Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
ich gern tun. Ich lasse Euch benachrichtigen, sobald ich Auskunft für Euch habe.«
Der andere Edelmann meldete sich nun ebenfalls zu Wort.»Nun, wenn diese neue Mode so begehrt ist, will ich sie meiner Gattin nicht vorenthalten. Bringt auch uns Kunde, wann die Frau für uns arbeiten kann.«
Elsbeth warf Karl einen triumphierenden Blick und ein kaum merkliches Lächeln zu. Ihr nächstes Kleid hatte sie sich redlich verdient.
Natürlich ließ Karl den Damen gleich am nächsten Vormittag die Nachricht bringen, dass sie jederzeit zum Maßnehmen in die Schneiderei kommen könnten. Ihre Aufträge würden dank Karls Fürsprache vorgezogen werden.
Als die beiden erschienen, konnte Franziska mit einer besonderen Überraschung aufwarten. Sie hatte vornehme Kleider für Maria nähen lassen, die diese den Edelfrauen nun vorführte. Natürlich waren es Meisterwerke, bei denen an keinem Detail gespart worden war. Mindestens ebenso viel Seide wie Wollstoff umhüllte die Trägerin, und die sichtbaren Knöpfe waren aus fein ziseliertem Silber. Für eines der Kleider hatten sie sogar Halbedelsteine in die Knöpfe einarbeiten lassen. Die wie angegossen sitzenden Gewänder verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Mieder waren so raffiniert gearbeitet, dass sie trotz aller gebotenen Sittsamkeit jeden Mann zur Sünde aufzufordern schienen, und die Röcke mit ihren unterfütterten Falten schmiegten sich an die Hüften der Trägerin. »Ihr solltet wahrhaft an einem Fürstenhof leben«, meinte eine der Damen. »Mit Euren Kleidern und Eurer Anmut aber eher als Fürstin denn als Hofdame.« Höflich lächelte Maria und senkte artig den Blick.
Franziska übernahm die Beratung der Damen und verhandelte den Preis. Genau genommen nannte sie einen Preisvon fünfzehn Goldflorin pro Stück, den die Frauen ohne Widerrede akzeptierten. Die Mädchen und der alte Meister hatten einen langen Abend hindurch besprochen, ob sie die Kleider weiterhin so teuer anbieten oder nicht doch lieber zu etwas günstigeren Preisen fertigen sollten. Franziska konnte Walram überzeugen, bei den hohen Preisen zu bleiben. Solange die Reichen und Mächtigen mit der neuen Mode prahlen wollten, musste der Preis so hoch sein, dass jeder Käufer, der ihn bezahlen konnte, sich einer äußerst erlesenen Gruppe zugehörig fühlte und aufgrund seines Vermögens Respekt und Achtung einheimste. Für Franziska war der hohe Preis ein besonderes Merkmal ihrer Kleider, so wie es die Knöpfe waren.
»Hast du keine Angst, dass die anderen Schneider uns nachmachen und wir das Geschäft bald wieder los sind?«, hatte Maria sie besorgt gefragt.
»Irgendwann vielleicht. Aber bis dahin wird jeder Meister seine Kunden glauben machen wollen, dass die neue Mode eine vorübergehende Laune sei und so schnell wieder überholt sein wird, dass es sich gar nicht lohnt, ihr nachzulaufen.«
»Und wenn irgendwann doch?«
»Dann sind wir das Original und die anderen nur die Nachahmer, außerdem haben wir bis dahin jede Menge wohlhabender Käufer als Stammkunden. Wir müssen nur ihre Erwartungen erfüllen und uns bei jeder Bestellung die eine oder andere Überraschung einfallen lassen, so wie es derzeit die Schuhe für die Damen sind. Dann bin ich sicher, dass uns die vornehmen Kunden treu bleiben.«
*
Der kleine Trudbert verstand es bald, sich überall in der Schneiderei nützlich zu machen. Er war ein schlaues Kerlchen und dank der guten Ernährung im Hause Walrams nicht mehr so blass und mager wie in den ersten Tagen. Mit seinem spitzen Gesicht, den grünbraunen Augen und den stets strubbeligen Haaren erinnerte er an einen kleinen Kobold und war der Liebling der Näherinnen.
Franziska hatte eine kleine Pagenlivree für ihn nähen lassen, in der er drollig aussah, und wann immer es nötig war, setzte sie ihn zu Botengängen ein, die der Kleine spannend fand und gern übernahm. Als er diesmal von den beiden feinen Damen zurückkehrte, denen er die Lieferzeit der Kleider mitgeteilt hatte, trug er einen Brief für Karl bei sich, den er ihm heimlich zusteckte.
Eine sittsam zu Boden blickende junge Zofe empfing Karl am Hintereingang einer außerhalb der Stadttore gelegenen Herberge und führte ihn schweigend eine Treppe hoch in eine Kammer. Kaum hatte er diese betreten, zog das Mädchen sich zurück und schloss die Tür. Auf einem Tisch standen ein Krug Wein und zwei Becher, von denen ihm einer gereicht wurde. Sie tranken einen Schluck und mit einem tiefen Lächeln und glänzenden Augen öffnete die
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