ein Schreiben gesandt, verfasst von ihm selbst und einem seiner Bischöfe, in dem er die tiefe Verbundenheit zum Königreich Jerusalem und das brüderliche Verhältnis zum Sultan betonte. Den in Böhmen ausgebildeten Ritter Ludwig von Montardier erwähnte er als tapferen Diener von Reich und Kirche und zu jeder Zeit willkommenen Seelenbruder seiner selbst.
Wie so oft hatte Meynhard seine Freunde zu einem abendlichen Mahl eingeladen und unterhielt sich mit ihnen über Politik. »Johann von Schwaben, der Sohn von Albrechts Bruder Rudolf, macht sich seit einigen Monaten wichtig, da er auf größere Lehen und Ländereien hofft. Wie es aussieht, kam sein verstorbener Vater bei der
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