Die Königliche (German Edition)
Vaters gearbeitet hatten. Wenn einer von ihnen verschwand und ihr das niemand sagte, würde sie es wahrscheinlich gar nicht bemerken. Und wenn man es ihr sagte, wie würde sie sich fühlen?
Und es war keine Erleichterung, was sie auf ihren Gesichtern sah. Es war eine Leere, als sähen sie sie gar nicht, als bestünde ihr Leben nur aus Schreibarbeit, mit der sie alle gerne weitermachen wollten.
Es war noch niemand in der Bibliotheksnische außer der Frau auf dem Wandbehang und der jungen, sich in eine Burg verwandelnden Version ihrer selbst.
Es hatte etwas Ironisches, in ihrem Zustand vor der Skulptur zu stehen. Der rechte Arm des Mädchens verwandelte sich in einen Turm aus Stein mit Soldaten, wurde stärker, sein eigener Schutz. Bitterblues wirklicher Arm lag in einer Schlinge fest an ihrer Seite. Wie ein Spiegelbild in einem deprimierenden Zerrspiegel , dachte sie.
Sie hörte Schritte. Dann tauchte Holt zwischen den Bücherregalen auf, eine Hand um Teddys Arm geschlungen, die andere um Safs. Teddy drehte sich immer wieder im Kreis und wenn er das Ende seines Radius erreicht hatte, wirbelte er mit Augen so groß wie Untertassen zurück. »Sprachatlas des östlichen und fernöstlichen Estill!« , rief er und streckte die Hand nach dem Titel aus, dann grunzte er, als Holt ihn weiterzog.
»Nicht so grob, Holt«, sagte Bitterblue besorgt. »Teddy hat es nicht verdient. Und ich nehme an, dass es Saf zu sehr gefällt«, fügte sie hinzu, als sie Safs berechtigte Entrüstung bemerkte, während er versuchte, Holt abzuschütteln. Saf hatte frische Blutergüsse, mit denen er wie ein Rowdy aussah.
»Ich bin in Rufweite, Königin, falls Sie mich brauchen sollten«, sagte Holt. Mit einem letzten silbernen, funkelnden Blick auf Saf marschierte er davon.
»Seid ihr gut hergekommen, Teddy?«, fragte Bitterblue. »Ihr musstet doch nicht laufen?«
»Nein, Königin«, antwortete Teddy. »Wir wurden von einem wunderbaren Wagen abgeholt. Und Sie, Königin? Geht es Ihnen gut?«
»Ja, natürlich.« Bitterblue ging zum Tisch und zog mit einer Hand einen Stuhl für ihn hervor. »Setz dich.«
Teddy setzte sich vorsichtig und strich dann über das Leder des Manuskripts vor ihm auf dem Tisch. Er bekam große Augen, als er das Etikett las. Und sein Blick wurde immer erstaunter, je mehr Etiketten er las.
»Du kannst so viele davon mitnehmen, wie du willst, Teddy«, sagte Bitterblue. »Ich hatte gehofft, dich mit dem Druck beauftragen zu können. Wenn du Freunde mit weiteren Druckerpressen hast, würde ich die auch gerne beauftragen.«
»Danke, Königin«, flüsterte Teddy. »Ich nehme Ihr Angebot mit Freuden an.«
Bitterblue wagte einen Blick in Safs Richtung, der die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und sich große Mühe gab, gelangweilt auszusehen. »Ich weiß, dass ich dir Dank schulde«, sagte sie zu ihm.
»Ich kämpfe gern«, entgegnete er kurz angebunden. »Sind wir aus einem bestimmten Grund hier?«
»Ich habe euch Neuigkeiten über meinen Ratgeber Runnemood mitzuteilen.«
»Die kennen wir schon«, sagte Saf.
»Woher?«
»Wenn die Monsea-Wache, die königliche Wache und die Lienid-Torwache die Stadt nach einem Ratgeber der Königin durchkämmen, der versucht hat, sie zu töten, bekommt man das normalerweise mit«, sagte Saf abweisend.
»Ihr wisst immer mehr, als ich denke.«
»Sei nicht so herablassend«, fuhr Saf sie an.
»Ich würde lieber reden«, sagte sie mit fester Stimme, »als zu streiten. Weil ihr normalerweise so viel wisst, frage ich mich, was ihr mir sonst noch über Runnemood erzählen könntet. Für wie viele Verbrechen er verantwortlich ist, warum um alles in der Welt er sie begeht, und wo er ist. Ich habe erfahren, dass er derjenige war, der dich angeschwärzt hat, Saf. Was kannst du mir noch sagen? Steckte er auch hinter der Messerattacke auf dich, Teddy?«
»Ich habe keine Ahnung, Königin«, sagte Teddy. »Weder davon noch von all den übrigen Morden. Aber es ist schwer zu glauben, dass ein einzelner Mann hinter alldem steckt, oder? Wir sprechen hier von Dutzenden Todesfällen in den letzten paar Jahren, und zwar alle möglichen Opfer. Nicht nur Diebe oder andere Kriminelle wie wir; sondern auch Leute, deren einziges Verbrechen es ist, anderen das Lesen beizubringen.«
»Anderen das Lesen beizubringen«, sagte Bitterblue verzweifelt. »Im Ernst? Dann habt ihr dieses Lesebuch also wirklich vor mir versteckt. Es ist wahrscheinlich gefährlich für euch, es zu drucken, oder? Aber das
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