Die Koenigin der Schattenstadt
überzeugt.«
»Vielleicht ist es nur ein Zufall gewesen?« Jordi schüttelte den Kopf. »Die Finsterfalter haben Barcelona überzogen. Sie haben nicht nur mich angegriffen!«
»Es gibt keine Zufälle, junger Jordi. Du warst der Mensch, der ihr am nächsten stand. Um dich hatte sie sich am meisten gesorgt, als ihr in Barcelona getrennt wurdet. Deswegen musstest du den Preis zahlen. Die Magie hat euch entzweit, das ist der Preis gewesen, den sie eingefordert hat.«
»Ich habe sie vergessen«, murmelte er. »Einfach so.«
»Aber jetzt erinnerst du dich wieder.« Makris hob ihren Kopf.
Jordi griff in seine Tasche. »Ja«, sagte er. »Ich habe den Stein gefunden, den Aquamarin. Ihre Großmutter hat ihn Catalina zum Geschenk gemacht.«
»Woher weißt du davon?« Makris’ Gesicht mit den toten Steinaugen sah noch immer merkwürdig ausdruckslos aus, doch ihre Stimme klang aufgeregt.
»Nuria hat es mir gesagt.«
Die Ringe und Ketten klimperten, als die Zigeunerhexe hochfuhr. »Dann hast du sie getroffen? Nuria Niebla, die Nebelhexe?«
»Sie ist tot«, sagte Jordi.
Makris de los Santos sank in sich zusammen. Ihre Augen blickten leer in den Raum.
»Erzähl mir davon«, flüsterte sie.
Und dann berichtete Jordi der Zigeunerhexe, was geschehen war.
»Das darf nicht sein«, wisperte Makris de los Santos, als er geendet hatte. »Malfuria ist Vergangenheit.« Sie schloss die Augen, und als sie die Lider wieder öffnete, brach sich das Licht in den schimmernden Steinen. »Und Nuria Niebla ist tot. Sie und Catalina waren die letzte Hoffnung, den Schatten noch Einhalt zu gebieten.«
Jordi zögerte. »Nuria hat von der Mephistia gesprochen«, sagte er. »Sie hat vermutet, dass sie es war, die den Rabensturm zerstört hat.«
Makris nickte. »Einst gab es eine alte Legende«, sagte sie. »Sie erzählte von der Ankunft einer Hexe, die man die Mephistia nannte. Sie soll diejenige sein, die Malfuria zerstören wird. So steht es geschrieben. Sie würde das Herz der Hexenheit zum Schweigen bringen und die Welt verändern.«
»Glaubt Ihr, dass Catalina diese Mephistia ist?«
»Entweder sie. Oder ihre Mutter.«
»Warum hätte ausgerechnet Catalina das tun sollen? Wieso hätte sie den Schatten in die Hände spielen sollen?«
Makris de los Santos zuckte die Achseln. »Auch darauf weiß ich keine Antwort. Aber wenn Catalina es getan hat, dann könnte das meine Augen aus Amethyst erklären. Dann muss ich vielleicht den Preis zahlen für das, was sie vollbracht hat.«
Sie ist so wütend gewesen, als sie mich gesehen hat, dachte Jordi.
So verwirrt.
Und dann ist sie einfach fortgelaufen.
Bestimmt habe ich ihr nicht am Herzen gelegen, als sie gezeichnet hat.
Wenn sie gezeichnet hat. Aber wenn sie es getan hatte, müsste dann nicht Makris de los Santos tatsächlich diejenige gewesen sein, die ihr in dem Augenblick am nächsten gestanden hatte?
Für Jordi gab all das einen erschreckenden Sinn. Er stand auf. »Ich muss zu ihr«, sagte er mit fester Stimme.
Der Wind wehte um den Falken und Jordi fragte sich, ob er mit den Seufzerstürmen sprach.
»Aber du hast keine Ahnung, wo sie ist.« Makris schaute ihn kalt an. Ihre Augen schimmerten so lila wie Kaminos Haar.
Jordi dachte an die Worte, die El Cuento nur angedeutet hatte. »Catalina ist in Lisboa zurückgeblieben, aber sie ist nicht allein. Es ist jemand bei ihr.«
Er überlegte. El Cuento war unsicher gewesen, als Jordi ihn gefragt hatte, ob Catalina von den Schatten angegriffen worden sei. Was bedeutete das?
Jordi holte tief Luft. »Ich glaube, dass es kein Mensch ist, der Catalina begleitet.«
Makris de los Santos beugte sich vor. »Woher willst du das wissen?«
»Wenn Catalina wirklich Malfuria zerstört hat«, sagte Jordi, »dann ist sie den Schatten in die Hände gefallen. Warum sonst hätte sie den Rabensturm zerstören sollen? Warum hätte sie das Einzige, was uns noch retten konnte, in Gefahr bringen sollen?«
Kamino nickte. »Da ist was dran«, gab sie zu.
Makris de los Santos schloss die Augen. Das Funkeln der Amethyste verschwand abermals.
»Ich muss Kopernikus fragen«, sagte Jordi unvermittelt und war plötzlich ganz aufgeregt. Kopernikus hatte die Schatten in sich getragen, als Jordi ihm über den Weg gelaufen war. Er hatte am Fuße der Sagrada Família gekniet und die Schatten waren ihm wie Tränen aus den Augen geronnen; er hatte sogar mit den Schatten gesprochen, als sie Kamino im Bauch des Falken angefallen hatten.
Kopernikus’ Vergangenheit
Weitere Kostenlose Bücher