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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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neuen Bücher, aber sie leben. Wie alles, was einmal geschrieben wurde.« Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht bin ich einfach zu alt dazu, ein neues Leben als Schatten zu beginnen. Und die Bücher hier«, er hustete, »nun ja, die meisten sind noch viel, viel älter, als ich es je werden kann.« Er bedeutete dem Mädchen, ihm zu folgen. »Aber ich will nicht klagen«, sagte er. »Wir sollten keine Zeit verlieren. Komm, komm!« Er tastete sich langsam vorwärts und Catalina fragte sich, ob er überhaupt noch etwas zu sehen vermochte.
    »Hat Márquez Ihnen gesagt, weshalb wir hier sind?« Sie traute sich nicht, ihn nach seinem Augenlicht zu fragen. Sie wollte einfach nicht, dass er ihr auf diese Frage antworten müsste.
    Firnis nickte, langsam und krumm gebeugt. »Einiges hat er erzählt. Nicht alles habe ich verstanden.« Er lächelte das Lächeln des hohen Alters. »Aber vieles, Mädchen, schon. Und ich dachte, dass ich ihm zuvorkomme. Zu warten, bis du den Weg zum Haus der Nadeln gefunden hast, erschien mir etwas . . .«, er suchte nach einem geeigneten Wort, ». . . zeitraubend zu sein.« Er trat ganz nah an sie heran und betrachtete sie blinzelnd mit seinen Buchstabenaugen. »Du bist müde, Mädchen, ja, unendlich müde. Hast viel durchmachen müssen, nicht wahr?« Sie wollte gerade etwas erwidern, als er auch schon fortfuhr: »Es ist gefährlich, sich in der Stadt zu bewegen. Das kommt noch hinzu. Und deswegen habe ich die Bibliothek gebeten, zu dir zu gehen. Deswegen und . . .«, erneut hustete er, ». . . und weil mir die Zeit davonläuft.«
    »Können wir Ihnen helfen?«, fragte Miércoles.
    Firnis schaute in seine Richtung. »Ah, ein Sphinx.«
    Miércoles wirkte überrascht. »Woher kennt Ihr Sphinxe?«
    Der alte Mann lächelte. »Ich bin viel herumgekommen in der Welt. Ich habe Sphinxe gesehen, ja, das habe ich. Vor langer Zeit ist das gewesen.« Er spuckte einige Buchstaben aus. »Aber ihr seid nicht hergekommen, um etwas über Sphinxe zu erfahren.«
    »Wir haben Rätsel mitgebracht«, sagte Miércoles.
    Firnis lächelte. »Nichts anderes hätte ich von einem Sphinx erwartet.« Er bedachte Catalina mit einem gütigen, freundlichen Blick. »Und von einem Mädchen, das einen Sphinx begleitet.«
    »Wie lange seid Ihr schon hier?«
    »Erst seit wenigen Tagen«, murmelte Firnis.« Catalina bemerkte die Risse auf seiner Haut und die Flecken in seinen einst so hellen Augen. »Das Haus der Nadeln hat mich begleitet. Es wurde zerstört, ja, daran erinnere ich mich noch. Aber dann ist alles dunkel geworden. Als ich die Augen geöffnet habe, bin ich hier gewesen.«
    Catalina sagte ihm, was geschehen war. Sie war es ihm schuldig. »Es tut mir so leid.« Sie wünschte, sie hätte bessere Worte gefunden, Worte, die nicht so abgegriffen klangen.
    Doch Firnis reagierte anders, als sie erwartet hatte. »Hm«, grummelte er, »das wirft in der Tat ein neues Licht auf die Dinge.«
    »Auf welche Dinge?«, fragte sie verblüfft.
    Firnis klatschte in die Hände und ein runder Tisch auf vier Beinen betrat den Raum. Ein offenes Buch lag auf ihm. Abermals schlug er die Hände zusammen und ein Stuhl schälte sich aus den Schatten. Der alte Wortdeuter ließ sich darauf nieder. »Auf die Dinge, die du erfahren willst.« Er hustete erneut. »Deswegen bist du doch in die Stadt der Schatten gekommen, nicht wahr? Deswegen kamen schon oft Menschen hierher. Verzweifelte, die finden wollten, was sie verloren hatten. Doch niemand, der je hier war, ist zurückgekehrt.«
    Catalina fragte sich, wovon er sprach. Und dachte daran, dass Sarita sehr wohl von hier zurückgekehrt war. Sie selbst hatte es aufgeschrieben.
    Firnis sah sie an. »Was willst du erfahren?«
    Catalina berichtete ihm kurz und knapp von der Legende der Mephistia, von Malfuria und den Kartenmacherinnen. Und von allem anderen auch.
    Firnis war ein besonnener Zuhörer. »Das muss man sein, wenn man mit alten Büchern zu tun hat«, sagte er, als Catalina sich schließlich für seine Geduld bedankte.
    »Márquez hat mich in diese Stadt gebracht, weil er mir etwas mitteilen wollte.« Sie spürte den Zeichenstiftstummel in ihrer Tasche. Sie musste in Erfahrung bringen, was es mit all dem auf sich hatte. Was es war, das sie tun konnte.
    »Wisst Ihr etwas über diese Stadt?« Alles, das war klar, hatte mit der Stadt aus Nacht und Nirgendwo zu tun. Irgendwo hier lag der Schlüssel verborgen.
    »Die Bücher, die mir gefolgt sind«, sagte er, »zerfallen immer mehr.« Firnis betrachtete

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