Die Königliche (German Edition)
stur.
Sie erinnerte sich an eine raue Stelle an einer der Kacheln der Wanne, an der sie sich gelegentlich den Arm aufgekratzt hatte. Sie erinnerte sich daran, sie Ashen gezeigt zu haben. Als sie jetzt zur Wanne ging, entdeckte sie die spitze kleine Unebenheit sofort. »Da«, sagte sie und befühlte die Stelle mit einem wilden Triumphgefühl.
Während der Minuten in Heldas Räumen hatte sich Bitterblue an das Gefühl einer anderen Zeit erinnert und war neugierig auf ein weiteres fehlendes Teil geworden, das vielleicht einige ihrer Fragen beantworten konnte. Sie wollte sich endlich die Räume ansehen, die früher Leck gehört hatten.
Das Pferd auf dem Wandbehang im Wohnzimmer, der Lecks Tür verdeckte, starrte Bitterblue mit traurigen grünen Augen an. Die Mähne, die ihm in die Augen hing, hatte, verglichen mit dem kräftigen Dunkelblau seines Fells, einen eher violetten Farbton, der sie an Saf denken ließ. Helda half ihr, den Wandbehang zur Seite zu schieben.
Die Untersuchung der Tür dahinter dauerte nicht lange. Sie bestand aus massivem, unbeweglichem Holz, saß fest in ihrem Rahmen und schien abgeschlossen zu sein. Es gab ein Schlüsselloch und Bitterblue erinnerte sich, dass Leck einen Schlüssel benutzt hatte. »Kennen wir jemanden, der Schlösser knacken kann?«, fragte sie. »Ich habe Saf zwar nie dabei beobachtet, aber ihm würde ich es durchaus zutrauen. Oder vielleicht könnte Bo den Schlüssel für uns finden?«
»Königin«, sagte da eine Stimme hinter ihnen, woraufhin Bitterblue zusammenfuhr. Sie drehte sich um und sah Fox im Türrahmen stehen.
»Ich habe gar nicht gehört, wie die Türen aufgegangen sind«, sagte Bitterblue.
»Verzeihung, Königin«, entgegnete Fox und betrat das Zimmer. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Wenn es Ihnen von Nutzen ist, ich habe Dietriche, mit denen ich umzugehen gelernt habe. Ich dachte, es wäre eine praktische Fähigkeit für eine Spionin«, sagte sie zu ihrer Verteidigung, als Helda sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. »Es war Orniks Idee.«
»Du scheinst dich mit dem hübschen jungen Schmied angefreundet zu haben«, sagte Helda gelassen. »Aber vergiss nicht, Fox, dass er zwar ein Ratsmitglied ist und uns in der Angelegenheit mit der Krone geholfen hat, aber trotzdem kein Spion ist. Er hat kein Recht auf deine Informationen.«
»Natürlich nicht, Helda.« Fox klang leicht beleidigt.
»Also«, sagte Bitterblue, »hast du die Dietriche dabei?«
Fox zog eine Schnur aus der Tasche, an der eine Sammlung aus Feilen, Dietrichen und Haken hing, die zusammengebunden waren, damit sie nicht klapperten. Als Fox das Band löste, sah Bitterblue, dass das Metall stellenweise zerkratzt und rau war und der Rost abgescheuert war.
Fox hantierte auf Knien mehrere Minuten vorsichtig an dem Schloss herum, das Ohr an die Tür gelegt. Schließlich ertönte ein lautes Klicken. »Das war’s«, sagte sie, stand auf, umfasste den Griff und drückte. Die Tür rührte sich nicht. Dann versuchte sie es mit Ziehen.
»Ich erinnere mich, dass sie nach innen aufging«, sagte Bitterblue. »Und ich habe nie gesehen, dass Leck Schwierigkeiten damit hatte.«
»Dann wird sie von irgendetwas blockiert, Königin«, sagte Fox und stemmte sich mit der Schulter gegen das Holz. »Ich bin mir ziemlich sicher, sie aufgeschlossen zu haben.«
»Ah«, sagte Helda. »Sehen Sie.« Sie zeigte auf eine Stelle mitten auf der Tür, wo die scharfe Spitze eines Nagels aus der Holzoberfläche ragte. »Vielleicht ist sie von innen vernagelt, Königin.«
»Vernagelt und abgeschlossen«, sagte Bitterblue seufzend. »Ist eine von euch gut mit Labyrinthen?«
Als Fox und Bitterblue die Treppe hinunterstiegen, über die Bitterblue schon einmal in Lecks Labyrinth gelangt war, erklärte Fox ihr ihre Theorie über Labyrinthe: Sobald man es betreten hatte, sollte man eine Hand wählen, die linke oder die rechte, sie an die Wand legen und mit der Hand an der Wand durch das ganze Labyrinth gehen. Irgendwann würde man so ins Zentrum des Labyrinths gelangen.
»So hat der Wachmann es letztes Mal mit mir auch gemacht«, sagte Bitterblue. »Aber es funktioniert nicht, wenn wir zufällig an einer Wand anfangen, die eine Insel ist, ohne Verbindung zum Rest des Labyrinths«, fügte sie hinzu, während sie darüber nachdachte. »Wir legen unsere Hände rechts an die Wand. Wenn wir wieder dort rauskommen, wo wir losgegangen sind, wissen wir, es ist eine Insel. Dann biegen wir bei nächster Gelegenheit links ab und legen
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