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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Aufgrund der ungewöhnlichen Wärme und Feuchtigkeit gab es schon Pilze wie Tintlinge, Champignons und Hexenröhrlinge. Einmal brachte Agnes einen Korb voll Weinbergschnecken, die bereitete Elisabeth mit einer Kräuterbutter zu. Die Männer versuchten sich im Angeln und gingen täglich zum Totenkopf, um zu sehen, ob ein Stück Wild in eine der Fallen gegangen war. So hielten sie sich bis Ende des Monats Mai über Wasser. Agnes sammelte Walderdbeeren, Himbeeren und Blaubeeren, aber das reichte gerade für den hohlen Zahn, wie Daniel fand, für einen Nachtisch nämlich. Der Rahm war längst ranzig geworden, die Butter und das Schmalz waren geschmolzen, das Mehl begann zu klumpen und wies eines Morgens Würmer auf. Der Wein war schon lange ausgegangen. Es führte kein Weg daran vorbei, sie mussten wieder losziehen, um etwas zu besorgen.
    An einem Abend machten sich Agnes, Elisabeth, Leander und Martin auf, um dem Grottenbachbauern noch einmal einen Besuch abzustatten. Martin hatte berichtet, dass der Hof jetzt besser bewacht sei, nicht nur von zwei scharfen Hunden, sondern auch von Knechten mit Pistolen. Leander hatte einen Plan entworfen. Agnes sollte sich leise anschleichen, auf das Dach klettern und sich mit einem Seil durch den Schornstein in die Räucherkammer hinablassen. Derweil wollte Leander an einer anderen Stelle Lärm machen, eine Kuh wegführen, dabei Hunde, Knechte und Bauersleute in die Irre leiten. Auf Elisabeths Frage, ob das nicht zu gefährlich sei, meinte er nur: »Gefährlich ist das, was wir tun, wie wir leben, allemal.«
    Martin und Elisabeth sollten, wenn die Leute vom Gehöft genügend abgelenkt waren, ein paar Kühe von der Weide und nach Möglichkeit auch Schweine aus dem Stall holen, und, wenn die Luft rein war, Federvieh aus dem Verschlag und Wein aus dem Keller. Das schaffen wir nie und nimmer, dachte Elisabeth. Aber ihr wäre es schon recht gewesen, wenn es Agnes gelingenwürde, ein paar Würste und Schinken aus dem Rauch zu holen. Sie verließen den Talkessel durch den hinteren Ausgang. Den Braunen von Agnes führte Martin am Zügel hinter sich her. Die Nacht war warm, es wehte ein laues Lüftchen. Grillen zirpten im hohen Gras neben dem Weg. Das Dorf umrundeten sie in einiger Entfernung. Leise schlichen Elisabeth, Martin und Agnes am Rand eines Wäldchens näher an den Bauernhof heran. Leander marschierte geradewegs auf die Weide mit den Kühen zu. Offensichtlich öffnete er gerade das Gatter, als im Haus die Hunde anschlugen. Sofort wurde Licht angemacht, die Haustür öffnete sich, und der Bauer rannte heraus, gefolgt von seiner Frau. Beide trugen Nachthemden und -mützen. Laut bellend kamen die Hunde dazu und nahmen die Verfolgung auf. Leander zog eine Kuh an einem Strick hinter sich her. Vor lauter Eifer, den Dieb zu verfolgen, bemerkten die Bauern offenbar nicht, dass das Gatter noch offen stand. Jetzt stürzten auch zwei Knechte aus dem Stall und machten sich daran, Leander zu verfolgen. Agnes und Martin liefen zum Haus vor, Elisabeth sollte Wache halten. Martin faltete seine Hände vor dem Bauch und ließ Agnes auf das Dach steigen. Lautlos huschte sie über die Schindeln und verschwand im Schornstein. Martin versteckte sich hinter einem Spalierbirnbaum. Weiter vorne fielen zwei Schüsse. Mein Gott, dachte Elisabeth, hoffentlich ist Leander nichts geschehen. Aber hätten sie warten sollen, bis sie verhungert waren? Dem reichen Bauer war es doch einerlei, wenn um ihn herum alle starben wie die Fliegen! Wenig später hörte sie das Donnern vieler Hufe. Die Rinder waren offenbar ausgebrochen! Sie strengte ihre Augen an, konnte jedoch nicht erkennen, was weiter vorne geschah. Inzwischen tauchte Agnes wieder oben im Schornstein auf, sie war bepackt mit Schinken und Würsten. Vorsichtig tastete sie sich am Dach herunter und warf Martin fast geräuschlos die Lebensmittel zu. Noch einmal ließ sie sich durch den Schornstein hinab, diesmal kam sie mit einem Lederschlauch voll Wein und zwei gerupftenGänsen zurück. Elisabeth wurde die Zeit lang, sie fürchtete jeden Augenblick, dass die Bauern mit ihren Knechten zurückkommen würden. Endlich waren sie wieder bei Elisabeth. Agnes floh mit ihrem vollgepackten Sack zum Wald, Martin und Elisabeth wandten sich zum Stall, schlüpften hinein und packten jeder zwei Ferkel, die sich quiekend in ihren Armen wanden. Schnell liefen sie zum Wald, dort wollten sie mit Leander zusammentreffen. Von ihm, den Bauern und den Knechten war nichts mehr zu

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