Die Koenigin der Wolle
spezielle Effekte mit Farbverlauf oder Tweedoptik. Brauchst du noch mehr Gründe?”
„Nein.” Alexander hatte ihr schweigend zugehört. „Nimmst du es mir sehr übel, wenn ich dir sage, dass mich deine Aufzählung erregt hat? Wäre ich nicht so verdammt höflich, hätte ich dich spätestens bei dem Faden, der durch die Finger gleitet, hier auf dem Küchentisch flachlegen müssen.” Er versuchte, das Ziehen in seinen Lenden zu ignorieren. Sie würde ihn für übergeschnappt halten und denken, er hätte Pillen mit Depotwirkung geschluckt.
Rose lehnte sich zurück und schaute ihn ein paar Sekunden lang an, ohne etwas zu sagen. Sie hatte noch nie erlebt, dass eine Abhandlung über Wolle einen Mann scharfgemacht hatte.
Weil du aber so gut erzogen bist und außerdem der Mob in Inverness auf dich wartet, hast du allen Grund, dich auf deinen nächsten Besuch hier zu freuen. Dann werde ich dir erklären, wie das ist, wenn man den Faden ganz langsam durch seine Finger gleiten lässt.” Dabei ließ sie demonstrativ das Bindeband ihrer Leinenhose durch Daumen und Zeigefinger rutschen.
„Würdest du bitte damit aufhören?”, bat Alexander gequält. Er senkte den Kopf und schloss seine Augen. „Sonst bekommen die Leute am Bahnhof heute noch eine Darbietung in Sachen Dauererektion.”
„Paganini soll das auch gehabt haben, und die Welt spricht immer noch von seinem Genie. Scheint also nicht so schlimm zu sein”, erwiderte Rose trocken. Hätte sie zugegeben, wie sehr seine Erregung sie anmachte, hätte er tatsächlich seinen Zug verpasst. Doch stattdessen verabschiedete sie sich kurz darauf mit einem leidenschaftlichen Kuss im Hausflur von ihrem neuen Geliebten.
„Und pass’ auf, dass du mit deiner Dauererektion heute Abend beim Aufstehen nicht das Lesepult umstößt”, mahnte sie Alex belustigt, als er sich gerade zum Gehen wenden wollte.
Rosalinds Nachbarin, die in diesem Moment aus ihrer Wohnungstür getreten war, warf einen erschrockenen Blick auf den Autor. Sterlings Wangen röteten sich, als sich ihre Augen verstohlen auf seine Körpermitte richteten und seine Physis kontrollierten. Mit einem Kopfschütteln lief er eilig die Treppe hinab. Rosalind schloss unterdessen schnell die Tür zu ihrer Wohnung hinter sich, bevor sie laut loslachte.
***
„Hat sich die Nacht für dich gelohnt?” empfing Janice Rosalind ein paar Minuten später im Geschäft. „Oder haben den alten Mann seine Kräfte schon vor dem Startschuss verlassen?”
Rose schüttelte ihren Kopf und zog die Stirn kraus. „Du bist wirklich unmöglich! Nicht, dass es dich etwas anginge, aber er hat locker zwei Runden durchgehalten und hatte große Lust auf eine dritte, musste aber leider zum Bahnhof.”
„Viagra?”
„Ich denke nicht. Wir waren die ganze Zeit über zusammen, und ich habe ihn keinen Moment aus den Augen gelassen. Und überhaupt - wirken die Dinger denn die ganze Nacht durch?” Rosalind grübelte.
Janice zuckte mit den Schultern. Sie fand es lustig, wie leicht sie ihre Freundin zum Zweifeln bringen konnte.
„Keine Ahnung. Falls es dich beruhigt - ich kann mir nicht vorstellen, dass diese komischen Pillen über Stunden mit voller Kraft funktionieren. Gratulation zu einem der wenigen männlichen Exemplare über fünfzig, für die die Nahrungsaufnahme nicht die Libido ersetzt. Wann wird er dich denn wieder beglücken?”
„Nur kein Neid”, entgegnete Rose mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Er ist noch bis nächste Woche auf Lesereise. Danach erwarte ich ihn und seine Manneskraft zurück.”
Die erste Kundin des Tages hielt Janice von einer unflätigen Bemerkung ab.
Den ganzen Tag lang herrschte ständiges Kommen und Gehen in Rosalind Fieldings Laden. Für sie und Janice war es einer dieser Tage, an denen sie erst nach Ladenschluss wieder zur Besinnung kamen. Ständig hatten ihre Kundinnen Sonderwünsche oder Fragen, deren Beantwortung viel Zeit in Anspruch nahm. Am Nachmittag platzte eine Wolllieferung mitten in Rosalinds Versuch eines Schlichtungsgespräches zwischen drei zänkischen Freundinnen, die offenbar unbedingt Publikum für ihre Auseinandersetzung brauchten.
„Das nächste Mal bekommen die drei Furien Hausverbot”, raunte Janice garstig, während die Frauen endlich den Laden verließen.
***
Rosalind hatte sich gerade todmüde in ihr Bett fallen lassen, als das Telefon klingelte.
„Fielding”, meldete sie sich ohne großen Elan.
„Guten Abend, Rosalind. Du klingst nicht sonderlich
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