Die Koenigin der Wolle
like Rosalind. Sie sind eine sehr außergewöhnliche Frau, Miss Rosalind Fielding. Es war mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen.”
„Und ich dachte schon, Sie wären der eine Mensch, der den Spruch nicht bringt, wenn er meinen Namen hört.” Sie lächelte schwach. „Sie sind ein ebenso außergewöhnlicher Mensch, Mr Alexander Sterling. Sie haben diesen Aufenthalt zu etwas Besonderem für mich gemacht.”
Beide tauschten ein verstohlenes Lächeln, dann küsste Alexander Rosalind zum Abschied noch einmal beinahe unerträglich zart auf den Mund.
Dieses eine Mal blieb sie stumm, stand nur da und schluckte hart. Er hatte sich schon umgedreht, da rief sie ihm ein Dankeschön hinterher.
„Und denken Sie an die Frauen!” waren die letzten Worte, die Alexander noch verstand, als er von den anderen Passagieren fortgeschoben und gedrängt wurde.
Gelandet
Keiner von beiden wäre auch nur im Traum darauf gekommen, den anderen nach einer Adresse oder Telefonnummer zu fragen. Die Begegnung war ein einmaliges Erlebnis, ein Ausnahmefall. Nichts für die Ewigkeit. Bei seiner Ankunft in London hielt Alexander dennoch Ausschau nach dem markanten Rotschopf, konnte dessen Besitzerin aber nicht in der Menge entdecken. Er würde also die Erinnerung und das Foto gut aufbewahren müssen. Eine zweite Chance war ihm ganz offensichtlich nicht vergönnt.
Sofort nachdem er seinen Platz im Flugzeug eingenommen hatte, hatte Alexander Sterling begonnen, die Änderungen an seinem Buch schriftlich festzuhalten. All die Stichworte, Sätze, Szenen, die ihm eingefallen waren, mussten schnellstens ihren Weg in sein Manuskript finden. Bei Lydia ließ er sich nur einmal kurz nach seiner Ankunft blicken, danach schloss er sich in seinem Arbeitszimmer ein.
Ein Anruf seiner Agentin lockte ihn erst eine Woche später wieder in ihr Büro.
„Das da kam gestern in einem Briefumschlag hier an. Kein Absender. Das kann doch wohl nur ein übler Scherz sein!” Lydia war wieder einmal außer sich.
Alexander erkannte die Socke sofort. Er nahm sie von Lydias Schreibtisch und las die Notiz, die dabeilag. ‘Seien Sie nett zu ihm, Alexander. Sein Kumpel wartet schon auf seine Ankunft.’ Er lächelte das Kleidungsstück liebevoll an und strich sachte über die weiche Wolle.
„Alex, kannst du mir bitte erklären, was es mit diesem... diesem... diesem Ding auf sich hat?”
„Das steht doch auf dem Zettel, Lydia. Ich hatte bisher nur einen. Der andere war noch nicht fertig.” Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. „Danke Lydia. Bye.” Damit verließ er das Büro.
Lydia hatte die Wärme in Alexanders Blick wahrgenommen, konnte sie aber nicht deuten. Irgendwas musste in Frankreich vorgefallen sein. Und es musste mit einer Frau zu tun haben.
Um seine Erinnerung lebendig zu halten, bewahrte Alexander das Sockenpaar neben seinem Laptop auf seinem Schreibtisch auf. Immer, wenn sein Blick auf die graue Wolle fiel, schlich ein melancholisches Lächeln über sein Gesicht. Je länger die Begegnung mit Rosalind Fielding zurücklag, desto mehr vermisste er sie. Normalerweise verblasste die Erinnerung an flüchtige Bekanntschaften recht schnell, in diesem Fall wurde sie intensiver und begann zu schmerzen. Beim Gedanken an ihren Kuss wurde sein Mund immer noch trocken.
Als Entschädigung für sein eigenes Leid erfand er für seinen Romanhelden Basil St. John eine elegante Dame, die dem Detektiv nach allen Regeln der Kunst den Kopf verdrehte. Ihr Aussehen würde jeden halbwegs denkenden Leser an Rita Hayworth erinnern. Ihre Kurven würden die Fantasien der männlichen Fans anregen, die Wortgefechte die der weiblichen und die erotischen Begegnungen wahrscheinlich die Vorstellungskraft beider Geschlechter.
***
Nach ihrer Rückkehr verlor Rosalind Fielding keine Zeit. Sie ließ ihre Reisetasche fallen, streifte ihre Schuhe von den Füßen und schaltete ihren Laptop an. Die ungelesenen Mails ignorierte sie, die konnten warten. Stattdessen ergab die Suche nach Alexander Sterling innerhalb weniger Sekunden abertausende von Treffern, angefangen bei Buchbesprechungen und endend mit Diskussionen über seine sexuelle Ausrichtung. Diesen Punkt ignorierte sie genau wie die Mails. An seiner Vorliebe für Frauen hegte sie keinerlei Zweifel. Interessant war der Eintrag, den ein Online-Lexikon über Sterling ausspuckte. Gleich die erste Zeile ließ Rose stutzen. Das Geburtsdatum konnte unmöglich stimmen. Sie suchte eine weitere Seite, die
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