Die Koenigin der Rebellen
finster an, und auch Kent runzelte fragend die Stirn, aber Charity ignorierte beide und wandte sich wieder an Lydia. »Ein großer Raum mit einem Ring aus Metall in der Mitte, der schwerelos über dem Boden hängt?« Lydia nickte. »Das stimmt«, sagte sie. »Aber woher weißt du das?« »Das würde mich auch interessieren«, fügte Tidewell lauernd hinzu. »Ein Materietransmitter«, sagte Charity. Die Erklärung war so einfach, daß sie sich am liebsten selbst geohrfeigt hätte. »Das Shaitaan ist nichts anderes als eine Transmitterstation.« Kents Blick machte deutlich, wie wenig ihm dieses Wort sagte. »Eine Art ... Sender«, sagte sie erklärend. »Nur, daß er keine Funkwellen oder Bilder überträgt, sondern feste Materie.« »Das meinst du nicht wirklich«, murmelte Kent verblüfft. »Sie sind auf diesem Wege hierher gekommen, Kent«, antwortete Charity. »Sie haben uns einen dieser verdammten Sender geschickt. Wir hätten ihn vernichten sollen. Wir hätten es sogar gekonnt, aber wir ... wir wußten ja nicht, was da zu uns kam. Und als wir es gemerkt haben, war es zu spät.« Ihre Stimme wurde bitter. Sie sah Arson an. »Das Ding, das ihr die Schwarze Festung nennt — ich glaube, es ist das Schiff am Nordpol. Nichts anderes als eine Transmitterbasis. Wahrscheinlich gibt es Hunderte davon auf der Erde.« Es dauerte einen Moment, bis ihr das plötzliche Schweigen auffiel. Und dann dauerte es noch einmal Sekunden, bis sie begriff, warum alle plötzlich sie anstarrten und nicht mehr Lydia. »Sagtest du: wir?« fragte Kent. »Wie meinst du das? Es gibt noch mehr wie dich?« »Ja«, sagte Charity, verbesserte sich sofort und schüttelte den Kopf. »Genauer gesagt, nein. Ich glaube nicht.« Sie schwieg noch einmal einen Moment, dann begann sie mit leiser, aber sehr fester Stimme zu erzählen.
Kapitel 4
Eine Hand lag auf seiner Stirn; schmal und kühl und sehr leicht
— die Hand eines Kindes oder eines sehr kleinwüchsigen Planetenbewohners. Geräusche: das Murmeln von Stimmen, zu weit, als daß er die Worte verstehen konnte, Schritte, Lachen: alltägliche Geräusche einer menschlichen Ansiedlung. Keine Bedrohung. Kyle öffnete die Augen. Sein Blickfeld war eingeschränkt, und im ersten Moment hatte er Mühe, die richtige Sehschärfe zu finden; alles war verschwommen, düster, das Licht ein wenig ins Rote verschoben. Eine Gestalt saß neben ihm, blickte in sein Gesicht und strich weiter sanft mit der Hand über seine Stirn. Er hatte Fieber. Die Berührung der schmalen Hand tat sonderbar gut. Kyle hatte entsetzlichen Durst. »Verstehst du mich?« Die Stimme klang so jung, wie sich die Berührung der Hand anfühlte. Kyle nickte schwach, konzentrierte sich einen Moment lang darauf, sein außer Kontrolle geratenes Sehvermögen zu korrigieren, und registrierte mit leiser Verwunderung, welche Anstrengung es ihn kostete. Der verschwommene helle Fleck über ihm gerann zu einem schmalen, von schulterlangem schwarzen Haar eingefaßten Gesicht, wie er vermutet hatte, das Gesicht eines Mädchens. Er wollte etwas sagen, aber seine Stimme verweigerte ihm den Dienst. Sein Gaumen war geschwollen und hart. Der Durst hatte die Intensität echter körperlicher Schmerzen erreicht. »Warte«, sagte das Menschenjunge. »Ich hole dir Wasser. Beweg dich nicht.« Es stand auf und verschwand aus seinem Sichtfeld, verließ die Hütte aber nicht; Kyle hörte es irgendwo rechts neben sich hantieren. Besorgt lauschte er in sich hinein. Der Zusammenbruch und die Ohnmacht waren programmiert gewesen; vier, maximal fünf Stunden, in denen er fiebergeschüttelt dagelegen und Worte gestammelt hatte, die sein niemals schlafendes Unterbewußtsein pedantisch überwachte. Er wußte, daß er das Vertrauen der Planetenbewohner jetzt schon gewonnen hatte; die scheinbar zusammenhanglosen Wort- und Satzfetzen wiesen ihn als das aus, was sein Äußeres zu sein vorgab. Rasch rekapitulierte er noch einmal das, was er im Schlaf gesagt hatte, und registrierte zufrieden, daß ihm kein Fehler unterlaufen war. Trotzdem war etwas nicht so, wie es sein sollte. Er war erschöpfter, als er hätte sein dürfen, und sehr viel durstiger. Der Wassermangel hatte gefährliche Ausmaße angenommen. In seinem rechten Bein pulsierte ein heftiger, klopfender Schmerz. Kyle konzentrierte sich einen Moment lang darauf und stellte fest, daß es gebrochen war. Mehrmals und nicht glatt, so daß Knochensplitter in sein Fleisch gedrungen waren und bereits eine
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