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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin
Autoren: Corinna Neuendorf
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den Rücken. »Wir werden einen Ausweg finden.«
    Melisande schüttelte heftig den Kopf. »Woher sollen wir dreißig Taler bekommen? Woher, ohne zu stehlen?«
    »Du könntest …« Bernhard verstummte. Nein, den Meister konnte sie nicht fragen, das fiel ihm jetzt wieder ein. Da er auch keinen anderen Vorschlag parat hatte, sagte er nichts mehr und wartete, bis Melisande sich wieder beruhigte.
    Später saßen sie am Küchentisch, im Schein einer traurigen Kerze. Der Geruch der Kohlsuppe, die Grete zu Mittag aufgetragen hatte, hing immer noch in der Luft. Gerade hatte Melisande nach dem Meister gesehen, der in tiefen Schlaf gefallen war. Sein Zustand betrübte sie zusätzlich. Wenn sein Verstand klar wäre, würde er mir sicher helfen …
    Ein wenig schämte sie sich für ihre Gedanken. Doch welche Hoffnung hatte sie noch?
    Bernhard schien auch nicht weiterzuwissen, denn er starrte bloß trüb in die Kerzenflamme. »Du könntest dir das Geld vom Meister leihen«, sagte er schließlich.
    »Er würde meine Frage nicht einmal verstehen.«
    »Und wenn du es dir so ausleihst? Gewiss steht seine Geldschatulle unter dem Bett.«
    Melisande sah den Gesellen empört an. »Du meinst, ich soll ihn bestehlen?«
    »Er würde ja nicht mitbekommen, dass Geld fehlt. Sobald deine Schwester frei ist, zahlst du es ihm zurück.«
    »Und wie soll ich das anstellen?«
    Bernhard senkte den Kopf. Er schien einzusehen, dass sein Vorschlag töricht war.
    Melisande überlegte hin und her. Die Hilflosigkeit, die in ihr tobte, machte sie beinahe verrückt. »Uns bleibt nur eine Möglichkeit«, sagte sie entschlossen. »Wir müssen Alina befreien.«
    »Du hast gesehen, wie viele Knechte diese Hilde hat. Mehr denn je wird sie seit unserem Besuch ein Auge auf deine Schwester haben. Wenn sie Alina nicht sogar eingesperrt hat.«
    Melisande rang einen Moment lang mit sich. Sie hatte geschworen, niemandem von Fritz’ Unterkunft zu erzählen und wirklich nur in der Not zu ihm zu kommen. Doch was sollte sie jetzt tun? Was nur?
    Ein langgezogenes Stöhnen aus der Schlafkammer des Meisters schreckte sie aus ihrem Nachdenken auf. Ich sollte nach ihm sehen, dachte sie und sprang auf.
    Als sie durch die Tür trat, saß Grete zusammengesunken und schnarchend auf ihrem Schemel. Der Meister hatte die Augen offen und starrte an die Decke.
    »Elisabeth, bitte verzeih mir«, murmelte er, doch Melisande bezweifelte, dass ihm bewusst war, dass er sprach.
    »Meister Ringhand?«, fragte sie vorsichtig, während sie sich über ihn beugte. »Wie geht es Euch?«
    Da richtete sich der Blick des Kranken auf ihr Gesicht. Auf einmal wirkte er wieder wie sonst, nur dass er im Bett lag und nicht in der Werkstatt saß.
    »Melisande«, murmelte er.
    »Ich bin hier, Meister«, antwortete sie und hielt die Tränen zurück. War das Aufstöhnen Ausdruck seiner Genesung? Als Melisande bemerkte, dass er die Hand hob, ergriff sie sie vorsichtig.
    »Gib auf die Werkstatt acht, hörst du? Mach mir keine Schande.«
    »Das werde ich nicht, Meister. Doch Ihr müsst bald wieder auf die Beine kommen, damit …«
    Melisande verstummte, als sein Blick wieder ins Leere abglitt. Die Hand in ihrer wurde schlaff und glitt auf die Bettdecke zurück.
    Das Mädchen ließ sich neben dem Bettkasten auf den Boden sinken. Sie hatte sich geirrt, besser wurde es mit Meister Ringhand nicht. War das, was sie soeben erlebt hatte, etwa sein Vermächtnis?
    »Kind, was suchst du denn hier?«, fragte die soeben erwachte Grete verwundert, während sie sich den Nacken rieb.
    »Ich habe etwas gehört und …« Melisande verstummte. Nein, sie konnte es ihr nicht sagen. »Ich dachte, der Meister sei wach.«
    Noch einmal blickte sie Alois Ringhand an, doch der hatte die Augen nun wieder halb geschlossen und atmete rasselnd ein und aus.

27. Kapitel
    An diesem Nachmittag traf Lohweihe seine Verlobte allein im Haus an – worüber er nicht traurig war. Allerdings wirkte Katharina, die heute ein tief ausgeschnittenes blaues Samtkleid trug, ein wenig niedergeschlagen. Ihr Haar war nachlässig geflochten, und der Glanz war aus ihren Augen gewichen.
    »Was ist dir, meine Liebe?«, fragte Lohweihe, während er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht schob. »Gibt es etwas, das dein Herz bekümmert?«
    Katharina wandte den Kopf zur Seite. Unter ihrem langen Vorhang aus Haaren sah Lohweihe nicht, dass sie boshaft vor sich hin lächelte.
    »Nun sprich schon, was beschwert dein Herz?«, redete er weiter auf sie ein. »Ich würde
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