Die Knopfmacherin
hat?«
»Dann wirst du dich ihm in Freundschaft andienen und dafür sorgen, dass wir ihn in die Finger bekommen. Ich werde dir Maximilian Rächer zur Seite stellen.«
»Aber wenn Fritz ihn sieht …«
»Keine Sorge, er wird nicht in Erscheinung treten. Wie du vielleicht schon bemerkt hast, hat mein getreuer Diener die Fähigkeit, zu einem Schatten zu werden. Er wird dir auf Schritt und Tritt folgen, ohne dass Fritz oder die anderen Rebellen mitbekommen, dass er da ist. Zu gegebener Zeit wird er sich bei dir melden, um zu erfahren, wie die Suche vorangeht. Sollten Schwierigkeiten auftauchen, wird er sie für dich beseitigen.«
Oder er wird mich beseitigen, wenn ich auch nur einen Fehler mache. Lux schluckte. Wer garantiert mir, dass er mich nicht umbringt, nachdem ich Fritz erkannt habe?, ging es ihm durch den Kopf. Doch die Frage stellte er nicht laut.
»Wann soll die Reise losgehen?«, fragte er vielmehr.
»Unverzüglich«, antwortete Lichtenfels, während er der Tür zustrebte. »Sonst hätte ich dich zu dieser Stunde nicht aufgesucht.«
Rapp blieb nichts anderes übrig, als sich seinen Mantel über die Schultern zu werfen und dem Grafen zu folgen.
12. Kapitel
Nach einer traumlosen Nacht erwachte Melisande beim ersten Hahnenschrei. Verschlafen rieb sie sich die Augen und wähnte sich für einen Moment wieder in der Kammer in ihrem Elternhaus. Doch anstelle des Bettes, in dem Alina lag, sah sie nur Kisten. Rotes Morgenlicht zeichnete einen Fleck auf den staubigen Boden, ein paar Staubpartikel tanzten in dem Lichtstrahl.
Da sie keine Möglichkeit hatte, sich das Gesicht zu waschen, erhob sie sich und zupfte sich das Stroh aus den Haaren. Dann strich sie ihre Kleider glatt und griff nach ihrem Bündel. Was soll ich jetzt tun?, fragte sie sich, während sie die Stiege hinunterging. Ob es vielleicht noch einen anderen Knopfmacher in der Stadt gibt?
Im Gang zur Küche empfing sie der Duft nach Grütze. Das gestrige Nachtmahl war längst verbraucht, wie ihr Magen ihr lautstark klarmachte.
Nur ein winziger Happen davon, dachte Melisande. Vielleicht gewährt mir der Meister wenigstens das.
In der Küche erblickte sie eine mittelgroße, recht kräftig gebaute Frau, die etwa im gleichen Alter wie der Meister war. Ist das seine Ehefrau?, dachte sie und wich erschrocken zurück. Doch da war es schon zu spät, die Frau hatte sie bemerkt.
»Wer bist du denn?«, fragte sie streng. »Hast du dich etwa einfach so ins Haus geschlichen.«
»Nein, ich … der Meister …«
»Meister Ringhand hat ihr erlaubt, über Nacht hierzubleiben.«
Melisande wirbelte herum. Bernhard lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen im Türrahmen. Sie hatte ihn gar nicht kommen gehört. Wie schon am Abend zuvor begannen ihre Wangen zu glühen. Die Blicke des Burschen verwirrten sie, ohne dass sie den Grund kannte.
»Du sollst übrigens zu ihm kommen, er will dir etwas sagen.«
Sicher will er mich ohne einen Bissen zu essen fortschicken, dachte Melisande traurig, dann nickte sie und trottete hinter Bernhard her.
Bei den vertrauten Geräuschen aus der Knopfmacherwerkstatt zog sich etwas in ihrer Brust schmerzhaft zusammen. Ihr Vater hätte jetzt sicher auch an der Werkbank gesessen …
»Meister, hier ist sie«, kündigte Bernhard an und trat dann beiseite.
Melisande blieb im Türgeviert stehen, während sich der Geselle an seine Werkbank begab und unverzüglich mit der Arbeit begann.
»Ich habe es mir noch einmal überlegt«, verkündete Ringhand, nachdem er sein Werkzeug beiseitegelegt hatte. »Ich werde dich als Lehrmädchen nehmen.«
Melisande sah ihn überrascht an. Nach dem Grund seines Sinneswandels wagte sie nicht zu fragen. »Habt vielen Dank, Meister Ringhand«, sagte sie daher nur.
»Du wirst zunächst einfache Arbeiten verrichten, und wenn du dabei Geschick zeigst, werde ich dich ganze Knöpfe fertigen lassen. Bernhard, mein Geselle, wird dich einweisen.«
»Das ist sehr freundlich von Euch.«
»Allerdings muss ich auf Zahlung eines Lehrgeldes bestehen. Hast du vielleicht etwas bei dir, das du mir geben könntest?«
Melisande presste die Lippen zusammen. Eigentlich war das Geld, das der Vater gehortet hatte, dazu bestimmt, ihre Schwester zu befreien. Doch wie sollte sie nach Alina und den Mördern ihrer Eltern suchen, wenn sie keine Bleibe hatte? Zumal der Knopfmacher den Besitzer des Mörderknopfes nicht kannte und Speyer recht groß war.
Schweren Herzens griff sie nach dem Lederbeutel und zog ihn hervor.
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