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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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beiden? Ganz durcheinander war Catalina, denn die Menschen in ihrem Leben schienen allesamt nicht die zu sein, die sie vorgaben zu sein.
    Sie betrachtete die anderen alten Papierfetzen, berührte sie, einen nach dem anderen. Doch keiner der Zettel gab ihr neue Bilder. Manche schenkten ihr ein Lied, andere ein Gefühl. Aber nicht einer von ihnen ließ sie so verwirrt zurück wie die gezeichnete Hand, der Sarita Soleado alles anvertraut hatte, was damals ihr Herz bedrückt hatte.
    Sie durfte nicht lieben, nicht zeichnen. So, wie Catalina die Sache sah, hatte ihre Mutter gegen jede Regel verstoßen, die ihr Nuria auferlegt hatte.
    Aber das war nicht das, was der alte Kartenmacher ihr hatte zeigen wollen.
    Oder doch?
    Sie sprach die Frage laut aus: »Sollte ich das hier finden?«
    Unruhig saß sie da. Márquez konnte nicht gewusst haben, was in diesen Zeichnungen schlummerte. Es sei denn, Sarita hätte es ihm gesagt und ihn gebeten, sie ihr zu einem späteren Zeitpunkt zu zeigen.
    Nein! Sie schüttelte den Kopf und die vielen Zöpfe wippten wild umher. Dann hätte er nicht so lange gezögert.
    Sie stand auf und lief durch die schwankende Windmühle hinüber zum Zeichentisch. Er war noch immer umgestürzt und all die Utensilien, all die Stifte und Pinsel und Gläser mit schwarzer und bunter Tusche und Tinte lagen auf dem Boden verstreut.
    Sie müsste sich nur hinknien, die Sachen aufheben und schon würde sie wieder zeichnen können.
    Sie dachte an das letzte Mal, als sie es getan hatte.
    »Bist du dort gewesen, als ich Malfuria zerstört habe?« Sie drehte sich zu dem Sphinx um, der ihr auf Schritt und Tritt folgte.
    Miércoles nickte. »Ich stand auf einem Balkon und überlegte, ob ich in die Stadt hinunterfliegen sollte. Als sich der Sturm aus Rabenfedern mit einem Mal auflöste, da musste ich nur die Schwingen ausbreiten und nach unten gleiten.«
    »Was ist mit La Gataza geschehen?«
    Er sah sie ratlos an. »Ich weiß es nicht.«
    Catalina hatte Malfuria so gezeichnet, wie er zugrunde gegangen war. Mit zackigen Strichen hatte sie ihn zerschnitten und in eine Wolke aus Federn verwandelt.
    Wann immer sie einen Stift in der Hand hielt, würde sie Veränderungen wie diese herbeiführen können. Dinge, die widernatürlich waren. Das war es, was die Schatten herbeisehnten. Jemanden, der ihre Welt für sie verändern würde.
    Sarita hatte es ihr gesagt. Und später dann Agata la Gataza.
    Sie bückte sich. »Ich kann es auch von hier aus tun«, murmelte sie. »Das ist es, was Arcadio Márquez mir sagen wollte! Ich kann es tun, selbst hier in der Schattenstadt.«
    Die Windmühle schaukelte unsanft.
    »Aber was?«, fragte Miércoles. »Was genau sollst du tun?«
    »Keine Ahnung.« Dann musste sie lächeln. »Ein neues Rätsel.«
    Aber so, dachte sie, könnte es immerhin gewesen sein. Alles, was sie zum Zeichnen benötigte, befand sich in der Schattenstadt. Konnte es das sein, was ihr der alte Márquez hatte mitteilen wollen?
    Eine plötzliche Erschütterung riss sie von den Füßen. Die Becher und Teller, die noch nicht am Boden lagen, fielen aus den Regalen. Die Stifte rollten über den Tisch und die Tintengläser klimperten.
    »Was, in aller Welt«, keuchte Catalina, »ist passiert?«
    Miércoles sprang zum Fenster und schaute nach unten. »Hoppla«, sagte er und grinste, als er sich zu Catalina umdrehte. »Da ist jemand gekommen, um mit uns Rätsel zu lösen.«
    Catalina löste sich von ihren Farben und Stiften und lief zu dem Sphinx, der aufgeregt mit den Flügeln schlug.
    Sie starrte nach draußen, wo sich ein Gebäude mit spitzen Türmchen gleich neben der Windmühle breitgemacht hatte.
    »Du hast recht«, flüsterte sie. »Das Haus der Nadeln! Die Bibliothek! Firnis ist hier!«

Moskitoflieger
    Niemand an Bord des Falken war in der Lage, die Anzahl der Fluggeräte zu schätzen, die auf sie zukamen.
    »Was, in aller Welt, ist das nur?« Kamino schien sich jetzt erst bewusst zu werden, dass sie Jordis Hand ergriffen hatte. Dicht neben ihm stand sie und Jordi stellte fest, dass ihr Haar nach einer Mischung aus Motorenöl und Minze duftete.
    Kamino löste sich von ihm und trat näher ans Fenster.
    »Sie sind auf der Flucht«, sagte Kopernikus.
    Jordi kniff die Augen zusammen und betrachtete die Fluggeräte, die auf Kollisionskurs mit dem Falken waren.
    Es gab spindeldürre Flieger, die wie langhalsige Vögel aussahen, und solche, die wie Zelte geformt waren, die durch die Lüfte flatterten. Da waren Teppiche, geknüpft aus

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