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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Äderchen traten blau hervor. »Das passiert, Jordi, wenn die Schatten von dir gehen.«
    »Seit wann sieht Eure Hand denn so aus?«, fragte Kamino besorgt. »Seid Ihr krank?«
    »Nein. Aber es wird schlimmer. Seit zwei Tagen schon. Meine Hand wird jede Minute älter.«
    »Tut es weh?«
    Kopernikus schüttelte den Kopf. »Es geschieht mit ihr, das ist alles.« Es fiel ihm sichtlich schwer, darüber zu sprechen.
    Jordi hatte Mühe, seine Ungeduld im Zaum zu halten. »Ihr müsst mir sagen, was Ihr wisst, Kopernikus«, beharrte er. »Ich bitte Euch nur um diesen einen Gefallen. Dann werde ich gehen.«
    Kopernikus zog die Augenbrauen zusammen. »Gehen? Wohin?«
    »In die Stadt der Schatten. Wenn Catalina dort ist, dann . . .«
    Er fuhr ihm ins Wort. »Bist du verrückt?« Er klang ernsthaft besorgt. »Du hast keine Ahnung, wo sie wirklich ist.«
    »Aber nur so kann es sein. Es passt alles zusammen. Sie hat Lisboa nicht verlassen – zumindest nicht auf normalem Weg. Der Wind hat es gesagt. Und ich spüre es.«
    Kopernikus lachte laut auf. »Dummes Zeug.«
    »Nein, kein dummes Zeug!«, widersprach Jordi ihm und sah dem Mann in Schwarz fest in die Augen. »Sie ist dort. Und ich werde den Weg schon finden. Mit Eurer Hilfe. Oder ohne sie.«
    Kopernikus zog ein mürrisches Gesicht. »Narr! Du willst in die Schattenstadt gehen, nur wegen eines Mädchens?«
    »Kennt Ihr einen besseren Grund?«
    Die Andeutung eines Lächelns zeigte sich im Gesicht des Mannes. Kopernikus sagte leise und herausfordernd: »Und wenn du sie gefunden hast, was wirst du dann tun?«
    Jordi zuckte die Achseln. »Das weiß ich noch nicht.«
    Kopernikus schüttelte den Kopf und wiederholte die Worte. »Er weiß es noch nicht! Meine Güte, Junge, hör dich doch an. Das hier ist kein Spiel. Wenn dein Schatten erst dort ist, dann gibt es kein Zurück mehr. Dann gehört dein Körper jemand anderem und . . .« Er stockte, rieb sich die Augen. »Du kannst nicht wieder zurückkehren. Und sie kann es auch nicht. Ihr wärt beide dort gefangen, für die Ewigkeit, wenn du so willst.«
    »Ihr wisst also, wie man dorthin kommt?«, beharrte Jordi.
    »In die Schattenstadt zu kommen«, brauste Kopernikus auf, »ist nicht das Problem. Wenn dich ein Harlekin bedroht, dann renn nicht davon. So einfach ist es. Bleib stehen, lass ihn dich berühren und du wirst dich schneller in der Stadt der Schatten wiederfinden, als dir lieb ist.«
    Jordi starrte ihn an. Der Ausbruch war so unvermittelt gekommen, dass sogar Kamino erschrocken zusammengezuckt war. »Woher wisst Ihr das alles so genau?«, fragte sie leise.
    Kopernikus betrachtete seine Hand, die alt und knochig aussah. »Das habe ich euch schon einmal erklärt. Ich war Karim Karfax, das Oberhaupt des großen Hauses von Gibraltar. Arxiduc, so nannte man mich. Das war der Titel, den meine Ahnen seit alter Zeit trugen.«
    »Ihr seid ein Karfax?« Die rauchige Stimme der Zigeunerhexe war voll der Furcht, voll abgrundtiefem Abscheu.
    »Und Ihr, wunderschöne Makris de los Santos, seid eine Hexe«, stellte Kopernikus fest.
    Unbeeindruckt von seinem dahingeworfenen Kompliment entgegnete die Zigeunerhexe: »Die fliegenden Schiffe aus Gibraltar haben all die Jahre über Hexen gejagt und getötet. Man hat unschuldige Frauen verbrannt, auf dem Scheiterhaufen, in siedendem Öl, in brennendem Teer. Ich habe es mit angesehen, als ich ein kleines Mädchen war.« Sie schnaubte. »Außerdem«, funkelte sie ihn blind an, »bin ich keine richtige Hexe. Wenn ich eine wäre, dann würdet Ihr euch jetzt wünschen, an einem anderen Ort zu sein.«
    Er musterte sie ruhig und ausdruckslos. »Alles, was Ihr sagt, entspricht der Wahrheit. Ja, ich war ein Karfax. Ich habe das große Haus befehligt und das getan, was man mir aufgetragen hat.« Er schaute den Jungen an. »Früher habe ich Hexen gejagt. Und nicht wenige sind durch meine Hand gestorben.« Seine Stimme war hart und kalt, doch dann zerbrach sie in Scherben, die überall im Raum auf den Boden fielen. »Ich kann es nicht ungeschehen machen.«
    Jordi fragte: »Seid Ihr schon einmal in der Schattenstadt gewesen?«
    Er nickte. »Ja.«
    »Wann war das?«
    »Ich bin oft dort gewesen«, sagte er mit leiser, leiser Stimme. »Die Stadt aus Nacht und Nirgendwo. So nennen sie diejenigen, die dort leben. Sie ist von einem Ort zum anderen gewandert, diese Stadt, das tut sie immer noch, und sie ist schön. Aber sie ist nicht wie die Welt, die uns umgibt. Sie ist . . .«
    »Wie?«, fauchte Makris de los

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