Die Königin von Zamba
Tigers, doch ähnelte es eher einem überdimensionalen Nerz. Die Körpermitte wurde von einem zusätzlichen Beinpaar gestützt.
Sekundenlang stand das Tier reglos da, knurrte leise und beobachtete Hasselborg, so als wisse es nicht so recht, ob es den toten Aya wegschleppen oder die andere Beute auch noch niederstrecken sollte. Dann glitt es auf Hasselborg zu.
Der Detektiv unterdrückte den Impuls, sich umzudrehen und wegzurennen, denn ihm war klar, dass er das Tier auf diese Weise in wenigen Augenblicken im Nacken hätte. So sehnlich wie nie zuvor wünschte er sich ein Gewehr. Doch da das Wünschen ihm auch keins herbeizauberte, packte er seine Lanze mit beiden Händen und trat dem Raubtier entgegen.
»Hau ab!« brüllte er aus Leibeskräften.
Der Yeki machte einen weiteren Schritt auf ihn zu und stieß ein tiefes Knurren aus. Hasselborg hob, immer noch brüllend, die Spitze der Lanze und zielte auf das Gesicht des Tiers. In dem Moment, als er zustechen wollte, erhob der Yeki sich auf seinen vier Hinterbeinen und hieb mit den Vorderpfoten nach der Lanzenspitze. Sofort nutzte Hasselborg die Gelegenheit, ihm mit einem blitzschnellen Stoß in die Pranke zu stechen. Unter wütendem Gebrüll wich der Yeki einen Schritt zurück.
Hasselborg setzte sofort nach, die Lanze stoßbereit erhoben. Wie lange würde er sich das Biest noch vom Halse halten können? Die Chance, es ohne fremde Hilfe zu töten, war äußerst gering …
Plötzlich hörte er, wie das Geheul der Eshuna wieder näher kam. Die Jagdpartie schien direkt hinter der nächsten Anhöhe vorbeizusprengen. Aus Leibeskräften brüllte er:
»He! Ich hab ihn!«
Das war äußerst übertrieben; außerdem schien ihn sowieso keiner gehört zu haben.
»Hierher!« brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Hussa, hallo, halali und was es sonst noch alles so gibt!«
Gleich darauf tauchte einer der Jäger auf dem Kamm der Anhöhe auf, und in Null Komma nichts kam die ganze Riege im gestreckten Galopp auf ihn zugeflogen. Der Yeki erkannte sofort die Gefahr und versuchte, sich davonzustehlen. Doch schon hatten die Eshuna ihn umzingelt und umkreisten ihn wild heulend, ohne ihm jedoch zu nahe zu kommen. Der Yeki brüllte und schäumte und drehte sich im Kreis. Ein paar Mal versuchte er, aus dem Ring auszubrechen, doch angesichts der eindeutigen Übermacht zog er es vor, mit eingekniffenem Schwanz wieder zurückzuweichen.
Dann entfalteten die Diener das Netz, und vier von ihnen befestigten es mit den Ecken an vier Pfählen und hoben es hoch wie einen Baldachin. Dann rannten sie vor und warfen das Netz über den Yeki. Binnen weniger Sekunden hatten sie ihn eingewickelt. Das riesige Raubtier brüllte in ohnmächtiger Wut und zerrte mit den Krallen wie wild an den Maschen, aber es half nichts; es zappelte hilflos im Netz.
»Gut gemacht!« brüllte der Dasht und hieb Hasselborg mit solcher Wucht auf die Schulter, als wollte er ihn in den Erdboden stampfen. »Jetzt kommen wir doch noch zu unserem Spiel. Euer Aya ist tot? Hier, nehmt meinen. Ao, du da!« brüllte er einem der Diener zu. »Gibt Meister Kavir deinen Aya! Ihr, Kavir, behaltet das Tier mit meinen besten Empfehlungen als kleine Auszeichnung für Euer mannhaftes Verhalten.«
Hasselborg war zu sehr mit seinen Schrammen und Prellungen beschäftigt, als dass er noch die Energie hätte aufbringen können, sich Gedanken darüber zu machen, wie der Diener wohl ohne sein Reittier nach Rosíd zurückkommen sollte. Er barg seinen Sattel, bestieg seinen neuen Aya und ritt mit den anderen zurück nach Hause. Ihre Komplimente quittierte er lediglich mit einem freundlichen Lächeln – nach Reden war ihm erst einmal nicht zumute. Als sie wieder auf den Weg einbogen, passierten sie einen großen Bishtarkarren, auf dessen Bock ein paar von Jáms Livrierten saßen; offensichtlich brachten sie den gefangenen Yeki zum Palast.
Der Dasht lenkte seinen Aya neben ihn. »Wir haben heute Abend kein kleines Souper, ganz intim, in der dritten Stunde nach Sonnenuntergang. Wie gesagt, im kleinen Kreis, bloß ein paar enge Freunde – zum Beispiel Namaksari, die Schauspielerin, und Chinishk, der Astrologe. Habt Ihr Lust, ebenfalls zu kommen? Wir könnten uns dann über das Porträt unterhalten. Wie gesagt, Ihr seid herzlich eingeladen.« »Ich danke Eurer Hoheit«, antwortete Hasselborg.
In Rosíd angekommen, machte er einen kleinen Schaufensterbummel. Obwohl er sich völlig darüber im klaren war, dass es idiotisch war, sich mit
Weitere Kostenlose Bücher