Die Koenigin der Wolle
amüsiert. „Du bringst die Kleine hier noch zum Heulen. Sie ist eh’ so nahe am Wasser gebaut. Im Prinzip gab es da nicht viel zu vergeben. Man muss die ganze Sache praktisch betrachten. Alexander macht mich glücklich, wenn er bei mir ist. Dass er stiften gegangen ist, war ein Fehler, okay. Aber er ist dank Janice wieder da und hat gemerkt, dass sich zwischen uns nicht wirklich viel verändert hat. Ende der Geschichte. Wenn er nicht noch mal so blöd ist, wird er hier noch erleben, wie ich ihn altersmäßig einhole.” Sie grinste ihn und ihre Schwester an.
Offenbar hatte Rose sich in den vergangenen Monaten ein dickeres Fell zugelegt und war pragmatischer geworden, kam Alexander in den Sinn. Früher hatten ihre Liebeserklärungen weniger sachlich geklungen. Nichtsdestotrotz - es war eine Liebeserklärung und das allein zählte.
***
Rosalind staunte nicht schlecht, als ihre Mutter am Nachmittag in den Laden kam, sich mit Unschuldsmiene nach ihrem Befinden erkundigte und es sich in einem der Sessel gemütlich machte.
„Danke, Mum. Mir geht es sehr gut - sieht man doch.” Rose fragte sich, was ihre Mutter im Schilde führte. Sie kannte diesen engelsgleichen Tonfall in ihrer Stimme und wusste, dass das folgende Gespräch keines über Bindfäden sein würde.
„Das freut mich, meine Kleine. Weißt du immer noch nicht, wen genau du da mit dir herumträgst?”
„Nein, Mum. Dein Enkelkind macht es spannend bis zum Schluss.” Sie zählte innerlich mit. Einundzwanzig. Zweiundzwanzig. Dreiundzwanzig. Mrs Fieldings nächste Frage kam zuverlässig aufs Stichwort.
„Desi war zum Mittagessen bei uns”, begann die ältere Frau im Plauderton.
Aha, daher wehte der Wind! Rosalind wusste, dass ihre kleine Schwester nichts für sich behalten konnte.
„Sie hat mir eine ziemlich merkwürdige Frage gestellt, als dein Dad seinen Verdauungsspaziergang unternommen hat. Sie wollte wissen, ob es normal ist, wenn eine schwangere Frau kurz vor der Geburt noch ganz wild auf Sex ist. Ich kann mir darauf keinen Reim machen. Weißt du, weshalb deine Schwester sowas fragt?” Ihre letzte Frage hatte betont ahnungslos geklungen.
Rose seufzte. So leicht wollte sie die Neugier ihrer Mutter nicht befriedigen, also ging sie zu einem kleinen Gegenangriff über. Wenn sie schon bei den heiklen Themen angelangt waren, dann aber bitte richtig.
„Und? Was hast du Desi auf diese Frage geantwortet?”
Maeve Fielding grinste verstohlen. „Ich habe ihr geantwortet, dass das nicht völlig unnormal ist und wahrscheinlich in der Familie liegt. Mir ging das bei der Schwangerschaft mit dir genauso. Und danach erst! Mein Gott, das waren noch Zeiten! Dein Dad und ich hatten Glück, dass das Haus so groß ist und die Jungs ihre Zimmer unterm Dach hatten. Ich habe Desi gesagt, dass sie wohl aus genau diesem Grund auf der Welt ist. Eigentlich hatten wir mit einer Tochter nach den ganzen Jungens schon unser Soll erfüllt.”
„Du meine Güte! Desi muss aus allen Wolken gefallen sein!”, lachte Rosalind. „Ausgerechnet das Nesthäkchen ein Zufallskind. Ich wette, darüber kommt sie so schnell nicht weg.”
„Ich fürchte auch, ich war etwas zu ehrlich. Aber sag’ du mir, wie sie darauf kommt. Hast du etwa jetzt noch einen neuen Freund gefunden? Hoffentlich keiner von diesen Perversen, die nur auf sowas Spezielles stehen.”
„Mum!” Rose riss die Augen auf und schüttelte den Kopf. Ihre Mutter hatte eine Vorliebe für diese Worst-Case-Szenarien. „Es ist kein neuer Freund, sondern ein alter. Alex ist wieder da.”
„Wie? Der treulose Schreiberling ist zurück? Seit wann?”
„Schon eine ganze Weile, aber ich habe ihn zappeln lassen. So schnell rennt er nicht wieder weg, glaube ich. Du solltest ihn sehen - der Stolz springt ihm fast aus dem Gesicht. Und ja, Desi liegt vollkommen richtig. Ich bin immer noch verrückt nach ihm.”
„Na, das sind ja mal Neuigkeiten”, staunte Mrs Fielding. „Dein Dad hat sich ja immer gewünscht, dass er wieder herkommt und für sein Kind da ist. Wo ist er denn jetzt gerade?”
„Oben. Arbeitet an einem neuen Buch. Liebesroman.” Sie keuchte unvermittelt auf. „Wenn ihr’s mit euerem ersten Enkelkind gut meint, schenkt ihr dem Knirps Fußballschuhe. Dieses Kind hat einen Schlag am Leib!”
„Ha, Duncan war genauso. Und sieh’ dir an, wie lammfromm und sanftmütig er jetzt ist.” Maeve Fielding lachte. Diese besondere Erinnerung an ihren Ältesten war in all den Jahren nicht
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