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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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Grinsen gezeigt, die beiläufige Überheblichkeit schon eine Spur aufgeweicht an den Mundwinkeln, als ob die einfach so freundlich sein wollten.
    Hilfreich sind in jedem Fall gereimte Zeilen, Zweizeiler, die wiederholen sich in mir ohne mein Zutun bis zum Erbrechen, vor allem, wenn mir die zweite Zeile fehlt: four walls around me , auch wenn es nur drei sind, die Lifthalle ist dreiseitig und spiegelt die Geometrie der Außenhaut wieder, oder: es war in me i nes Lebensweges Mitte . Mitte? Damals müsste ich sechsundzwanzig gewesen sein, ja, sechsundzwanzig, wenn man die Lifthallenzeit dort ansetzen möchte, wo das Duncan-Kapitel seinen Anfang nahm.
    Zwei Wochen später hatte Mr. Duncan mich gebeten, ihn nach oben zu begleiten, und mir dabei erklärt, dass der Lift, einmal auf den 68. Stock eingestellt, unterwegs nicht mehr anhält. Und Peter spricht nicht mehr mit mir, als ob er das je getan hätte.

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    Aber auch diese Möglichkeit habe ich hinter mir gelassen. Ich muss völlig unkonzentriert sein, solch unergiebigen Spekulationen über unausgeführte Vergangenheitsvarianten nachzuhängen. In Wirklichkeit müssen wir nur bedenken, wie weit wir es gebracht haben. Und dass die Sache nur dafür steht, wenn wir bereit sind, das Erreichte zu verteidigen (und irgendwie ist ein Bild von mir in Umlauf geraten, am Abend aufgenommen, wenn die Scheiben nur von außen einsichtig sind; ich liege neben dem Gästedoppelbett auf dem Boden, in der Hand etwas Glänzendes, das ich neugierig betrachte). Ich lege meine Lippen an Alexanders Ohr und flüstere zärtlich und beharrlich, dass wir was erreicht haben und dass es gilt, das Erreichte zu genießen. Er seufzt und rollt zur Seite. Die Haut des Innenohrs ist dünn und empfindlich, was dem Informationsaustausch sicherlich entgegenkommt. Immer mehr empfindliche Hautstellen kann ich entdecken, wenn ich genau hinsehe.
    Man spürt das Arbeiten der Pumpe. Die Pumpe ist eigentlich dazu da, im Bedarfsfall Löschwasser für den Turm aus dem See zu fördern, doch wenn der Druck aus der Kanalisation zu groß wird, kann sie auch in umgekehrter Richtung tätig werden. Ich habe den See im Blick, dabei könnte man beinahe übersehen, dass das neue Gebäude an der Flussmündung wächst. Die Stadt rückt auf, sobald man ihr den Rücken zukehrt.
    Ann und Alexander. Sie lächeln einander an, als könne nichts ihr Einvernehmen trüben. Dass ich nicht früher dran gedacht habe: sie könnte mich ersetzen, ein zweites Mal, weiß ich doch: Ehefrauen und Funktionsträger. Ersetzen. Vielleicht hat sie es von Anfang an getan. Sie lächelt herzergreifend und lässt die Zähne leuchten. Sie freue sich so sehr, ihn bei sich zu haben. Sie rotiert auf ihrem Präsentationsstuhl, um nach einem Papierstapel zu greifen, der Turm wird eingeblendet, und einen Moment lag denke ich daran, dass die Schaltung live sein könnte und das Bild mich samt der Wohnung beinhalte. Dass er nicht einmal bedenkt, dass ich ihn ebenso fallen lassen könnte.
    Was er zu den Klagen gegen die Gebäudeverwaltung sagen wolle, Ann klopft auf das Papier, während das Deckblatt gezeigt wird, die Schlüsselbegriffe rausgezoomt: Schadenersatz, Wertverlust. Und er antwortet programmgemäß, er werde sich selbstverständlich alle Schritte vorbehalten, der Tod der beiden Verdächtigen war natürlich ein Unglück für die Menschen, die dort wohnten und hätte auf alle Fälle vom Sicherheitsdienst verhindert werden müssen. Da gäbe es welche, die sagten, sagte Ann, sein Name tauche interessanterweise sehr häufig im Umfeld der Morde auf. Warum das so sei? Der Sicherheitsdienst sei Aufgabe des Managements des Condominiums, entgegnet er. Sie lächelt, nein, Alexander, sagt sie vertraulich, sie sprächen von seiner Verantwortung, und Alexanders Gesicht wird dünnhäutig, bevor er antwortet, der Haut geht die Luft aus, sie zieht sich an die Knochen zurück und zeigt scharfe Kanten, nur ein bisschen, doch die jugendliche Weichheit, die ich an ihm kenne, hat sich verflüchtigt. Sicher, sagt er, man habe der Polizei vertraut und alle Daten, wie sie, Ann, sicher wisse, laut den Aufgaben der Informationspflicht, er kommt ins Stocken, er betrachtet sie verwirrt, und ich muss sagen, wenn das ein Bild gemeinsamer Sache ist, dann spielen die beiden gut. Besser, als ich das für möglich halte. Ich lache fast, denn diese Sorge ist unbegründet, die Sorge nämlich, dass er mich ersetzen könnte wie ich Duncan. Basil Duncan, sagt sie gerade. Ich lächle ihn an: die

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