Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
sich geehrt und erfreut gezeigt, wieder an den Ort seiner Jugend zurückzukehren. Die Kunde von seiner nahenden Eheschließung hatte er überrascht, doch gehorsam aufgenommen. Die Hochzeit sollte an einem der Tage nach der königlichen Heirat gefeiert werden.
Albrecht musste noch persönlich mit Montardier sprechen, das verlangte schon das Protokoll und gehörte sich überdies unter Edelleuten. Er hatte bereits einen Termin festgelegt und nach ihm schicken lassen. In den letzten Wochen war der Junge angeblich viel in den Gassen Wiens unterwegs gewesen. Man sprach von einem Verhältnis mit einer Bürgerlichen, das er aber diskret handhabte. Gegen solche harmlosen Narreteien war nichts einzuwenden, der Bursche sollte sich ruhig die Hörner abstoßen, bevor auch für ihn die Glocken läuteten, was nach den Plänen des Königs ebenfalls schon sehr bald sein sollte.
Bei ihrer Rückkehr nach Wien ließ Franziska Ludwig sofort Nachricht überbringen. Zur gewohnten Zeit würde Ludwig bei ihr sein, und wieder hatte sie für ein üppiges Abendbrot und einen Krug guten Wein gesorgt.
Endlich hörte sie das vertraute Klopfen an der Pforte und eilte an die Tür, um den Geliebten einzulassen. Sie fiel ihm in die Arme und drückte ihn mit aller Kraft an sich. Eine Woche hatte sie ihn nicht gesehen, viel zu lange! Er erwiderte ihre Umarmung und hielt sie eng an sich gedrückt. Wie schön war es, in seinen starken Armen zu liegen. Ungewöhnlich lange stand Ludwig unbewegt und hielt sie im kalten Flur des Hauses umschlungen. Warum beugte er sich nicht endlich zu ihr herunter, um sie zu küssen? Plötzlich löste Ludwig sich von ihr und hielt sie auf Armeslänge von sich. Das Gesicht unter der Kapuze, die er noch nicht abgenommen hatte, wirkte fahl und blass. »Lass uns hineingehen!«, sagte er zu ihr. Verunsichert folgte sie ihm in das Zimmer mit dem prasselnden Kamin, in dem sie ihm vor wenigen Wochen ihre Unschuld geschenkt hatte.
»Was ist geschehen, sprich doch!«, forderte Franziska ihn voller Besorgnis auf. Sie ahnte, irgendetwas sehr Schlimmes musste passiert sein. Ludwig schluckte. Schließlich begann er mit brüchiger Stimme zu sprechen. »Die Königin und der König …, der König hat mich heute zu sich gerufen.« Er stockte. Schließlich nahm er einen Schluck von dem Wein und fuhr fort. »Im Gefolge der französischen Prinzessin befinden sich die Witwe eines Grafen und ihre Tochter. Sie stammen aus einer Gegend irgendwo südlich von Paris, deren Name mir nichts sagt. Der König befiehlt, das heißt, genauer gesagt, er wünscht auf Anraten der Königin, dass eine weitere Heirat zwischen Bewohnern der beiden Reichegeschlossen werden soll. Es war wohl schon mit dem französischen Bischof, der als Unterhändler angereist war, so abgesprochen, deshalb sind die beiden Damen überhaupt nur mitgekommen. Meine Oheime, die ich gar nicht kenne, hatten wohl eine entsprechende Empfehlung gegeben …« Wieder stockte er und sah Franziska verzweifelt an. Eine schreckliche Ahnung bemächtigte sich Franziskas. Angst stieg in ihr hoch, und trotz des prasselnden Feuers fröstelte sie. Ihr Magen verkrampfte sich. Als Ludwig ihre aufsteigenden Tränen und ihren Kummer sah, blickte er betreten zu Boden. Er keuchte mehr, als dass er sprach. »Ich soll nun diese Grafentochter ehelichen. Schon in den nächsten Tagen. Es ist Teil des Abkommens zwischen den beiden Königreichen.« Niedergeschlagen ließ er den Kopf sinken. Obwohl Franziska die Nachricht erahnt hatte, glaubte sie ihren Ohren nicht zu trauen und sah den Geliebten mit weit aufgerissenen Augen an. Sie wollte etwas sagen, doch die Stimme versagte ihr. Das konnte nicht wahr sein, es durfte nicht so enden, nicht jetzt, wo sie endlich …
»Franziska, ich liebe dich und werde dich immer lieben, aber der König …« Es fiel ihm unsagbar schwer, was er ihr mitteilen musste, und er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so schlecht gefühlt. Er kannte das Gefühl des gemeinen, widerwärtigen und ungerechten Schmerzes, das einen in seinen bösen, kalten Griff nehmen konnte und gegen das es keinen Trost zu geben schien. Doch heute war er es, der jemand anderem diesen Schmerz zufügen musste, dem Menschen, den er am meisten liebte. Er hatte nach dem Gespräch mit dem König beinahe einen Zusammenbruch erlitten, als er im Freien an einen Baum gelehnt keuchte und bittere Galle spie. Hilflos versuchte er, Franziska zuumarmen, doch sie schien plötzlich weit weg zu sein. Sie saß
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