Die Köchin und der Kardinal
wieder daran, Städte und Länder einzunehmen! Nehmt ihn von meiner Seite, und ich werde Euch beweisen, dass ich einer der erfolgreichsten Feldherren dieses Krieges bin!«
»Wenn Ihr das denkt, wollen wir Euch noch eine letzte Gelegenheit geben, Euren Mut und Eure Tatkraft zu beweisen«, meinte Richelieu. »Ich werde dem Zahlmeister Anweisung geben, Euch noch einmal 500 000 Livres auszuzahlen.«
Bernhard von Sachsen-Weimar wirkte erleichtert, der König schaute säuerlich drein.
Der Oberhofmarschall des Louvre klatschte in die Hände. Der König, die Königin, Richelieu und Bernhard traten ab, die übrigen strebten dem Ausgang zu, um in den Speisesaal zu gelangen. Nach einem üppigen Bankett mit zehn Gängen ließ Richelieu Weltlin, Elisabeth und Agnes in sein Arbeitszimmer bitten. Wie ein Fürst stand er in dem Raum, und fürstlich war auch die Ausstattung. Der Raum war hoch, an der Decke befand sich ein Fresko mit Engeln und Wolken, der Boden war mit Marmorplatten gefliest, und an den Wänden prangten die schönsten Stuckgebilde. Seinen Kardinalshut hatte Richelieu mit einem Käppchen vertauscht. Die drei küssten den Ring an seiner Hand, die er ihnen huldvoll entgegenstreckte.
»Eigentlich müsste ich Euch ebenfalls meine Ehrerbietung zeigen, Kardinal Weltlin«, sagte Richelieu. »Aber kommen wir lieber zur Sache. Mir wurde von einem Legat des Papstes eine Lutherbibel überbracht, die sich in Eurem Besitz befunden hat.«
Elisabeth war wie vom Donner gerührt. »Das ist nicht wahr«, fuhr es aus ihr heraus. »Sie war in meinem Besitz, und sie wurde mir gestohlen!«
»Das ist einerlei«, entgegnete Richelieu. »Ihr seid die Köchin des Kardinals, und also war die Bibel in seinem Besitz.«
»Ja, sie war in meinem Besitz«, gab Weltlin offenherzig zu. »Neben einer Reihe anderer Bücher, die ich nach Rom geschickthabe, nachdem ich vom päpstlichen Inquisitor dazu aufgefordert wurde.«
»Und warum habt Ihr die Bibel behalten?«, fragte Richelieu mit hochgezogenen Augenbrauen. Er fixierte den anderen scharf.
Kardinal Weltlin überlegte einen Augenblick lang.
»Sie ist für mich ein Symbol für diesen Krieg, und vor allem ist sie ein Kleinod, weil sie in der Übersetzung von Luther jeder lesen kann, der des Lesens mächtig ist. Sie enthält eine wunderschöne, poetische Sprache.«
»Das ist alles nicht abzuleugnen«, meinte Richelieu, schon etwas versöhnlicher gestimmt. »Aber Ihr als geistlicher Würdenträger hättet wissen müssen, dass Ihr der Letzte seid, der so etwas bei sich haben darf!«
»Im Jagdschloss des Königs sind ebenfalls solche Bücher«, fiel Elisabeth ein.
»Das ist etwas anderes«, gab Richelieu zurück. »Es sind Beutestücke aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, sie zieren die Bücherei eines Monarchen durchaus. Ihr könnt froh sein, wenn Ihr nicht vor ein Inquisitionsgericht kommt, Weltlin!«
»Davor fürchte ich mich nicht«, entgegnete Weltlin. »Ich habe nichts zu verbergen.«
Richelieu schaute ihm ins Gesicht und wandte sich um. Er schritt zu einem zierlichen Schreibpult, das neben einem riesigen Kamin stand. Mit einem Schreiben in der Hand kehrte er zurück.
»Das ist ein Schriftstück, das ich zusammen mit dem König nach längerer Beratung aufgesetzt habe«, meinte er. Richelieu händigte es Weltlin aus. Elisabeth schaute ihre Schwester an. Die stand mit unbewegtem Gesicht daneben, als ginge sie das alles überhaupt nichts an. Kardinal Weltlin begann das Schreiben vorzulesen.
»Wir, Ihre Majestät König Ludwig XIII. von Frankreich undNavarra sowie Kardinal Richelieu, Marquis du Chillou, Bischof von Luçon, Herzog von Richelieu und Herzog von Fronsac, Generalabt von Prémontré, Citeau und Cluny, geben hiermit einen Entschluss bekannt. Er betrifft den Kardinal Weltlin, Bischof von Straßburg und Schirmherr des Klosters Lichtenthal sowie seine Köchin Elisabeth Weber und deren Schwester Agnes. Das Verhalten des Kardinals hat zu wünschen übriggelassen, so dass er zu einer Gefahr für Frankreich werden könnte. Da wir hier keine weitere Verwendung mehr für ihn haben, werden wir Kardinal Weltlin in seinen Ämtern belassen, ihn aber darum ersuchen, sich anstelle des Kardinals la Valette, der von Bernhard von Sachsen-Weimar nicht mehr gewünscht wird, dem Heer und Tross Bernhard von Sachsen-Weimars anzuschließen. Es liegt zurzeit in Mömpelgard im Burgund. Dem Wunsch unseres Hofs gemäß soll er gegen den kaiserlichen General Savelli antreten, der dort ein Heer
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