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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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nicht lache. (Die Spur eines gemeinsamen Lachens blitzt auf.) Du wirst auf professionelle Hilfe zurückgreifen müssen, sage ich, und die Frage ist, was du damit gewinnst. Für jeden eliminierten Mitwisser (Mitwisserin, ich vergesse mich) hast du zwei neue. Der Tatsache wirst du ins Auge sehen müssen.
    Jetzt bist du König, sage ich. Dieser goldene Glanz in deinen Augen ist einzigartig. Alexander lacht. Ich bin es nämlich, die diesen Begriff dauernd zur Verfügung stellt: König. Und ich Königin. Königsgefährtin ohne eigenen Herrschaftsbereich, genaugenommen, Herrin über Spinnenkadaver und Bekleidungsordnungen. Ich könnte mich in ein Resort für abgelegte Ehefrauen der Oberklasse zurückziehen. In Florida zum Beispiel, meerseitig. Was hilft mir all die Entschlossenheit, wenn das alles ist, was für mich dabei herausspringt. Das sage ich nicht, ich frage, was uns all das Erreichte helfe, wenn wir nicht stehenbleiben können und uns umsehen und zufrieden sein. Jetzt zählt: das Erreichte. Er nickt bedächtig, als wolle er mir nach reiflicher Überlegung recht geben.

43
    Dann sehe ich Jeremias. Er macht sich gut im Studio, die bedächtig übereinander gelegten Hände, die Körpersprache überzeugen. Was er zur Sicherheitslage im Turm zu sagen habe, wird er gefragt (von Ann? Ich kann es nicht erkennen). Er müsse doch Erfahrung haben. In all seinen Jahren dort, sagt er, nie ein einziges Vorkommnis, und jetzt wischt er sich tatsächlich Tränen ab, und Peter einer der besten und verlässlichsten Mitarbeiter, die er je gehabt habe. Er habe nicht nur einen Freund durch einen grausamen Mord verloren, sondern auch erleben müssen, wie dessen Andenken in den Schmutz gezogen werde. Und deswegen werde er nicht aufhören, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Das sei das Wenigste, was er dem Freund schulde, sagt er mit einheimischem Pathos, und das Klägerkonsortium sei außerordentlich interessiert an seiner Erfahrung.
    Jeremias, denke ich, hätte mich einladen können zum Abendessen in einem anderen Leben. Mich und Peter.
    Er hätte mir das beiläufig zurufen können, als mich die Müdigkeit vom Lifthallenstehen so im Würgegriff hatte, dass ich schon dachte, ich hätte endlich gelernt, im Stehen einzuschlafen. Ich denke, mir fehlen ein paar Minuten zwischen 7:40 und 7:58, verschollen im bleiernen Kunstlicht zwischen der Frau mit dem Kind (52. Stock), dem einzigen Kind im ganzen Turm, soweit ich mich erinnern kann und einem schüchternen Halbwüchsigen aus dem 35sten. Die Mutter mit dem Kind schreckt auf, als würde ich sie aus einem Selbstgespräch reißen, grüßt zurück und sagt dann schnell etwas zu dem Kind, einem Mädchen im Kindergartenalter. Kindergarten, was sage ich, als ob man hier ein solches Kind einer so bedenklichen Umwelt wie der eines turmfremden Kindergartens aussetzen würde. Die Kinderbetreuungseinrichtung ist selbstverständlich im Turm integriert, wie alles andere auch, das die Turminsassen brauchen könnten. Das Mädchen lässt die Hand aus der der Erwachsenen rutschen, um die Rückseite seines Puppenmonsters zu untersuchen. Diese aufgeschreckte Art hat die Frau aber nicht daran gehindert, wie ich weiß, an der Stockwerksrevolution maßgeblich beteiligt zu sein, ich habe ihren Namen identifizieren können. Andererseits muss ich sagen, dass ich keinerlei Beweise dafür habe, dass die Person, die ich mit dem Kind gesehen habe, überhaupt dessen Mutter und damit die Rädelsführerin war. Die Beobachtung eines solchen Ereignisses könnte aber durchaus der Höhepunkt eines Vormittags sein, wer weiß.
    Ich wäre mit Peter zu Jeremias gefahren, der Hochbahn gefolgt, deren graues Gestell an der Ausstiegsstelle von Graffitis überwuchert war. Wie schön, hätte Jeremias gesagt, als ich ihm in der Tür die Blumen überreicht hätte, während seine Frau noch irgendwo beschäftigt gewesen wäre, um einen freundlichen langweiligen unendlich friedvollen Einladungsabend zu eröffnen. Der Hintergarten, auf den die in sich geneigte Dachterrasse blicken ließ (eine Neigung, die nahelegt, dass der Kugelgrill davonrollen könnte), die sorgsam gehegte Vegetation der ganze Stolz von Jeremias und seiner Frau, einer Anwältin, die Grundstücksgrenze das Hochbahngestell, dessen Erschütterungen sich im Minutentakt auf das Haus übertrugen. Früher, hätte Jeremias’ Frau zum Abschied gesagt, hätte man sich in dieser Gegend kaum auf die Straße getraut. Peter hätte sein übliches

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