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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Hände vors Gesicht und stürzte zur Tür hinaus.
    Die Nacht verbrachte Jakob in unruhigem Schlaf. Nach dem Frühmahl ließ ihn der Kommandant zu sich kommen. Schon während des Essens hatte er Jakobs Blick gemieden. Was konnte das zu bedeuten haben? Mit abweisender Miene empfing ihn von Reinach in seinem Zimmer.
    »Ich war nicht gerade erfreut über das, was mir da zu Ohren gekommen ist«, sagte er.
    »Was ist dir zu Ohren gekommen?«, fragte Jakob. »Ich bin mir keiner Missetat bewusst.«
    »Agnes hat mir erzählt, dass du sie gestern Abend bedrängt hast. Du hast sie in dein Zimmer gelockt und wolltest, dass sie mit dir schläft. Ich bin ja großzügig, Jakob, aber du solltest mir nicht in die Quere kommen!«
    Jakob war es einen Moment lang, als ob ihm die Luft wegbliebe.
    »Das ist nicht wahr«, sagte er mit fester Stimme. »Es war andersherum: Sie wollte mich verführen!«
    »Wie dem auch sei, ich warne dich, Jakob! Du mischst dich zu viel in meine Angelegenheiten ein. Du willst doch nicht, dass ich dich eines Tages suspendieren muss?«
    »Auf keinen Fall, Hans Heinrich«, antwortete Jakob. Das war eine bodenlose Frechheit, was sich Agnes da erlaubt hatte! Er beschloss, ihr in Zukunft weiträumig aus dem Weg zu gehen.
    Mit ein paar schnellen Schritten war der Kardinal bei Elisabeth.
    »Was ist mit dir?«, fragte er und schaute ihr besorgt ins Gesicht. »Du bist ja richtig bleich geworden, du zitterst am ganzen Leib!«
    Elisabeth fühlte sich wie gelähmt, doch sie streckte die Hand aus und zeigte zur Tür.
    »Da …«
    »Was war da, Elisabeth? Ich sehe nichts.«
    »Da waren die beiden Mönche, die ich schon in Baden gesehen habe. Die uns wegen der Bücher erpresst haben.«
    »Wie sahen sie aus?«
    »Sie trugen den weißen Habit und schwarze Radmäntel . «
    »Ich glaube dir, Elisabeth. Gibt der Inquisitor Berni also keine Ruhe, selbst hier nicht, wo inzwischen das protestantische Lager herrscht. Du solltest nicht mehr allein ausgehen.«
    »Aber sie können uns doch nichts anhaben! Was haben sie hier überhaupt zu suchen?«
    »Möglich, dass Kaiser Ferdinand sich mit Papst Urban abgesprochen hat.«
    »Aber was können die hier noch wollen?«, fragte Elisabeth.
    »Möglicherweise rechnen sie mit einem baldigen Sieg des Kaisers und versuchen schon mal, den vermeintlichen Sumpf trockenzulegen.«
    »Was willst du dagegen tun?«
    »Ich werde mich davon nicht beirren lassen. Komm, gib mir deinen Brotsack, wir wollen die Sachen für das Abendessen nach Hause bringen.«
    Einige Tage später kündigte der Kardinal an, dass er in Kürze eine Predigt halten wolle. In seinem Zimmer bereitete er sich Tag und Nacht darauf vor. Endlich war es so weit. Eine große Menge hatte sich im Münster eingefunden. Darunter waren reich gekleidete Freiburger Bürger ebenso wie Bauern, Bettler, Männer, Frauen und Kinder. Alles wurde nach dem alten katholischen Ritual abgehalten, da sich noch kein protestantischer Gottesdienst durchgesetzt hatte. Nach den anfänglichen Gebeten und Gesängen stieg Kardinal Weltlin auf die Kanzel. Er trug einen scharlachroten Talar, einen Schulterumhang sowie das ebenso rote Birett. Atemlose Stille herrschte unter den Besuchern.
    »Liebe Freiburger Gemeinde«, begann der Kardinal. »Wir haben uns heute hier versammelt, um in schweren Zeiten miteinanderzu beten und uns gegenseitig Beistand zu leisten. Kaiser Ferdinand versucht, seine alten Rechte wieder bei uns einzusetzen, aber er hatte sie sich nach der Schlacht von Nördlingen gewaltsam genommen. So müssen wir zwar täglich um unser Brot kämpfen, aber solange die schwedisch-französische Armee bei uns weilt, wird uns nichts Übles geschehen. Im fernen Rom zählt Papst Urban VIII. darauf, seinen Machtbereich dauerhaft auszudehnen. Wir aber wissen mehr, als der Papst seinen Untertanen erlaubt zu wissen. Spätestens seit Kopernikus, Galilei und Johannes Kepler wissen wir, dass sich die Erde und die Planeten um die Sonne drehen und nicht umgekehrt. Ebenso sollte der Mensch im Zentrum der Kirche stehen und nicht für ihre Zwecke missbraucht werden. Wir haben Krieg, liebe Bürger, lange schon, und ich bete jeden Tag zu Gott dem Allmächtigen, dass er diese Geißel bald von uns nehmen möge. Sollte es uns jedoch beschieden sein, die Gräuel und den Hunger und die Schandtaten der Soldaten noch länger zu ertragen, so möge uns Gott Geduld geben. Ich wünsche uns allen Kraft, einen festen Glauben und die Liebe zu allen Menschen. Amen.«
    »Amen«, rief die Menge,

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