Die Königliche (German Edition)
Leck sie erwählt hat, wer hat da seine Einwilligung in die Ehe erteilt?«
Bo überlegte. »Mein Vater war König. Also wird er es wohl gewesen sein, auf Ashens Bitte hin.«
»Ich glaube, Ror weiß, wie es sich anfühlt, Verrat an jemandem begangen zu haben, den man liebt, Bo.«
»Aber es war doch nicht sein Fehler. Leck kam an seinen Hof und hat dort alle manipuliert.«
»Glaubst du, das tröstet Ror?«, fragte sie leise. »Er war ihr König und ihr großer Bruder. Er hat sie zu ihrem Folterknecht geschickt.«
»Ich nehme an, du versuchst mich zu trösten«, sagte Bo mit hängenden Schultern. »Aber ich muss immer denken, dass Ror mich bei diesem Besuch Leck hätte vorstellen können, wenn er gewusst hätte, dass ich Gedanken lesen kann, um den potenziellen Ehemann seiner Schwester unter die Lupe zu nehmen. Und vielleicht hätte ich die ganze Sache verhindern können.«
»Wie alt warst du damals?«
Bo rechnete nach. »Vier«, sagte er, offensichtlich überrascht von der Antwort.
»Bo«, sagte sie, »was, glaubst du, hätte Leck mit einem Vierjährigen gemacht, der sein Geheimnis kennt und versucht, auch andere davon zu überzeugen?«
Bo antwortete nicht.
»Es war doch deine Mutter, die dich angewiesen hat, hinsichtlich deiner Gabe zu lügen, oder?«
»Und mein Großvater«, sagte Bo. »Zu meiner eigenen Sicherheit. Sie fürchteten, dass mein Vater mich benutzen würde.«
»Sie hatten Recht«, sagte Bitterblue. »Wenn sie es nicht getan hätten, wärst du jetzt tot. Wenn Ror über all das nachdenkt, wird er erkennen, dass alle das getan haben, was ihnen in jenem Moment als das Beste erschien. Er wird dir verzeihen.«
Es gab bestimmte Dinge, die Bitterblue ihrer Meinung nach im Schreibzimmer nicht länger verschweigen musste. Rood und Darby wussten vielleicht nicht, wie und wo sie sich mit Teddy und Saf angefreundet hatte, aber die Tatsache, dass sie in deren Informationen eingeweiht war, war kein Geheimnis mehr.
»Ich habe gehört, dass Runnemood die städtischen Schulen zu Grunde gerichtet hat«, sagte sie zu Rood und Darby. »Kaum jemandem wird etwas über Geschichte oder das Lesen beigebracht, was eine Riesenschande ist und ein Problem, das wir sofort angehen werden. Was schlagen Sie vor?«
»Verzeihung, Königin«, entgegnete Darby, der schwitzte und dessen Gesicht ganz feucht war. Er zitterte beim Sprechen. »Mir ist furchtbar übel.« Er wandte sich um und lief zur Tür hinaus.
»Was ist los mit ihm?«, fragte Bitterblue spitz, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
»Er versucht nicht zu trinken, Königin, jetzt, wo Thiels Abwesenheit unsere Anwesenheit notwendig macht«, sagte Rood mit ruhiger Stimme. »Die Übelkeit wird nachlassen, sobald er es geschafft hat.«
Bitterblue musterte Rood. Die Ränder seiner Ärmel hatten Tintenflecken und sein weißes Haar, das sorgfältig über seinen kahlen Oberkopf gekämmt war, war leicht verrutscht. Sein Blick war ruhig und traurig. »Ich frage mich, warum ich bisher nicht enger mit Ihnen zusammengearbeitet habe, Rood«, sagte sie. »Ich habe das Gefühl, Sie verstellen sich weniger als die anderen.«
»In Zukunft, Königin«, sagte Rood mit einem kurzen Zögern, das sie als bescheidene Verlegenheit interpretierte, »können wir vielleicht beim Thema Schulen eng zusammenarbeiten. Wie wäre es, wenn wir ein neues Ministerium schaffen, das sich nur der Bildung widmet? Ich könnte Ihnen geeignete Ministerkandidaten vorstellen.«
»Nun«, entgegnete Bitterblue, »es wäre bestimmt sinnvoll, ein Team dafür zusammenzustellen, obwohl wir da jetzt vielleicht schon vorgreifen.« Sie warf einen Blick auf die Standuhr an der Wand. »Wo ist eigentlich Hauptmann Smit?«, fügte sie hinzu, da Smit versprochen hatte, ihr jeden Morgen persönlich Bericht zu erstatten, wie die Suche nach Runnemood voranging. Der Morgen war fast verstrichen.
»Soll ich ihn holen gehen, Königin?«
»Nein. Lassen Sie uns das weiter besprechen. Würden Sie mir bitte als Erstes erklären, wie die Schulen im Moment organisiert sind?«
Es war ein bisschen merkwürdig, so konzentriert Zeit mit jemandem zu verbringen, der ihr immer dann, wenn sie es am wenigsten erwartete, Runnemood so deutlich ins Gedächtnis rief. Roods bescheidener Charakter hätte sich nicht von Runnemoods unterscheiden können, aber der Klang seiner Stimme war ähnlich, vor allem dann, wenn er von einer Sache überzeugt war. Und auch sein Gesicht ähnelte aus bestimmten Blickwinkeln dem Runnemoods. Dann und wann warf
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