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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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unbewegt, ihr Gesicht war tränenüberströmt. Er versuchte sie zu küssen, doch ihre Lippen reagierten nicht. Sie schluchzte nicht einmal. Saß einfach nur da, alles Leben schien aus ihr gewichen zu sein. Wieder umarmte er sie und streichelte ihren Rücken. Lange saß er so bei ihr, bis sie sich plötzlich versteifte und in ihrem Sitz aufrichtete. Sie sah ihm in die Augen, und er musste den Blick abwenden, da er den Schmerz und die Liebe, die gleichzeitig aus ihnen sprachen, nicht ertragen konnte. »Geh!«, sagte sie nur. »Bitte geh und komm nicht wieder«, doch Ludwig machte keine Anstalten zu verschwinden. Er hatte noch etwas anderes auf dem Herzen, und wieder schien es ihm unendlich schwer, die Worte zu finden und die Wahrheit auszusprechen.
    »Es gibt noch etwas, und das ist noch viel schlimmer«, sagte er schließlich mit schwacher Stimme. Franziska blickte ihn verstört an. »Der König hat noch eine Ehe gestiftet. Maria … er hat Maria an Bero von Restwangen versprochen.«
    Ein Schrei entfuhr Franziska. »Er hat was? Maria … an dieses Scheusal? Und du? Du hast doch nicht zugestimmt? Das kann doch gar nicht sein!« Nun schrie sie. Der schlimmste Mensch, der ihr im Leben begegnet war, sollte ihre einzige wahre Freundin zur Frau bekommen? Fassungslos starrte sie Ludwig an. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und es fehlte nicht viel und sie hätte ihn ins Gesicht geschlagen.
    »Ich konnte gar nichts sagen«, sagte Ludwig voller Enttäuschung und Selbstverachtung. »Der König hat mich nicht um meine Zustimmung gefragt, er hat mich lediglich über seine Entscheidung unterrichtet und das unmittelbar nach dem Schrecken, den er mir wegen meiner Heirat versetzthatte. Noch ehe ich irgendetwas erwidern konnte, war ich entlassen, und ein Hofbeamter führte mich hinaus, um mit mir über Marias Mitgift zu sprechen.«
    »Und was ist mit Maria? Weiß sie schon Bescheid?«
    »Ich denke nein. Es ist wohl meine Aufgabe, mit ihr zu sprechen.«
    »Du wirst diese Heirat verhindern, hast du verstanden?«
    »Ich … ich würde ja gern. Nichts würde ich lieber, glaub mir, aber der König hat es eingerichtet und …«
    »Du kannst deine Schwester nicht diesem Ungeheuer ausliefern. Sprich mit dem König. Sag ihm die Wahrheit!« Voller Zorn sah sie ihn an. Wieder schlug Ludwig die Augen nieder. Wagte er es tatsächlich nicht, dem König die Wahrheit über die Vergangenheit Beros zu berichten? Dass er ein Unhold und Frauenschänder war und dass er und seine Spießgesellen der damals vierzehnjährigen Maria Gewalt antun wollten? Aber noch während sie sich diese Fragen stellte, kam ihr die Antwort zu Bewusstsein. Die Mächtigen entscheiden und scheren sich keinen Deut darum, was sie den anderen Menschen antun. Man würde Ludwig kein Wort glauben, Maria trotz seiner Widerrede verheiraten, und Ludwigs Karriere hätte ein schnelles Ende gefunden.
    Ludwig hatte sich erhoben und stand nun hilflos vor ihr. Auch er wusste keine Lösung. Sich seinem König zu widersetzen schien allem entgegenzustehen, was seine Erziehung und seine Herkunft von ihm verlangten. Wären die Nachrichten nicht so schrecklich, hätte es etwas beinahe Rührendes gehabt, wie er mit hängendem Kopf vor ihr stand und nicht weiterwusste, dachte Franziska plötzlich, als sie ihn betrachtete. Schließlich gab sie sich einen festen Ruck und erhob die Stimme.
    »Wann wirst du mit ihr sprechen?«, fragte sie entschlossen und ohne sich durch seinen jammervollen Anblick verunsichern zu lassen.
    »Morgen«, sagte er mit zitternder Stimme.
    »Wann erscheint Bero in Wien? Oder ist er etwa schon hier?«
    »Ebenfalls morgen, so viel ich weiß.«
    »Dann tu schnell, was du zu tun hast, bevor es jemand anders tut.«
    Fragend sah Ludwig sie an. »Und jetzt geh endlich! Geh mir aus den Augen!«
    Gerade so lange, bis er aus dem Haus gegangen war, konnte sie sich beherrschen und schaffte es noch bis in ihr Schlafgemach, wo sie auf ihrem Bett zusammenbrach.
 
    Irgendwann in dieser Nacht musste sie schließlich eingeschlafen sein. Sie konnte sich noch erinnern, dass sie sich im Dunklen entkleidet und ihr Nachtgewand angelegt hatte, aber danach wieder schluchzend auf ihrem Bett lag. Jetzt war sie von den Geräuschen im Haus geweckt worden, und das Klappern von Geschirr sagte ihr, dass es Zeit fürs Frühstück war und ihre Arbeit auf sie wartete. Sie atmete tief durch und schwang die Beine aus dem Bett. Sie wusch sich ein wenig mit dem Wasser aus der Kanne, die auf dem Tisch stand,

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