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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Flüsschens Doubs gebettet lag. In einer Flussaue lagerten Heer und Tross des Bernhard von Sachsen-Weimar. Die Soldaten sahen zu Elisabeths Schrecken ausgemergelt und zerlumpt aus, ebenso die Frauen und Kinder des Trosses. Es waren unübersehbar viele Menschen, die da lagerten, zwölftausend sollten es sein. Sie hausten in Zelten, die teilweise aus Stangen und schmutzigen Decken errichtet worden waren. Leiterwagen mit Stapeln von Töpfen, Pfannen und sonstigem Hausrat waren zu Wagenburgen zusammengestellt. Überall brannten Feuer, ein Duft nach Asche und halb verbranntem Brot wehte über den Platz. Bernhard von Sachsen-Weimar, der auf der Fahrt sehr wenig mit ihnen gesprochen hatte, lud sie in das Offizierszelt ein. Es war sehr geräumig und enthielt alle Annehmlichkeiten, die man sich nur wünschen konnte. Eine gemauerte Feuerstelle, einen großen Tisch, Stühle, Decken, Körbe zur Unterbringung von Wäsche und Kleidung. Um das Offizierszelt herum standen andere Zelte, die zum Schlafen, zum Kochen und zur Vorratshaltung dienten. Es war inzwischen dunkel und empfindlich kalt geworden. Ein Bursche des Feldherrn wies den beiden Mädchen und dem Kardinal ihre Schlafstätten zu. Als Betten waren Pritschen vorgesehen, die mit geflochtenen Binsen bespannt waren. Bernhards Bursche holte die drei einige Zeit später zum Abendessen ab. Die anwesenden Offiziere und ein Geistlicher mit schwarzer Soutane sahen recht wohlgenährt aus, im Gegensatz zu den Söldnern und ihren Familien im Lager. Bernhards Bursche, Christoph mit Namen,trug den ersten Gang auf, geschnittenen Schinken aus den burgundischen Bergen, dazu einen leichten Rotwein. Christoph war ein etwa sechzehnjähriger Junge mit Korkenzieherlocken und verschmitztem Gesichtsausdruck. Als hätte Bernhard das gespürt, was auch Elisabeth aufgefallen war, sagte er: »Meine Leute sind recht vom Fleisch gefallen, meine Damen und Herren, aber das liegt nicht daran, dass wir Offiziere uns mästen, derweil die anderen darben. Es liegt am französischen Hof, der das versprochene Geld nicht rechtzeitig schickt. So müssen wir immer wieder die Gebiete, die wir erobern, plündern. Ein Söldner braucht pro Tag ein Kilo Brot, ein Pfund Fleisch und drei Liter Bier. Für unsere zwölftausend Mann und den Tross müssen also mindestens zwanzigtausend Brote gebacken, sechzigtausend Liter Bier sollen ausgeschenkt werden. Morgen schicke ich meinen Burschen Christoph, eine Herde Ochsen und die benötigten Bierfässer zu besorgen. Was wir hier nicht verbrauchen, führen wir mit.«
    »Wir, meine Schwester und ich, können beim Brotbacken helfen«, bot Elisabeth an. »Und Ochsen am Spieß rösten, das trauen wir uns ebenfalls zu.«
    »Euer Angebot in Ehren, Elisabeth«, sagte Bernhard. »Aber wir haben hier genügend Frauen. Ich habe gehört, Ihr seid die Köchin unseres ehrenwerten Kardinals Weltlin. Dann könnt Ihr uns doch mit Eurer Kochkunst beglücken.«
    Elisabeth nickte, Agnes sah betreten drein.
    »Wo war ich stehengeblieben?«, fragte Bernhard.
    »Es ist nicht allein das Verschulden des französischen Hofes«, meldete sich der kleine Geistliche zu Wort. Gleich darauf entschuldigte er sich und stellte sich als Pater Josef vor. Elisabeth erinnerte sich, er war einer der engsten Vertrauten Richelieus.
    »Ihr habt es auch teils selbst verschuldet, Herr Bernhard. Habe ich Euch nicht gesagt, dass man Festungen nicht so einnimmt, wie Ihr es zu tun pflegt?«
    »Wie nehme ich sie denn ein?«, fragte Bernhard und schob sich ein Stück Schinken in den Mund.
    »Ihr haut drauf mit Kanonen und Musketen und wundert Euch, wenn sie sich nicht ergeben. Aushungern muss man sie, wie oft soll ich es Euch noch sagen?«
    Elisabeth erinnerte sich daran, dass die Belagerung Badens durch die Kaiserlichen gescheitert war, weil die Belagerten genug zu essen in der Stadt gehabt hatten.
    »Findet Ihr nicht, dass es unmenschlich ist, andere Menschen verhungern zu lassen?«, fragte Bernhard dagegen. Einige seiner Offiziere nickten dazu.
    »Es ist genauso unmenschlich, sie niederzuschießen und sie zu berauben!«, ereiferte sich Pater Josef.
    »Jetzt ist es erst einmal vonnöten, uns selbst und unser Heer zu stärken«, sagte Bernhard und griff zu einem Glas Burgunder. Er wandte sich an Christoph. »Schaff alles Brot, allen Schinken und was wir sonst noch haben, ins Lager, zu den Leuten! Morgen wird neu eingekauft.«
    »Kauft nur auch Wäsche und Kleider für Eure Soldaten und ihre Familien«, stichelte der Pater weiter.

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