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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Leinensack packen, schulterte ihn und folgte dem Kardinal ins Münster hinein. Sie war überwältigt von der Portalhalle mit ihren Figuren der biblischen Geschichte, noch mehr von der Höhe des dreischiffigen Kirchenraumes mit den vielen Säulen. Den Kardinal entdeckte sie unter einem silbernen Kruzifix vor dem Chor, wo er mit einem Pfarrer im Gespräch stand.
    »Das ist Pfarrer Wollenbruck«, stellte der Kardinal vor. »Und das ist Elisabeth Weber aus Calw.«
    »Ah, Calw«, meinte Wollenbruck, »wo Valentin Andreä zu Hause ist.«
    Der Superintendent aus dem Schwarzwald schien wirklich überall bekannt zu sein.
    »Morgen Abend haben wir ein Treffen in der Sakristei«, sagte der Kardinal. »Wenn du möchtest, kannst du auch kommen, Elisabeth.«
    »Es wäre uns eine Ehre«, fügte Pfarrer Wollenbruck hinzu.
    »Ich komme gern«, sagte Elisabeth. Sie wusste noch nicht, wie sie alles, was in der nächsten Zeit auf sie zukommen würde, unter einen Hut bringen sollte. Die Männer redeten weiter über Fragen der Bibelauslegung. Elisabeth schaute sich noch ein wenig in der Kirche um. Sie trat vor den Altar, der eine Marienkrönung und die Entsendung der zwölf Apostel zeigte, meisterhaft gemalt und goldumrahmt. Elisabeth beugte sich vor, um die Initialen des Malers zu entziffern. Hans Baldung Grien, las sie. Elisabeth hatte sich schon immer für Kirchen, Klöster und deren kunstvolles Inventar begeistern können. Wobei sie fand, dass die Katholiken die weitaus prächtigeren und wertvolleren Werke ihr eigen nannten. Ganz in die Betrachtung der Bildervertieft, hörte sie, wie hinter ihr die Kirchentür aufschwang, eigentlich war es mehr der Lufthauch, den sie spürte. Sie drehte sich um. Im hereinfallenden Licht standen zwei Mönche in schwarzen Radmänteln. Elisabeth erschrak bis in die Zehenspitzen. Das hatte sie doch schon einmal erlebt. Begann jetzt alles wieder von vorn?

30.
    Gegen Abend verließ Jakob die Burg, um sich noch ein wenig in der Stadt Breisach zu ergehen. Das Gefühl, Tag und Nacht eingeschlossen zu sein, war bedrückend. Zudem hatte sich die Tageshitze in den Mauern gespeichert. Jakob blieb einen Augenblick stehen. Es dämmerte bereits, Fledermäuse huschten hin und her. Jakob konnte drei Wälle unten vor der Mauer erkennen, dahinter lag ein Wassergraben, an dem sich die Belagerer verschanzt hatten. Wie schon am Anfang stiegen Rauchsäulen in den Himmel, Gelächter und Gesang drangen zu ihm herauf. Jakob war sich sicher, dass der Kaiser alles daransetzen würde, die Festung zu befreien. Schließlich war sie eine wichtige strategische Stelle auf dem Weg nach Frankreich, seinem Erzfeind. Jakob war froh, dass er Elisabeth in Sicherheit wusste. Wenigstens war sie in Freiburg besser aufgehoben als hier. Was aus ihrer Schwester Agnes werden sollte, wusste Jakob nicht. Sie war inzwischen die Mätresse von Reinachs geworden und wusste ihre Reize wohl einzusetzen, um das zu bekommen, was sie verlangte. Jakob wandte sich zum Gehen, stieg in die Unterstadt hinab. Hier war die Stimmung noch gedrückter. Die Gastwirtschaften hatten geschlossen, die Menschen, die mit hungrigen Augen an ihm vorbeigingen, waren abgemagert. Es roch streng nach menschlichen Exkrementen. Ab und zu begegnete ihm ein Bettler, der ihm die knochige Hand hinhielt. Jakob erinnerte sich, dass Ende Mai noch etliche Säcke Mehl aus Basel abgefangen worden waren. Gab es inzwischen wirklich kaum noch etwas zu essen? Er hatte von Reinach immer davor gewarnt, so zu schlemmen und zu prassen. Wahrscheinlich hatten die Reichen der Stadt die Lebensmittel und dasFleisch erhalten, die Armen waren leer ausgegangen. Er würde am Abend noch mit seinem Kommandanten reden, wie man die Güter besser verteilen konnte. In gedrückter Stimmung stieg Jakob den Weg zur Burg und zum Münster hinauf. In der Kirche brannte inzwischen Licht, viele Menschen hatten sich versammelt, um zu beten.
    »Wie steht es mit der Versorgung der Stadt, Hans Heinrich?«, fragte er den Kommandanten während des Abendessens, das aus Brot, Wurst, Käse und kaltem Braten bestand.
    »Wir haben genug, die Stadt hat genug, alles steht zum Besten«, meinte von Reinach.
    Er saß wie üblich bei seiner Familie, während Agnes am Ende des Tisches Platz genommen hatte. Die Ehefrau und die Mätresse beäugten sich ab und zu argwöhnisch.
    »Es steht nicht zum Besten«, widersprach Jakob. »Ich war heute Abend unten in der Stadt und habe Menschen gesehen, die hungern. Wo sind die ganzen Vorräte

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