Die Königin von Theben
werde mich mit meinen Soldaten nach Edfu begeben und an Emhebs Seite kämpfen.«
»Ich bin zu alt und zu müde, um meine Heimatstadt zu verlassen«, sagte Teti die Kleine kategorisch. »Und zudem werde ich versuchen, mit den Besatzern zu verhandeln.«
»Ich werde meinen Mann nicht verlassen«, sagte Ahotep bestimmt.
»Du und Kamose, ihr seid die Zukunft. Mit einer Eskorte werdet ihr euch in der Wüste verstecken und …«
»Sterben wie Feiglinge, weit entfernt von denen, die wir lieben – niemals! Kehr zu unserem geheimen Stützpunkt zurück, Seqen, und bereite deine Soldaten darauf vor, als Krieger zu sterben. Ich antworte Emheb, dass wir zu ihm stoßen, sobald es notwendig wird.«
Tjarudjet hatte auf den begabtesten der kretischen Maler ein Auge geworfen. Der gut aussehende junge Mann stand der kleinen Künstlergruppe vor, die gezwungen worden war, Apophis' Palast auszumalen.
»Darf ich dir beim Arbeiten zuschauen, Minoer?«
»Das kann ich auf den Tod nicht ausstehen.«
Die große, schlanke Eurasierin ließ ihren Finger verführerisch über seine sinnlichen Lippen gleiten.
»Du weißt ganz genau, dass du dem König gehorchen musst und dass der König mein Bruder ist … Er schlägt mir nicht gern etwas ab, wird es aber zweifellos tun, wenn ich den Kopf eines kretischen Künstlers von ihm verlange.«
»Ohne mich wird dieser Palast bleiben, was er ist: ein abscheuliches Gefängnis.«
»Du denkst, du bist unersetzlich, Minoer?«
»Ich bin unersetzlich. Und sobald ich hier fertig bin, kehre ich mit meinen Kameraden nach Hause zurück.«
»Wie naiv du bist!«
Der Künstler wandte sich um und betrachtete die schöne Prinzessin mit der betörenden Stimme aufmerksam. »Warum sagst du das?«
»Weil du niemals nach Kreta zurückkehren wirst. Begreifst du nicht, dass du Eigentum des Königs geworden bist?«
Minos ließ seinen Pinsel los.
Tjarudjet fuhr ihm zärtlich mit der Hand durch das Haar und drückte einen Kuss auf seinen Hals. »Es ist nicht so schlimm, wenn du lernst, dich zu fügen. Ägypten ist ein angenehmes Land, und es liegt an dir, dass der Palast etwas ansehnlicher wird. Außerdem hast du gar nicht das Recht, schlechte Arbeit abzuliefern, denk daran.«
Minos bewegte sich nicht.
»Ich hoffe, du bist kein Knabenliebhaber«, fragte Tjarudjet beunruhigt, während sie den Schurz des Kreters aufknüpfte.
Beim Anblick der Wirkung ihrer Zärtlichkeiten fasste sie sich wieder.
Minos konnte nicht länger widerstehen. Hastig nahm er sie in seine Arme, und sie sanken auf die Steinplatten.
»Es gibt bequemere Orte, um sich kennen zu lernen«, flüsterte sie an seinem Ohr.
»Da du meine Liebesfähigkeit anzweifelst, will ich dir lieber sofort das Gegenteil beweisen.«
Die Zeremonie der Darbringung der Gaben seiner Vasallen hatte noch einmal die Allmacht des Königs und Pharaos Apophis bestärkt. Nachdem sie ihren Herrn mit den Reichtümern ihrer Länder in noch größerem Maß als im letzten Jahr beschenkt hatten, verbeugten sich die Abgesandten der unterworfenen Völker tief vor ihm.
Besonderes Aufsehen hatte der Gesandte Kretas erregt, der mit ausgesuchten Worten Apophis' Größe gerühmt hatte. Der Diplomat hatte hinzugefügt, seine Insel sei stolz darauf, dass ihre besten Künstler den Palast von Auaris ausschmückten, der von nun an als die Mitte der Welt gelten dürfe.
Admiral Jannas hatte in seiner Grußadresse von der militärischen Stärke der Hyksos gesprochen, sowohl an Land wie zu Wasser, und hatte jedem potenziellen Aufrührer damit klargemacht, dass ihn im Fall des geringsten Aufbegehrens der sichere Tod erwartete. Während Jannas' Rede hatte der König den Gesandten Nubiens beobachtet, dessen Gesicht ganz ruhig blieb.
Schließlich hatte der Großschatzmeister Khamudi wie jedes Jahr eine Erhöhung von Steuern und Abgaben angekündigt, unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Sicherheitskräfte weiterhin das Wohl ihrer Untertanen garantieren konnten. Jegliche Zahlungsverzögerung, jeder Betrugsversuch würde schwere Strafen nach sich ziehen. Wenn ein Vasall seinen Pflichten nicht nachkäme, würde es unverzüglich zu einem Einschreiten der Armee kommen.
Kein Diplomat hielt sich gern länger in Auaris auf. Die Allgegenwart der Ordnungskräfte und Wachtruppen schuf eine bedrückende Atmosphäre, und jeder wusste, dass der König jeden Einwohner verschwinden lassen konnte, wenn es ihm gefiel.
Am meisten erleichtert, die Hauptstadt endlich verlassen zu können, war der kretische
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