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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Jordi mit Grauen. Er wusste, wie stark diese Kreaturen waren. Nicht selten hatte er versucht, sie zu töten, wenn er sie in der Küche des Leuchtturms erwischt hatte. Man konnte alles Mögliche auf sie werfen, man konnte sogar mit dem Stiefel auf sie treten und es passierte ihnen nichts. Selbst mit nur wenigen Gliedmaßen krabbelten sie noch weiter.
    »Es sind zu viele«, murmelte Fado nur und die Culebra zischte wütend. Die junge Hexe trat mit dem Stiefelabsatz auf die kleinen Leiber, so fest sie konnte, und die zuckenden Schatteninsekten, die am Boden klebten, zappelten wie wild in ihrem eigenen Blut und lösten sich nach und nach aus ihrer Erstarrung, um einfach weiterzulaufen, geradeso, als sei nichts geschehen.
    Nuria Niebla achtete nicht auf die Kakerlaken. Stattdessen schritt sie die Regale entlang, studierte die Etiketten. Endlich fand sie eine Flasche, die sie eilig entkorkte. Sie schüttete den Inhalt auf den Steinboden und nahm ein krummes Streichholz zur Hand, das sie in Windeseile entzündete und in die feucht glänzende Lache warf. Sofort züngelten gierige Flammen auf und trieben die Kakerlakentiere, an denen die Schatten klebten, zur Tür zurück.
    »Das verschafft uns ein wenig Zeit.« Die alte Nebelhexe ging im Raum auf und ab, unruhig wie ein gefangenes Tier, das nicht akzeptieren wollte, dass seine Zeit gekommen ist.
    Jordi indes ließ die Tür nicht aus den Augen. »Gibt es noch einen anderen Ausgang?«
    »Den gibt es«, sagte Fado und lief nach hinten in den Laden. Kurz darauf erschallte ein kräftiger Fluch und sie kehrte mit großen Schritten in den Laden zurück. »Kakerlaken, überall.«
    Hinter ihr züngelten Flammen an den Wänden. »Ich musste auch dort Feuer legen«, sagte Fado nur.
    Die Culebra zischte aufgeregt.
    »Ob das wirklich eine so gute Idee ist, sich selbst anzuzünden?«, fragte Jordi, als er die Flammen im hinteren Teil des Ladens beobachtete.
    Fado schüttelte den Kopf. »Die denkbar schlechteste überhaupt, wenn du mich fragst. Aber sie verschafft uns immerhin ein wenig Zeit. Hast du einen besseren Vorschlag?«
    Er zuckte mit den Schultern. Nein, hatte er nicht!
    Entsetzt beobachtete er die Kakerlakenschwärme, die sich jetzt zurückzogen, nur um sich einen neuen Weg jenseits der züngelnden Flammen zu suchen. Die Tiere liefen die Wände hinauf und von dort aus an der niedrigen Decke entlang. Es war ein Meer aus wuselnden winzigen Leibern, die alle die Finsternis in sich trugen, ein Heer von großen Insektentieren, bestehend aus Tausenden von Fühlern, Abertausenden von dürren Beinen und unzähligen gezackten Panzern, die flink an der Decke entlangkrabbelten. Einige von ihnen verloren den Halt und fielen zwischen die Gegenstände, die den Tisch bedeckten, oder aber sie stürzten in die Flammen, die Nuria entfacht hatte. Diejenigen, die nicht knisternd verbrannten, sprangen aus den Flammen und zappelten wild auf dem Boden.
    »Sie dürfen uns nicht berühren, auf keinen Fall!« Jordi dachte an die Finsterfalter und das, was ihr Stich mit ihm gemacht hatte.
    Nuria Niebla schüttete erneut Öl auf den Boden. Dann stellte sie sich mitten in die Lache.
    »Es gibt nur diesen einen Weg«, erklärte sie. »Ich habe keine Wahl. Ich muss Catalina finden.«
    »Was haben Sie vor?« In Jordis Stimme klang Panik.
    »Das Feuer wird mich von hier fortbringen.« Sie hielt ein Streichholz in den Händen. »Es tut mir leid«, sagte sie und sie sagte es so, als meinte sie ihre Worte ernst. »Ich kann zwar in den Feuern wandern, aber ich kann niemanden dorthin mitnehmen. Die Flammen würden jeden töten, der den Zauber nicht beherrscht.«
    Jordi spürte, wie Zorn in ihm aufstieg. »Und was geschieht mit uns?«
    Nuria Nieblas Blick suchte den seinen. »Du und Fado, ihr müsst einen anderen Weg finden.«
    Die junge Hexe war gerade dabei, eine ganze Reihe der Kakerlaken mit den Absätzen ihrer Stiefel zu zertreten. »Hör lieber auf sie. Es ist nicht die beste Lösung, aber allemal besser, als zu dritt zu verbrennen. Feuerzauber sind sehr eigenwillig.« Sie blickte zu Nuria hinüber. »Geh hin und such deine Tochter oder deine Enkelin oder wen auch immer.«
    Nuria hatte Jordi nicht aus den Augen gelassen.
    »Viel Glück«, sagte sie schlicht.
    »Nein!«
    Jordi wusste nicht, ob er es gerufen hatte oder nur gedacht, aber der Schrei schrillte in ihm wie etwas, das ihn nie mehr loslassen würde.
    Nuria Niebla stand einen kurzen Augenblick regungslos da, dann entzündete sie das Streichholz mit dem

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