Die Königsmacherin
auf meine Kosten errichteten neuen Versammlungshalle besprochen wird.«
Voller Unbehagen blickte Karlmann an der Klosterstifterin vorbei.
»Das müssen die Bischöfe entscheiden«, murmelte er.
»Nein, Ihr und Bonifatius habt dieses Treffen einberufen, also gilt Euer Wort«, widersprach sie ihm.
Karlmann schlug vor, sie solle gemeinsam mit ihm nach Prüm reiten, wo man sicher einen Weg finden werde, ihr über alles sofort Nachricht zukommen zu lassen.
»Euren Mägden wird man allerdings auch nicht zum Säubern der Versammlungshalle Eintritt gewähren«, erklärte er mit einem Seitenblick. »Abt Gregorius hat verfügt, kein weibliches Wesen dürfe während der Dauer der Synode das Klostergelände betreten.«
»Abt Gregorius! Ha!« rief Frau Berta empört.
»Ich habe noch eine andere Nachricht, die Euch aber bestimmt erfreuen wird«, lenkte Karlmann ab und verkündete: »Das Frankenreich hat wieder einen König.«
Das verschlug Frau Berta die Sprache. Verblüfft starrte sie den Hausmeier an.
»Er heißt Childerich«, fuhr Karlmann fort, froh, das Gespräch von der Synode abgebracht zu haben. »Childerich der Dritte«, fügte er hinzu.
Mißtrauen spiegelte sich in Frau Bertas Gesicht, als sie fragte: »Und wer hat den Monarchen auf den Thron gesetzt?«
»Ich, natürlich, und mein Bruder«, erwiderte Karlmann. »Der Erzbischof hatte uns angeraten, einen Merowingerprinzen aus dem Kloster zu holen und zu krönen. Das haben wir getan. Wir sind also jetzt die Hausmeier eines Königs. Wer könnte da noch unsere rechtmäßige Stellung anzweifeln?«
Frau Berta hatte die Fassung wiedergewonnen.
»Ich verstehe«, sagte sie langsam. »Der außerhalb der Ehe geborene Vater hatte es nicht nötig, nach dem Tod Theuderichs einen weiteren Schattenkönig zu bestellen. Seine Söhne aber bedürfen einer langhaarigen Puppe, die das Wort Macht wahrscheinlich nicht einmal buchstabieren kann.«
»Das kann sie zu unserem Glück in der Tat nicht«, gab Karlmann lächelnd zu, »aber als Zeichen der Königswürde gelten nun mal lange Haare. Und die haben Pippin und ich nicht. Wir werden uns auch keine wachsen lassen, weil sie uns bei den noch anstehenden Kämpfen die Sicht behindern könnten. Der König muß jedenfalls nicht in die Schlacht reiten, sondern kann sein Leben vollauf genießen und braucht nur gelegentlich ein paar Urkunden zu unterzeichnen.«
»Wann war die Krönung?« fragte Frau Berta.
»Schon vor einigen Wochen. Ihr habt wohl noch nichts davon vernommen, weil sie ziemlich einfach war. Dem Volk wird es gleich sein, ob der Thron besetzt ist oder nicht, aber seine Führer wissen jetzt, daß sie sich lieber nicht mit den beiden Hausmeiern von Childerich III. anlegen sollten.« Er seufzte. »Wir haben wahrlich noch genug Kriege zu führen.«
Zu Bertradas Freude quartierte sich der Erzbischof für die Dauer der Synode in Frau Bertas Prümer Gutshaus ein und überließ den fremden Bischöfen das Haus des Abts und die näher an der Abtei gelegenen Unterkünfte. Es war eine salomonische Entscheidung, denn so konnte die Klosterstifterin und Erbauerin der stattlichen Versammlungshalle vom neuen offiziellen päpstlichen Legaten direkt über alle Beschlüsse auf dem Concilium Germanicum in Kenntnis gesetzt werden. Sie erlaubte Bertrada, bei den spätabendlichen Gesprächen zugegen zu sein, verbot ihr aber, das Wort zu ergreifen.
»Es sei denn, der Erzbischof redet dich an.«
Dieser hatte sich an seinem vorletzten Abend schon zum Schlafengehen erhoben und das römische Pallium, die weiße Schulterbinde mit den sechs schwarzen Kreuzen, zurechtgerückt, als er sich unvermittelt an Bertrada wandte und fragte: »Was hältst du von unseren Beschlüssen, Flora?«
Bertrada war hastig aufgestanden.
»Ich finde es richtig, daß Mönche künftig keine Schwerter tragen dürfen«, erwiderte sie unsicher.
»Noch richtiger ist, daß ihnen die Unzucht verboten wird«, mischte sich Frau Berta ein. »Hat Abt Gregorius wirklich begriffen, daß sich das auch auf Knaben bezieht?«
Bonifatius tat, als hätte er die Bemerkung nicht vernommen, und fuhr fort: »Eigentlich ist es bedauerlich, daß es erst zu einem Konzil kommen mußte, um alle Mönche dazu anhalten zu können, ihre Casula zu tragen, sowie Wodansritte und andere heidnische Bräuche wie Tieropfer, die Anbetung von Steinen und Bäumen, die Anfertigung verbotener Knüpfereien und das Trinken von Chrisma zu bekämpfen. Sie sollen sich jetzt auch verstärkt darum kümmern, daß
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