Die Königin von Zamba
umgekehrt.«
»Willst du damit sagen, dass, wenn ich dich töte, ich ebenfalls am selben Tag sterbe?« fragte der Mann mit angsterfüllter Stimme.
»So ist es. Wir sollten also besser voneinander ablassen.«
»Du hast recht, Meister Kavir. Lass mich los!«
Hasselborg entließ ihn aus seinem Klammergriff und raffte rasch seine Waffen wieder zusammen, falls die beiden doch noch einmal Ärger machen sollten. Seine Sorge war jedoch unbegründet: Sein Opfer rappelte sich mühselig auf und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Kinn.
»Du hast mir fast den Kiefer gebrochen mit deinem Blechding«, stöhnte er. »Lass es mich mal anschauen! Wirklich, ein sehr wirkungsvolles kleines Ding! Kannst du es sehen, Kaikovarr?«
»Ich kann es sehen«, sagte der andere Soldat. »Hätten wir gewusst, dass Ihr eine Brünne unter Eurem Mantel tragt, Meister Kavir, dann hätten wir unsere Kraft nicht an Euch erprobt. Es war nicht fair von Euch.«
»Aber so, wie es gekommen ist, ist es doch auch ganz gut, nicht wahr?« antwortete Hasselborg. »Sieht ganz so aus, als müssten wir Freunde sein, ob wir wollen oder nicht, wegen des Horoskops.«
Der mit dem Hasselborg gekämpft hatte, sagte: »Das muss ich zugeben, wie der Unha zu dem Yeki in der Fabel sagte.« Er steckte seine Waffen zurück in ihre Scheiden und ging mit noch etwas unsicheren Schritten zu seinem Knienden Shomal. »Wenn wir Euch mit Euren Sachen unbehelligt gehen lassen, werdet Ihr dann auch nichts von unserer kleinen Auseinandersetzung erwähnen?«
»Natürlich nicht. Und andersherum: Wenn ich höre, dass Ihr in einer Klemme seid, werde ich alles daransetzen müssen, Euch herauszuhelfen … übrigens, wie heißt Ihr überhaupt?«
»Garmsel bad-Manyao. Noch etwas: Es wurde berichtet, dass Ihr in der letzten Nacht in Asteratuns Wirtshaus Fragen gestellt habt. Eine waghalsige Tat in Rúz. Aber ich denke, mit dem Brief, den Ihr da bei Euch tragt, seid Ihr in Ordnung.« Er wandte sich seinem Kumpan zu. »Komm, lass uns von hier verschwinden! Die Sterne stehen schlecht für uns an diesem Ort.«
»Mögen die Götter Euch auf Eurem Weg beschützen!« rief Hasselborg fröhlich. Sie brummten etwas Unverständliches zurück und trabten davon.
Das habe ich mit Sicherheit diesem Qám zu verdanken, dachte Hasselborg, während er den beiden nachschaute, wie sie immer kleiner wurden und schließlich am Horizont verschwanden. Diese offenbar schon an Verfolgungswahn grenzende Phobie vor Spionen würde die Sache natürlich komplizieren. Wenn Fragen an sich schon gefährlich waren, dann konnte er natürlich nicht so mir nichts, dir nichts durch die Kneipen ziehen und die Leute an der Theke nach dem Verbleib Fallons und seines Liebchens fragen.
Er nahm wieder auf dem Felsblock Platz und verzehrte in Ruhe den Rest seines Mittagessens. Allmählich wich die Spannung wieder aus seinem Körper, und er begann, sich Gedanken über seine nächsten Schritte zu machen. Immer noch in Gedanken versunken, stieg er auf seinen Karren und fuhr weiter.
Wenige Stunden später näherte er sich Rosíd. Bereits von weitem kündigte sich die Stadt durch die außerhalb liegenden Ackerflächen und den dichter werdenden Verkehr an. Mit Interesse bestaunte Hasselborg die bemerkenswerte Vielfalt von Reit- und Zugtieren, mit denen Krishna aufzuwarten hatte. Die Kutschen und Wagen, die an ihm vorüberrumpelten, waren teilweise von geradezu phantastisch anmutender Konstruktion und Form.
Die Sonne senkte sich bereits zum Horizont, als eine Reihe von Galgen – komplett mit Leichen und sonstigem Zubehör – ihn nachdrücklich darauf hinwies, dass er soeben den Stadtrand passierte. Der Anblick erinnerte ihn an einen Vers:
Der ein’zge Baum, der in Schottland wächst
Ist der schöne Galgenbaum …
In der Ferne tauchte die Sonne die zwiebelförmigen Kuppeln des Stadtzentrums in orangerotes Licht.
Wenig später gewahrte Hasselborg erneut ein Haus mit einem Tierschädel über der Tür. Kurzentschlossen parkte er sein Gespann und trat ein.
Diesmal erwies sich der Wirt als schweigsamer Bursche, der keine Anstrengungen unternahm, Hasselborg den übrigen Gästen vorzustellen. Letztere standen in kleinen Grüppchen zusammen und unterhielten sich äußerst gedämpft, was Hasselborg sogleich auf die Vermutung brachte, dass er auf eine Schenke gestoßen war, die von eher fragwürdigen Charakteren frequentiert wurde. Der stämmige Bursche in der Ecke mit der Hornbrille zum Beispiel konnte ebenso gut ein
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