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Die Koenigin der Wolle

Die Koenigin der Wolle

Titel: Die Koenigin der Wolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Nitzsche
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unangenehme Begleiterscheinung.
           „Ich wüsste nicht, wer das sein sollte.” Das letzte Wort hatte kaum seine Lippen verlassen, da fiel ihm doch ein Name ein. Aber das konnte nicht sein. Nie im Leben. Oder etwa doch? Dem Rest des Gesprächs konnte er nicht mit voller Aufmerksamkeit folgen, denn er verspürte plötzlich das dringende Bedürfnis, ein Telefonat zu führen.
     
    ***
     
    „Lydia, warst du das?”
    „War ich was?” fragte sie in aller Unschuld zurück. Sie kannte diesen Tonfall. Alexander bekam ihn immer dann, wenn er kurz davor war, zu explodieren. Seine Wut verlieh seiner tiefen Stimme eine Kälte, die sie zusammenfahren ließ.
    „Hast du sämtliche Klatschblätter der Stadt angerufen, um diese Schmeißfliegen zu Rosalinds Geschäft zu locken?”
    Schweigen am anderen Ende. Lydia Goodfellow überlegte sich ihre Taktik.
    „Hast du das getan, Lydia?” Seine Stimme klang wie Salzsäure in hoher Konzentration. Würde sie falsch antworten, würde die Auslöschung von Sodom und Gomorrha dagegen wie ein Picknick im Grünen wirken.
    „Wovon redest du, Alex? Welche Klatschblätter? Und was hat das mit dem Laden deiner Freundin zu tun?” Sie klang völlig ahnungslos.
    „Ich rede davon, dass seit Montagmorgen eine Horde von Reportern und Fotografen vor Rosalinds Laden steht, um ihren Dreck über den berühmten Autor und seine heiße Affäre zu verbreiten! Erzähl’ mir nicht, dass du davon nichts mitbekommen hast!” Als er ihr die Worte entgegenschleuderte, fiel ihm auf, wie merkwürdig es war, dass seine Agentin ausgerechnet in dieser Situation so mucksmäuschenstill gewesen war.
    „Um Gottes Willen! Nein, davon habe ich nichts mitbekommen. Du weißt genau, dass ich solchen Schund nicht lese. Die arme Miss Fielding! Wie viele sind es denn?”
    Alex seufzte schwer. „Mindestens zehn. Man kann das Haus kaum noch verlassen. Du warst das also wirklich nicht?”
    Sein Verdacht bröckelte. Sehr gut. „Du beleidigst mich, Alexander! Ich arbeite für und nicht gegen dich. Soll ich eine Pressemitteilung ‘rausgeben?”
    „Ich weiß. Entschuldige. Nein, keine Pressemitteilung. Die haben sich in den letzten zwanzig Jahren nicht für mich interessiert, da kann das hier nicht sehr lang anhalten. Wir werden schon damit klarkommen. Bye.”
     
    ***
     
    Er hatte abgekämpft geklungen, ihr armer Alexander. Aber es geschah alles nur zu seinem Besten. Lydia hoffte, seinen Argwohn zerstreut zu haben. Falls nicht, wäre sie trotzdem über jeden Zweifel erhaben. Sie hatte in den vergangenen Jahrzehnten genügend Krimis gelesen, um zu wissen, dass nicht nur die Polizei, sondern auch die Presse Telefonate zurückverfolgen konnte. Letzteres hatten zudem Rupert Murdochs Mitarbeiter geradezu eindrucksvoll bewiesen. Würde man das also im Falle ihres anonymen Anrufes tun, würde man nichts als die Nummer einer Telefonzelle im Londoner East End, einem Stadtteil, mit dem sie persönlich rein gar nichts zu tun hatte, herausfinden. Und die behandschuhte Person mit Sonnenbrille, die von dort aus mehrere Telefonate geführt hatte, dürfte sich schwerlich als Lydia Goodfellow identifizieren lassen, nicht einmal mit den allgegenwärtigen CCTV-Kameras. Erst recht nicht von einem Pack Amateurdetektive. Sie war hochzufrieden mit sich. Ihr Plan ging ganz wunderbar auf. Der Samen der Zwietracht war gesät; nun musste er nur noch wachsen und gedeihen.
     
    ***
     
    Etwas in Lydias Stimme hatte Alexander ganz und gar nicht überzeugt. Sie war eine miserable Schauspielerin. Andererseits hatte sie Recht: Sie arbeitete für ihn und nicht gegen ihn. Weshalb sollte sie ihm die Yellow Press auf den Hals hetzen? Publicity? Hatte er durch sein Buch im Moment mehr als genug. Kriminelle Energie? Traute er ihr nicht wirklich zu. Dass sie ihm das angetan haben sollte, ergab also nicht wirklich viel Sinn, beruhigte er sich und seine Zweifel.
     
    „Weißt du was? Angriff ist die beste Verteidigung. In den kommenden Wochen vor Weihnachten finden etliche Wohltätigkeitsveranstaltungen statt, zu denen ich eingeladen bin. Eigentlich wollte ich nicht hingehen, aber so, wie die Dinge liegen... Vielleicht sollten wir gerade deswegen gemeinsam dort aufkreuzen.”
    Rosalind antwortete nicht sofort. Sie versuchte, ihre Sinne zusammenzunehmen. Es war sehr spät am Abend, und sie hatte sich gerade eben ihre Entschädigung dafür abgeholt, das Haus nicht mehr ungesehen verlassen zu können. Müde und zumindest teilweise entspannt lag sie auf

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