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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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der hier und da Wörter unleserlich gemacht waren und auf der noch keine Brücken eingezeichnet waren. Die vierte war schließlich ein moderner Stadtplan, auf der die Brücken zu sehen waren. Ja, es war sogar ziemlich eindeutig ein aktueller Plan, denn er war mit »Bitterblue City« beschriftet und nicht mit »Leck City« oder dem Namen irgendeines anderen ehemaligen Königs.
    Bitterblue verschob die Papierstapel auf ihrem Schreibtisch so, dass sie die vier Ecken des Stadtplans festklemmten, auf hämische Weise erfreut, ihnen einen Nutzen abzugewinnen, ohne sie lesen zu müssen. Dann machte sie sich daran, den Plan zu studieren, fest entschlossen, sich beim nächsten Mal, wenn sie sich hinausschlich, besser orientieren zu können.
    Die sind wirklich alle merkwürdig , dachte sie nach einer weiteren Begegnung mit Richter Quall später bei sich. Sie war im Vorraum vor den unteren Schreibzimmern auf ihn gestoßen, wo er abwechselnd auf dem einen und dann dem anderen Bein stand und böse vor sich hin starrte. »Oberschenkelknochen«, hatte er gemurmelt, ohne sie zu bemerken. »Wirbelknochen. Schlüsselbeine.«
    »Für jemanden, der nicht gerne über Knochen redet«, hatte Bitterblue ohne Umschweife gesagt, »bringen Sie sie ziemlich oft zur Sprache, Quall.«
    Er musterte sie mit leerem Blick, der dann scharf wurde und einen Moment verwirrt wirkte. »Allerdings, das stimmt, Königin«, hatte er gesagt und offensichtlich versucht, sich zusammenzunehmen. »Verzeihung. Manchmal versinke ich in Gedanken und verliere das Zeitgefühl.«
    Später beim Abendessen in ihrem Wohnzimmer hatte Bitterblue Helda gefragt: »Sind dir irgendwelche seltsamen Verhaltensweisen bei Hof aufgefallen?«
    »Seltsame Verhaltensweisen, Königin?«
    »Heute zum Beispiel hat Holt Thiel und Todd hochgehoben und auf den Schultern aus meinem Schreibzimmer getragen, weil sie mich geärgert haben«, sagte Bitterblue. »Ist das nicht ein bisschen merkwürdig?«
    »Sehr merkwürdig«, bestätigte Helda. »Das sollte er mal mit mir versuchen. Wir haben ein paar neue Kleider für Sie, Königin. Möchten Sie sie heute Abend anprobieren?«
    Bitterblue machte sich nichts aus Kleidern, aber sie war immer mit einer Anprobe einverstanden, weil es sie beruhigte, wenn Helda um sie herumwuselte – Heldas sanfte, kurze Berührungen und ihr Gemurmel durch einen Mund voller Stecknadeln hindurch; ihre gewissenhaften Blicke und Hände, die Bitterblues Körper abschätzten und die richtigen Entscheidungen trafen. Fox half heute Abend auch mit, hielt Stoff zur Seite oder strich ihn nach Heldas Anweisungen glatt. Es erdete Bitterblue, berührt zu werden. »Mir gefallen Fox’ Röcke, die sich zu zwei Hosenbeinen teilen«, sagte Bitterblue zu Helda. »Könnte ich das auch mal probieren?«
    Später, nachdem Fox gegangen war und Helda sich zum Schlafen zurückgezogen hatte, klaubte Bitterblue ihre Hose und Fox’ Kapuzenumhang vom Fußboden des Ankleidezimmers auf. Sie trug tagsüber ein Messer im Stiefel und schlief nachts mit je einem Messer in einer Scheide an jedem Arm. Das hatte Katsa ihr beigebracht. In dieser Nacht schnallte sich Bitterblue zum Schutz gegen alles Unvorhersehbare alle drei Messer um.
    Kurz bevor sie ging, kramte sie in Ashens Truhe, in der sie nicht nur Ashens Schmuck, sondern auch ihren eigenen aufbewahrte. Sie besaß so viel nutzlosen Kram – hübschen Kram wahrscheinlich, aber es lag ihr einfach nicht, Schmuck zu tragen. Als sie einen schlichten goldenen Halsreif fand, den ihr Onkel aus Lienid ihr geschickt hatte, schob sie ihn in ihr Hemd unter dem Umhang. Bei den Brücken gab es Leihhäuser. Sie waren ihr gestern Abend aufgefallen und zwei davon hatten noch offen gehabt.
    »Ich arbeite nur mit Leuten, die ich kenne«, sagte der Mann in dem ersten Leihhaus.
    Im zweiten Leihhaus sagte die Frau hinter der Theke genau dasselbe. Doch schon in der Tür zog Bitterblue den Halsreif heraus und zeigte ihn ihr. »Hm«, sagte die Frau, »lass mal sehen.«
    Eine halbe Minute später hatte Bitterblue den Halsreif gegen einen Riesenhaufen Münzen und ein kurzes »Sag mir bloß nicht, wo du den herhast, Junge« eingetauscht. Es waren so viel mehr Münzen, als Bitterblue erwartet hatte, dass ihre Taschen auf der Straße durchhingen und klimperten, bis sie auf die Idee kam, einen Teil des Geldes in ihre Stiefel zu stopfen. Das war zwar nicht bequem, aber deutlich weniger verdächtig.
    Sie wurde Zeugin eines Straßenkampfs, den sie nicht durchschaute – grässlich,

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