Die Knopfmacherin
Grete sich sehr gut um den Meister kümmerte, fühlten sie sich immer wieder verpflichtet, zwischendurch die Werkzeuge ruhen zu lassen und ihn zu besuchen.
Sein Zustand änderte sich jedoch nicht. Noch immer blickte er starr an die Decke. Seine Lippen bewegten sich, nur Worte kamen nicht heraus. Jedenfalls keine, die sie hören konnten.
»Gott sei seiner armen Seele gnädig«, murmelte Grete, als sie bei einem von Melisandes Besuchen zur Tür hereinkam, um dem Meister ein wenig Suppe einzuflößen. »Erst verliert er seine Frau, und jetzt ereilt ihn dieses Elend. Man möge mir vergeben, aber manchmal frage ich mich wirklich, warum es nicht seine Schwester trifft.«
»Warum ist die Schwester des Meisters eigentlich so garstig?«
Grete blickte zu Ringhand, als fürchte sie sich davor, in seiner Gegenwart schlecht von Marga zu reden. »Genau kann ich es dir auch nicht sagen, ich arbeite ja erst seit der Erkrankung seiner Gemahlin in diesem Haushalt. Ich glaube, es liegt daran, dass Marga ihrem Bruder von klein auf das Glück neidet, das er hat.«
»Glück?« Melisande schüttelte ungläubig den Kopf. »Der Meister hat seine Frau verloren. Das kann man wohl kaum Glück nennen.«
»Er hat ein Geschäft, das gut läuft. Marga, das wissen alle hier, war hingegen mit einem Mann verheiratet, der zwar auch nicht arm, aber ein rechter Taugenichts war. Er hat das Familienvermögen versoffen und ist früh gestorben. Marga lebt seitdem mit ihrer Tochter allein. Ihr Bruder hat sie immer unterstützt, und bis zum Tod seiner Gemahlin war sie auch noch zu ertragen. Doch jetzt fürchtet sie alles und jeden, der ihren Bruder dazu bringen könnte, ihr die Werkstatt wegzunehmen, auf die sie spekuliert.«
»Aber wie kann sie nur so etwas tun? Der Meister lebt doch noch!«
Grete warf einen traurigen Blick auf den Mann, der nicht den Anschein machte, als hätte er ihnen zugehört. »Wie du siehst, weiß man nie, wie es Gott gefällt, mit einem Menschen umzugehen.«
Erschüttert kehrte Melisande in die Werkstatt zurück.
»Was ist mit dem Meister?«, fragte Bernhard, als er von seiner Arbeit aufsah. »Geht es ihm schlechter?«
Melisande schüttelte den Kopf. Eigentlich war ihr nicht nach reden zumute, zu viel gab es, das sie überdenken musste. Noch immer war ihr keine Lösung eingefallen, wie sie Alina bei der Hurenwirtin auslösen konnte, und nur schwerlich konnte sie den Gedanken an den Verlust der Brautknöpfe verdrängen. Immer wieder stieg Wut in ihr auf, ohne dass sie wusste, gegen wen sie diese genau richten sollte. Hatte Katharina die Knöpfe genommen? Oder Marga? Eine der beiden Frauen war gewiss die Schuldige, nur welche? Und wie sollte sie es beweisen?
Am Nachmittag, als Bernhard in die Stadt gegangen war, vergaß Melisande alle Vorsicht und stürmte aus der Werkstatt. Nachdem sie eine Weile ratlos durch die Gassen geirrt war, begegnete sie schließlich jemandem, der ihr den Weg zu Margas Haus wies.
Als sie wenig später vor dessen Pforte stand, hatte es den Anschein, als sei niemand zu Hause. Alles war still, und auch auf dem Hof erblickte das Mädchen keine Menschenseele.
Als sie jedoch durch die Pforte trat, stellten sich ihr sofort zwei Burschen in den Weg.
»Wohin willst du?«, fragte der größere von beiden. Er hatte strohblondes Haar und grüne Katzenaugen.
Sein Kamerad war untersetzt und dunkelhaarig. Ihre Kleidung wies sie als Knechte aus.
»Ich möchte eure Herrin sprechen«, verlangte Melisande, während sie nur schwerlich den Zorn bändigen konnte, der in ihr brodelte.
Der Blonde schüttelte den Kopf. »Die Herrin ist nicht da.«
»Dann ihre Tochter.«
»Auch die junge Herrin …«
»Was gibt es denn, Matthias?«
Hinter ihm tauchte Katharina auf. Mit gemächlichem Schritt, die Hände vor dem Bauch verschränkt, kam sie Melisande entgegen. Wie immer musterte sie das Mädchen abschätzig, dann fragte sie: »Was führt dich zu uns? Hast du Nachricht von meinem Onkel?«
Melisande kniff die Augen zusammen. »Nein, ich habe vielmehr eine Nachricht für dich, du diebische Elster.«
Katharina riss ertappt die Augen auf, dann grinste sie kühl. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
»Du hast die Knöpfe gestohlen!«
»Welche Knöpfe?«, stellte sie sich dumm, aber das böswillige Funkeln in ihren Augen verriet sie.
»Meine Knöpfe! Meine Brautknöpfe! Du warst oben in meiner Kammer und hast sie gestohlen. Deshalb bist du mir von oben entgegengekommen!«
Katharinas Miene versteinerte, ihre Augen
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