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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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sie auf, doch dann wurde ihr klar, dass etwas nicht stimmte. Der Mann griff nach ihrer Bluse und riss sie auseinander. Ein stoßweise gehender Atem traf ihren Nacken. Der Geruch nach Schweiß und etwas, das sie nicht benennen konnte, ließ Ekel in ihr aufsteigen.
    »Gefällt dir das, kleine Hure?«, raunte die Stimme hinter ihr, dann wurde sie ins Stroh geschleudert.
    Entsetzt starrte sie auf den Umriss des grobschlächtigen Mannes vor ihr, der an seinen Beinkleidern nestelte.
    Am ganzen Leibe zitternd versuchte Melisande, sich aufzurappeln, doch da packte sie der Kerl auch schon bei den Haaren. Sie schrie schmerzvoll auf, als er sie weiter in das Dunkel des Stalls zerrte. Ihr Versuch, sich loszumachen, scheiterte kläglich. Immerhin schaffte sie es, sich am Wams des Mannes festzukrallen, und fand so genügend Halt, um auf die Beine zu kommen. Doch schon im nächsten Augenblick versetzte ihr der Mann eine Ohrfeige, die sie erneut zu Boden warf. Dabei schrammte sie mit dem Arm über einen Stein. Ein scharfer Schmerz durchzuckte sie, während Blut ihren Arm nässte.
    »Wollen wir doch mal sehen, ob du schreist, wenn ich es dir besorge.«
    Vor lauter Angst bemerkte sie den Schmerz fast nicht. Während der Herzschlag in ihren Ohren donnerte, suchte sie nach einem Gegenstand, mit dem sie sich verteidigen konnte.
    Als der Mann sich über sie beugte, blitzte plötzlich etwas vor ihr auf. Blitzschnell riss sie die Beine hoch und versetzte dem Angreifer einen Tritt in den Unterleib, der ihn stöhnend zurücktaumeln ließ. Als er gegen die Scheunenwand krachte, schrie er schmerzvoll auf. Im nächsten Moment fiel etwas scheppernd zu Boden.
    Davon angestachelt, dass sie den Angreifer verletzt hatte, sprang Melisande auf die Füße. Um aus der Scheune zu laufen und um Hilfe zu rufen, blieb ihr keine Zeit, denn der Angreifer war schneller. Ohne dass sie mehr von ihm sah als einen undeutlichen Schatten, stürmte er zur Scheunentür hinaus.
    Fassungslos starrte Melisande ihm nach. Hatte sie den Kerl tatsächlich vertrieben? Und wer war der Kerl? Einer von Margas Knechten? Nein, dazu hatte sich sein Wams zu edel angefühlt.
    Erst das Muhen der Kuh riss sie aus ihrer Starre. Zitternd blickte Melisande auf ihre Hand. In ihrer Angst hatte sie gar nicht mitbekommen, dass sie dem Angreifer einen Knopf vom Wams gerissen hatte. Da sie in der Dunkelheit nichts erkennen konnte, stolperte sie mit wackligen Beinen zur Stalltür.
    Im nächsten Augenblick stürmte Bernhard auf sie zu.
    »Melisande!« Erschrocken starrte er auf ihren schmutzigen Rock und die zerrissene Bluse. »Was ist passiert?«
    Das Mädchen reagierte zunächst nicht. Sie starrte auf den Knopf, dessen Einzelheiten sie zwar nicht erkennen konnte, der aber in ihr die Erinnerung an ihren Vater weckte.
    »Melisande«, redete der Geselle sanft auf sie ein. »Nun sag doch endlich, was war los?«
    Als sie aufblickte, bemerkte sie, dass Bernhard kreidebleich war. Ein schrecklicher Gedanke verzerrte sein Gesicht.
    »Ein Mann war hier«, antwortet sie. »Er …«
    »Hat er dich angerührt? Wo ist er?« Der Junge zitterte schlimmer als sie selbst.
    »Er ist verschwunden. Ich habe mich nach Kräften gewehrt. Plötzlich hat sich ihm der Rechen in die Schulter gebohrt.«
    »Dann ist dir also nichts passiert?« Bernhard blickte auf den zerrissenen Ärmel. Ein paar Schrammen waren auf der Haut darunter zu erkennen.
    »Nein, nichts«, antwortete sie beklommen.
    »Wirklich nicht?«
    »Wenn ich es dir sage! Alles ist so schnell gegangen.«
    Wieder starrte sie auf ihre Handfläche. »Ich habe ihm einen Knopf vom Wams gerissen. Wie damals mein Vater.«
    »Dann lass uns diesen Knopf drinnen gemeinsam ansehen. Und danach beschreibst du mir den Kerl. Ich werde der Stadtwache Bescheid geben.«
    Bernhard schob sie vorsichtig ins Haus und bugsierte sie auf einen Stuhl am Küchentisch. »Darf ich mir deinen Arm ansehen?«
    Melisande nickte und zuckte zusammen, als Bernhard den Stoff zurückschlug. Der Kratzer war tiefer, als sie gedacht hatte. Durch die Berührung begann er unangenehm zu pochen.
    »Wo war eigentlich Grete, als es passiert ist?«
    »Sie wollte nur kurz zur Nachbarin, etwas holen. Sie hat mich wahrscheinlich nicht gehört.«
    Bernhard knirschte mit den Zähnen. Vermutlich malte er sich gerade aus, was noch alles hätte passieren können.
    »Der Meister hat eine Tinktur für solche Wunden«, sagte er schließlich. »Warte kurz, ich hole sie.«
    Während Bernhard zu der Truhe eilte, in

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