Die Koenigin der Rebellen
Entzündung hervorgerufen hatten. Der Sturz vom Motorrad war schwerer gewesen, als er vermutete. Aber der Schaden war nicht irreparabel. Noch bevor das Menschenjunge mit dem versprochenen Wasser zurückkehrte, aktivierte Kyle eine Anzahl schlafender Abwehrmechanismen, die es seinem Körper ermöglichten, mit der Infektion binnen weniger Stunden fertig zu werden. Gleichzeitig leitete er einen behutsamen Heilungsprozeß ein. In seinem rechten Bein machte sich ein taubes Prickeln bereit, der Schmerz verschwand wie abgeschaltet. Kyle hätte den Bruch auch innerhalb weniger Minuten heilen können, aber das durfte er nicht. Er hatte das Vertrauen dieser Menschen hier gewonnen, aber noch nicht die Informationen, die er benötigte. Das Menschenjunge kam zurück, eine flache hölzerne Schale mit Wasser in beiden Händen haltend. Vorsichtig kniete es neben ihm nieder, stellte die Schale ab und schob dann eine Hand unter seinen Nacken, um seinen Kopf zu stützen. Dann hob es die Schale mit der anderen Hand wieder an und setzte sie an seine Lippen. »Hier«, sagte es. »Trink. Aber vorsichtig. Nur ganz kleine Schlucke — versprochen?« Kyle deutete ein Nicken an, öffnete den Mund und trank. Das Wasser schmeckte schlecht. Es war warm und abgestanden und voller Krankheitserreger, und Kyle hätte es nicht einmal nötig gehabt — jetzt, als er wieder die volle Kontrolle über seinen Körper hatte, konnte er behutsam einen Teil des eingekapselten Flüssigkeitsvorrates freisetzen und den bedrohlich werdenden Wassermangel so regulieren. Trotzdem trank er mit großen gierigen Schlucken, so daß das Junge schließlich den Kopf schüttelte und die Schale mit einem bedauernden Seufzen wieder zurückzog. »Nicht so hastig«, sagte es. »Du bekommst, so viel du willst, aber du mußt langsamer trinken.« »Durst«, flüsterte Kyle. Seine Stimme zitterte und klang krank. »Ich weiß«, sagte das Humanoidenjunge. »Du hast Fieber. Aber Stanley hat mir verboten, dir zuviel Wasser zu geben, bevor er dich nicht untersucht hat. Du hast zwölf Stunden dagelegen und phantasiert.« Zwölf Stunden? Kyle erschrak. Mehr als doppelt so lange wie vorgesehen. Etwas war schiefgelaufen. Sein Körper war schwerer beschädigt, als er hätte sein dürfen. Das Mädchen bemerkte sein Erschrecken und deutete es natürlich vollkommen falsch. »Keine Sorge«, sagte es rasch. »Du bist außer Gefahr. Stanley ist ein guter Arzt.« Es stand auf. »Ich hole ihn jetzt — einverstanden?« Kyle nickte. Das Mädchen lächelte ihm noch einmal aufmunternd zu, drehte sich dann um und verschwand aus der Hütte. Zwölf Stunden? Er hätte keine zwölf Stunden daliegen und fiebern dürfen. Und da war dieser Arzt — offensichtlich die planetare Bezeichnung für einen Biochemiker. Was hatte er getan, und was hatte er herausgefunden? Kyle wußte, daß sein Körper einer flüchtigen Untersuchung standhalten würde. Auf den ersten Blick unterschied er sich in nichts von einem Einheimischen, aber jemandem, der etwas von Biologie verstand, würden gewisse Unterschiede auffallen. Besorgt lauschte er in sich hinein. Sein Verdacht bestätigte sich: In seinem Körper waren Substanzen, die nicht hineingehörten. Primitive Chemikalien, die der Arzt ihm verabreicht haben mußte, in dem Bemühen, das Fieber zu senken und seinen Allgemeinzustand zu stabilisieren. Sie hatten das Gegenteil erreicht — Kyle sah zwar aus wie ein Mensch, aber er war keiner. Die fremden Chemikalien hatten bedrohlich in seinen Körperhaushalt eingegriffen und zu einer besorgniserregenden Destabilisierung geführt. Kyle begriff ohne die Spur eines Schreckens, daß er um ein Haar gestorben wäre. Rasch schied er die verschiedenen organischen Gifte aus, mit denen der Humanoide ihn fast zu Tode gepflegt hatte, achtete aber sorgsam darauf, nichts an seinem Äußeren zu verändern. Er sah noch immer mehr tot als lebendig aus, als der Junge zurückkam, begleitet von drei weiteren Planetenbewohnern, zwei männlichen und einem weiblichen Exemplar, alle wesentlich älter als das Menschenjunge. Einer der Männer kniete wortlos neben ihm nieder, betastete seine Stirn, blickte in seine Augen und fühlte dann mit spitzen Fingern über sein bandagiertes rechtes Bein. Kyle schloß, daß es sich bei ihm um Stanley handeln mußte. »Das sieht gar nicht schlecht aus«, sagte Stanley, nachdem er seine Untersuchung beendet hatte. »Das Schlimmste scheint überstanden zu sein. Sie sind ein zäher Bursche, wie?« Seine
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